Das geheime Fenster
(Secret Window)
USA 2004, 96 Minuten
Regie: David Koepp

Drehbuch: David Koepp, nach einem Roman von Stephen King „Secret Window, Secret Garden“
Musik: Philip Glass, Geoff Zanelli
Director of Photography: Fred Murphy
Montage: Jill Savitt
Produktionsdesign: Howard Cummings

Darsteller: Johnny Depp (Mort Rainey), John Turturro (John Shooter), Maria Bello (Amy Rainey), Timothy Hutton (Ted), Charles Dutton (Ken Karsch), Len Cariou (Sheriff Dave Newsome), Joan Heney (Mrs. Garvey), John Dunn-Hill (Tom Greenleaf)

Wer durch das eigene Fenster schaut ...

Klares Wasser. Ein See. Nebel. Es duftet förmlich nach Erde, nach Frische. Die Kamera fährt weiter, zu einer Holzhütte, durch ein Fenster. Der Blick fällt auf ein Laptop. Dort steht ein einziger Satz. Wir schauen in einen Spiegel und sehen auf eine Couch. Dort liegt ein Mann, schläft. Ein Schriftsteller, der mehr schläft, als dass er schreibt. Den einzigen Satz löscht er auch noch. Mort Rainey (Johnny Depp) ist ein bekannter Kriminalschriftsteller, der sich in diese Einsamkeit zurückgezogen hat. Vor einem halben Jahr hat sich seine Frau Amy (Maria Bello) von ihm getrennt; die Scheidungspapiere sind noch nicht unterschrieben, weil Mort sich dem entziehen will. Amy lebt mit einem anderen Mann zusammen, mit Ted (Timothy Hutton), im Haus, in dem einst Mort mit ihr lebte.

Mort, mit zerzausten Haaren, verbringt den Tag mit Schlafen oder führt Selbstgespräche. Oder er redet mit seinem Hund. Mort hat sich eingenistet, abgekapselt, offenbar um die Trennung von Amy zu überwinden.

Verschlafen öffnet er die Tür, als es eines Tages klopft. Ein schlanker, großer Mann, einen schwarzem Hut mit breiter Krempe auf dem Kopf, steht vor dem Haus und kommt gleich zur Sache. Mort habe sein Manuskript gestohlen, das er, John Shooter (John Turturro) aus irgendeinem Kaff in Mississippi, 1997 verfasst habe. Mort behauptet, er habe bereits 1994 in einer Zeitschrift einen Teil des Romans vorab drucken lassen. Shooter will das sehen. Shooter glaubt das nicht. Shooter will zudem, dass Mort das Ende der Geschichte, die von einem Eifersuchtsdrama mit Mord handelt, abändert – so wie in seinem Manuskript. Kurze Zeit nach dieser ersten Begegnung mit Shooter ist Morts Hund tot, erstochen mit einem Schraubenzieher. Shooter scheint es ernst zu meinen. Mort sucht Hilfe bei einem Ex-Polizisten, dem Privatdetektiv Ken Karsch (Charles Dutton), der nach Shooter fahnden soll. Und Mort fährt zum Haus seiner Frau, um die Zeitschrift von 1994 zu finden. Amy und Ted allerdings sind gerade dabei wegzufahren. Einen Tag später ist das Haus abgebrannt. Geht Shooter so weit? Und der einzige Zeuge, der Shooter außer Mort je gesehen hat, sowie ein weiterer Mann werden ermordet. Shooter scheint es nicht nur ernst zu meinen. Er ist ganz offensichtlich ein Psychopath ...

David Koepp, der u.a. das Drehbuch zu „Panic Room“ (2002, Regie: David Fincher) schrieb, inszenierte mit „Secret Window“ weniger einen Horrorfilm als einen psychologischen Thriller. Wer von Anfang an mehr als nur gut aufpasst, findet die Hinweise zur Auflösung des Rätsels um den mysteriösen Mann aus Mississippi, bevor in der letzten Viertelstunde der Showdown Aufschluss gibt. Jedenfalls gibt es folgende Hinweise, die beachtenswert sind: Amy hat ein starkes Interesse daran, dass Mort endlich die Scheidungspapiere unterschreibt, um das Haus, das Mort für beide gekauft hat, zu bekommen. Ted unterstützt sie dabei natürlich. Haben beide Shooter beauftragt, Mort unter Druck zu setzen, in Panik zu versetzen, um die Sache zu beschleunigen? Andererseits könnte Shooter auch im eigenen Interesse handeln. Denn Mort hatte schon einmal Ärger wegen eines Plagiatvorwurfs. Shooter selbst scheint nicht nur ein Psychopath, sondern auch sehr intelligent zu sein. Er erscheint immer „im richtigen Moment“, aber kein anderer bekommt ihn zu Gesicht. Der an Arthritis leidende Sheriff (Len Cariou) nimmt zwar die Anzeige Morts wegen des getöteten Hundes und der Bedrohung durch Shooter entgegen, scheint aber keine besonderen Ambitionen zu hegen, den Fall aufzuklären. Denn der einzige Zeuge, der Shooter nach Aussage von Mort gesehen hat, Tom Greenleaf (John Dunn-Hill), weiß plötzlich nichts mehr davon. Hat Shooter auch ihn bedroht?

Das Rätsel lüftet sich erst am Schluss. Und es ist, wenn man nicht so genau aufgepasst hat, durchaus überraschend.

Johnny Depp spielt nach seiner Glanzrolle in „Fluch der Karibik“ (2003) einen Schriftsteller, von dem man nicht genau weiß, ob er in Selbstmitleid angesichts der Trennung von seiner Frau ertrinkt oder darunter wirklich leidet und nicht darüber hinwegkommt, weil er Amy immer noch liebt. Ted begegnet er aggressiv, Amy gegenüber, die ihn mehrfach anruft, genervt. Depp überzeugt in dieser Charakterrolle ebenso wie John Turturro, der einen Mann zum Fürchten spielt, von dem man nicht weiß, was er als nächstes plant.

Überhaupt zeichnet sich „Secret Window“ durch eine routiniert langsame, aber nicht bedächtige oder gar langatmige Inszenierung aus, die mit Überraschungen aufwarten kann. Fred Murphy, der den Film fotografiert hat, ist in dieser Hinsicht ebenso zu loben, wie Philip Glass und Geoff Zanelli, die die Musik komponierten: unaufdringlich und der Geschichte wirklich angepasst.

Insgesamt also sehenswert gehört „Secret Window“ zu den besseren Versuchen, einen Stephen-King-Stoff zu visualisieren.


 

Geheime Fenster, Das-2