Kampf der Welten
(The War of the Worlds)
USA 1953, 85 Minuten
Regie: Byron Haskin

Drehbuch: Barré Lyndon, nach dem Roman von H. G. Wells
Musik: Leith Stevens
Director of Photography: Georges Barnes
Montage: Everett Douglas
Produktionsdesign: Albert Nozaki, Hal Pereira, Sam Corner

Darsteller: Gene Barry (Dr. Clayton Forrester), Ann Robinson (Sylvia van Buren), Les Tremayne (General Mann), Robert Cornthwaite (Dr. Pryor), Sandro Giglio (Dr. Bilderbeck), Lewis Martin (Pastor Collins)

Mars Attacks !

Kaum ein anderer Sciencefiction-Roman hat die Filmwelt so nachhaltig beeindruckt und beeinflusst wie H G. Wells 1898 veröffentlichter Erfolg "Krieg der Welten". Neben dem hier besprochenen "Kampf der Welten" (ein wohl unter dem Eindruck des 2. Weltkrieges entstandener Titel, der das Wort Krieg vermeiden wollte) ist Spielbergs 2005 in den Kinos gezeigter Film wohl der bekannteste. Weniger bekannt ist, das Regisseur Timothy Hines die im Jahr 2001 begonnene 1:1-Umsetzung des Romans, die wegen der Ereignisses des 11.9. auf Eis gelegt wurde, 2005 fertigstellen konnte, die allerdings nur als "Direct-on-DVD" zu sehen ist, also nicht in die Kinos kam. In 180 Minuten hatte sich Hines Wort für Wort an den Text von Wells gehalten, allerdings bei der Kritik wenig Erfolg mit seinem Projekt. Hines Film ist der bisher einzige, der wie der Roman im 19. Jahrhundert spielt. Doch auch Roland Emmerichs "Independence Day", wenn auch keine Adaption des Romans, sondern eher eine Hommage an Wells, und Tim Burtons "Mars Attacks!" nehmen mehr oder weniger deutlich Bezug auf den Roman. Kein geringerer als Orson Welles sorgte für eine Radiosendung am 20.10.1938 (Halloween), indem er die Handlung nach New Jersey verlegte und die Geschichte in Form einer Reportage inszenierte, die Folgen hatte: Etliche Zuhörer nahmen das Ganze ernst und glaubten an eine reale Bedrohung durch Außerirdische.

Wells hatte seinen Roman als mehr oder weniger versteckte Kritik am britischen Empire angelegt. Davon ist in den filmischen Adaptionen des Stoffs nichts mehr zu spüren, zumal sie die Handlung in die jeweilige Gegenwart oder nahe Zukunft legten.

Produzent George Pal, der 1951 bereits einen weiteren bis heute bekannten Sciencefiction zu verantworten hatte, nämlich "Der jüngste Tag", stand zumindest vor einem großen Problem: Wie sollte er die im Roman beschriebenen Aliens im Film darstellen? Nur an zwei kurzen Stellen mitten im Film und ganz am Ende sehen wir tatsächlich einen Außerirdischen. Pal entschied sich, nicht die Aliens, sondern fast ausschließlich ihre Raumschiffe (im wesentlichen aus Kupfer produziert) zu zeigen, die aussehen wie riesige Rochen, aus denen einer Kobra ähnliche Schläuche ragen und an deren Ende rot leuchtende, augenähnliche schmale Schießvorrichtungen angebracht waren, mit denen die Aliens ihre tödlichen Strahlen auf die Erde senden. Diese Vorrichtungen wirken wie vergrößerte Rücklichter eines Lkws. Aber trotz der Jahrzehnte, die seit Entstehen des Films vergangen sind, wirken gerade die Szenen, in denen diese Raumschiffe ganze Städte in Schutt und Asche legen, so gut gemacht, dass sie es fast mit Computeranimationen des Gegenwartsfilms aufnehmen können.

