Der Teuflische
(Lisa e il diavolo)
(umgeschnittene Version: La Casa dell’esorcismo)
Italien, Deutschland, Spanien 1973, 92 Minuten
Regie: Mario Bava, Alfredo Leone

Drehbuch: Mario Bava, Alberto Cittini, Alfredo Leone
Musik: Joaquín Rodrigo, Carlo Savina
Director of Photography: Cecilio Paniagua
Montage: Carlo Reali
Produktionsdesign: Nedo Azzini, Rafael Ferri

Darsteller: Telly Savalas (Leandro), Elke Sommer (Lisa Reiner), Sylva Koscina (Sophia Lehar), Alessio Orano (Maximilian), Gabriele Tinti (George), Eduardo Fajardo (Francis Lehar), Espartaco Santoni (Carlo), Alida Valli (Gräfin), Robert Alda (Pater Michael)

Original und Fälschung

„I'm not Lisa, you stupid pig!
I'm not Lisa, and I never was
Lisa! You prick!“

„Impotent! Max was impotent,
and that's why I had to fuck Carlo!“
(Lisa in der umgeschnittenen Fassung
des Films zu Pater Michael)

Filme wie Friedkins „Der Exorzist“ (1973) oder Polanskis „Rosemaries Baby“ (1968) zählen zu den Meilensteinen des Horrorfilms. Auch Ridley Scotts „Alien“ (1979) – eher ein Horrorfilm, denn ein Sciencefiction – wäre hier zu nennen, und sicherlich noch einige andere. Neben diesen exzellenten Filmen existierten aber schon immer Filme des Genres, die man eher unter B-Movie oder noch „schlimmer“: Trash einordnen würde. Zu dieser Kategorie von Horrorfilmen gehört Mario Bavas „La Casa dell’esorcismo“, eigentlich „Lisa e il diavolo“, der im selben Jahr wie „Der Exorzist“ erschien.

Der Film ist aber – egal, wie man ihn einordnen möchte – ein Beispiel dafür, wie aufgrund kommerzieller Schwierigkeiten – der Film kam zwar beim Publikum an, fand aber keinen Verleiher – durch Umschneiden (gegen den Willen des Regisseurs übrigens) durch den Produzenten Alfredo Leone versucht werden sollte, einem Film wie „Der Exorzist“ Konkurrenz zu machen – übrigens vergeblich. Die in TV-Sendern gezeigte Version des Films ist die durch Leone umgeschnittene und mit einem anderen Ende versehene Fassung. Die Originalfassung Bavas wurde um Szenen erweitert, die in Rückblenden die Geschichte Lisas erklären sollen. Das Ende spielt nicht in einem Flugzeug, in dem Lisa den mysteriösen Leandro wieder trifft, sondern in der Villa der Gräfin, wo ein Priester den Teufel austreiben will. Diese Fassung Leones sollte den Film stark in Richtung „Der Exorzist“ treiben, verschwand aber bald wieder von der Bildfläche, denn mit Friedkins Film konnte dieser unter dem Titel „La Casa dell’esorcismo“ gegenüber dem Original geradezu gefälschte Film nicht konkurrieren.

Lisa Reiner (Elke Sommer) gehört zu einer Reisegruppe, die durch ein südeuropäisches Land fährt (wahrscheinlich ist Spanien gemeint, jedenfalls ist der Film dort gedreht). Auf einem Fresko zeigt der Reiseführer eine Szene mit dem Teufel, der Menschen verschleppt. Wenig später findet sich Lisa in einem Antiquitätenladen wieder und trifft dort einen Mann (Telly Savalas), der der Zeichnung des Teufels auf dem Fresko sehr ähnlich sieht. Sie verlässt erschrocken das Geschäft und verirrt sich in dem Städtchen, bis sie wenig später von einem ihr unbekannten Mann verfolgt wird, der sie Elena nennt und behauptet, sie sei seine Geliebte gewesen.

Als es dunkel wird, hat Lisa das Glück, dass zwei offenbar reiche Leute, das Ehepaar Francis und Sophia Lehar (Eduardo Fajardo, Sylva Koscina) sie in ihrem Auto mitnehmen. Doch das Auto hat einen Motorschaden, den der Chauffeur George (Gabriele Tinti) nicht beheben kann. An einer Villa angekommen, fragen die Lehars dort, ob man telefonieren könne. Der Butler des Hauses ist zum Erschrecken Lisas der Mann aus dem Antiquitätenladen namens Leandro. Man habe kein Telefon in diesem Haus. Die vier Personen werden jedoch vom Sohn der Gräfin (Alida Valli), der die Villa gehört, Maximilian (Alessio Orano) eingeladen, über Nacht zu bleiben, obwohl die blinde Gräfin offenbar nicht sehr gern Gäste hat.

Maximilian hat einen Grund für die Einladung: Lisa sieht einer Frau ähnlich, die er geliebt hatte: seiner toten Braut Elena. Lisa ist das alles unheimlich. Und als dann auch noch der Mann auftaucht, der sie Stunden vorher verfolgt hatte, möchte sie am liebsten fliehen. Der Mann heißt Carlo (Espartaco Santoni) und war der Mann der Gräfin, der jedoch gleichzeitig ein Verhältnis mit Elena hatte.

Dann muss Lisa auch noch beobachten, dass dieser Carlo genauso aussieht wie die Puppe, die Leandro in dem Antiquitätenladen in den Händen hielt – und, dass Leandro in einem Zimmer der Villa noch andere Puppen vereint hat, die lebenden und auch toten Personen verdammt ähnlich sehen. Auch die blinde Gräfin macht auf Lisa keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck. Als dann schließlich kurz hintereinander der Chauffeur der Lehars und Lehar selbst ermordet werden, bekommt die junge Frau Todesängste. Und: es wird noch weitere Tote geben ...

In der von Leone umgeschnittenen Fassung des Films wird diese Handlung durch neu hinzu gekommene Szenen ergänzt. Gleich zu Anfang dieser Fassung des Films finden Leute eine junge Frau auf dem Platz vor der Kirche, die einen Anfall zu haben scheint und Lisa verdammt ähnlich sieht. Pater Michael bringt die Frau in ein Krankenhaus. Die Ärzte tippen auf Schizophrenie. Doch Pater Michael muss nach einiger Zeit des Kontakts mit der Frau, die sich herumwälzt, schreit, mit übelsten Wörtern flucht usw., feststellen, dass diese Lisa wohl vom Teufel besessen ist. Auch ihn beschimpft sie aufs übelste. Pater Michael aber lässt nicht locker. Er will wissen, wer sie ist, woher sie kommt. Und schließlich erzählt sie, sie sei Elena, die ehemalige Verlobte von Maximilian, den sie allerdings zurückgewiesen habe, weil er impotent gewesen sei. Daher habe sie sich Carlo, dem Mann der Gräfin zugewandt. Dass daraus Konflikte entstanden seien, sei ja wohl klar ...

Dreh- und Angelpunkt des Films ist die Gestalt der Lisa respektive Elena. Lisa, eine anfangs fröhliche Touristin, gerät immer tiefer in Angst- und Verlassenheitszustände und wird – ohne es anscheinend zu begreifen – in eine Geschichte verwickelt, die ihr nur langsam und mühselig deutlich vor die Augen tritt. Da wäre einerseits eine Familiengeschichte – das Verhältnis des Manns der Gräfin mit der Braut Maximilians –, die offenbar in einer Tragödie endete. Und andererseits ist da der merkwürdige Butler der Familie: Leandro. Während dem Zuschauer zunächst vermittelt wird, dass Maximilian, der wahnsinnige Sohn der Gräfin, Ursache von Mord und Grauen ist, wird im Laufe des Films immer deutlicher, dass Leandro die Fäden in dieser Geschichte zieht.

Während der ursprüngliche Film damit endet, dass Lisa das Flugzeug besteigt und dort Leandro wieder trifft, endet die umgeschnittene Fassung, wie schon gesagt, mit der Teufelsaustreibung durch Pater Michael, der in der Originalfassung Bavas gar nicht auftaucht.

Es ist schwierig zu sagen, ob man diesen Film als B-Movie oder gar Trash einstufen soll. Die Dialoge sind rar, ja geradezu spärlich. In der Leone-Fassung kommen die vulgären Äußerungen der vom Teufel Besessenen hinzu. Der Film lebt im wahrsten Sinne von den Bildern, nicht von der Sprache, auf die man geradezu hätte verzichten können. Die Geschichte selbst und deren Inszenierung sind schon intelligent und spannend, die Charaktere allerdings lassen zu wünschen übrig – bis auf Telly Savalas und Elke Sommer, die in den Grenzen eines solchen Films tun, was sie können. (Savalas ist übrigens hier – noch vor seiner Rolle als Kojak – erstmals mit einem Lolly zu sehen!)

Savalas spielt einen ruhigen Butler, der offensichtlich weiß, was er tut. Er beherrscht die Szene, zieht die Fäden – wie sich das für den Teufel gehört. Elke Sommer kann ebenfalls überzeugen als ängstliche junge Frau, die in eine Geschichte hineingetrieben wird, die sie (zunächst jedenfalls) nicht durchschaut.

Am wichtigsten aber ist die zumeist rasch wechselnde Szenerie (des Originalfilms) – die düstere Villa und das Geschehen in ihr, das einen Großteil des Films ausmacht, die überraschend inszenierten Morde, und die erst nach und nach sich aufdeckenden Hintergründe – wobei Bavas Version des Films immer offen lässt, wer hier eigentlich lebt oder als Toter durch die Gegend spukt – bis zur Schlussszene.

Die von Leone nach-inszenierten Szenen mit der vom Teufel besessenen Lisa und Pater Michael sind derart offensichtlich auf „Der Exorzist“ zugeschnitten, dass es kein Wunder ist, dass diese Fassung des Films schnell wieder von der Bildfläche verschwand: Die vom Teufel Besessene verrenkt sich, sie spuckt grünes Erbrochenes und sogar Kröten, sie flucht, benutzt Fäkalsprache und vulgäre sexuelle Ausdrücke usw. usf.

Image Entertainment veröffentlichte beide Fassungen des Films 2000 auf einer DVD, die allerdings nur in den USA, Großbritannien und Kanada erschienen ist. Eine deutsche Fassung existiert nicht, und auch die TV-Fassung, die auf Arte im Januar 2007 gezeigt wurde, war „nur“ in englischer Fassung mit deutschen Untertiteln zu sehen (die Fassung Leones).

Trash hin oder her – mir gefiel der (Original)Film, weil er Horror pur lieferte, der, wenn auch nicht auf einem gehobenen Niveau, für Horrorfans eine schöne Abwechslung zu den Spitzenprodukten des Genres bietet. Die Fassung Leones allerdings ist in weiten Teilen nichts weiter als eine erbärmliche Kopie von Szenen aus Friedkins „Der Exorzist“.

© Bilder: Image Entertainment.