Leben auf dem Mars, intelligentes Leben noch dazu – eine Vorstellung, die uns heute fremd erscheint. Und doch gab es sie 1953, jedenfalls in der Vorstellung vieler Menschen. Was auch für ein Wahnsinn anzunehmen, in der "unmittelbaren" Umgebung der Erde existierten außer den Menschen keine intelligenten Wesen – sei es als potentielle Bedrohung, sei es als Mittel zum Zweck: "Wir wollen nach diesem schrecklichen Krieg Frieden mit allen haben." Jedenfalls stehen plötzlich an allen möglichen Orten der Erde Menschen irgendwo in der Landschaft, weil sie beobachtet haben, wie meteorähnliche Gebilde mit glühendem Schweif auf der Erde gelandet sind – direkt in der Nachbarschaft sozusagen. Neugierige, Feuerwehr, Polizei – alle sind anwesend und alle glauben zunächst wirklich an Meteore. Weit gefehlt: Als drei Männer in der Nähe einer Kleinstadt in den USA sich dem glühenden Etwas nähern, beobachten sie, wie plötzlich eine Platte abgeschraubt wird und sich die oben beschriebenen Raumschiffe aus dem glühenden Gebilde heraus bewegen. Kurze Zeit später sind sie tot – pulverisiert durch die Strahlen. Der bekannte Physiker Clayton Forrester (Gene Barry), die sich gerade in de Nähe befindet, seine Kollegin Sylvia van Buren (Ann Robinson), die in der Kleinstadt lebt, ihr Onkel, Pfarrer Collins (Lewis Martin), und der örtliche Sheriff sind so gleich zur Stelle. Und bald wird klar: Die fremden Raumschiffe führen nichts Gutes im Schilde.

Wenig später rückt Militär an, die Regierung schickt General Mann (Les Tremayne) an Ort und Stelle – und alle müssen konstatieren, dass es die unsichtbaren Fremden auf nichts weniger angelegt haben als auf die Zerstörung der Menschheit und ihrer Städte. Aus aller Welt tickern über die Medien die gleichen Meldungen: Jeweils drei Raumschiffe sind an wichtigen Punkten rund um den Erdball gelandet und haben ihre zerstörerische Arbeit begonnen. Pfarrer Collins, der den sich später als wirkungslos erweisenden Einsatz schwerer Waffen gegen die Raumschiffe ablehnt, wird ebenso Opfer der Fremden, als er versucht, mit ihnen in Kontakt zu treten, wie die Hälfte der Soldaten vor Ort. Für Forrester ist klar: Die Waffen wirken nicht, weil die Außerirdischen durch einen schier undurchdringlichen magnetischen Strahlenschirm um ihre Raumschiffe herum geschützt sind.

In der ganzen Welt bricht Panik und Chaos aus. Die Regierung plant den Einsatz atomarer Waffen. Clayton und Sylvia begegnen auf ihrer Flucht vor den todbringenden Strahlen einem der Aliens. Und obwohl der Physiker ein dreiteiliges elektronisches Auge, mit dem die Aliens die Gegend absuchen, abschlagen kann und Blut des Alien auf Sylvias Schal findet, nützen den Wissenschaftlern diese Funde später im Institut wenig. Sie geben keine Hinweise darauf, wie der Strahlenschirm durchbrochen werden kann. Als auch der Einsatz der Atombombe sich als wirkungslos erweist, ordnet die Regierung groß angelegte Evakuierungen der Städte an. Millionen fliehen in die Berge, die Städte sind ausgestorben. Das Ende der Menschheit scheint besiegelt ...

Regisseur Haskin und Produzent Pal konzentrierten die Handlung – das muss man schon sagen – auf das Wesentliche. Keine Nebenhandlungsstränge stören den Ablauf der Geschichte, die immerhin in nur 85 Minuten erzählt wird. Selbst die Liebesgeschichte zwischen Clayton und Sylvia gleitet nie in eine eigenständige Handlung ab, sondern fügt sich bruchlos in die Handlung ein. Die Geschichte zeigt die Aussichtslosigkeit des Kampfes gegen die Außerirdischen, und das wirkte damals wohl umso beängstigender, als die Aliens selbst kaum einmal zu sehen sind. Aus einer Not wurde eine Tugend: Denn Pal, der eigentlich die Aliens umfassend darstellen wollte, scheiterte daran, dass Paramount dies nicht finanzieren wollte. Der dadurch bedingte Effekt, dass man nie weiß, mit wem man es zu tun hat, steigert die klaustrophobische Atmosphäre, die dieses Mal den ganzen Erdball, sozusagen als Gefängnis, als Todeszelle für die gesamte Menschheit, umfasst.

Nicht nur das: Sämtliche technologischen Entwicklungen, bis hin zur Atombombe, sämtliche sog. Fortschritte der Menschheit sind angesichts dieser Bedrohung bedeutungs- und wirkungslos. Dass die Aliens – wie im Roman – letztlich nicht durch die Menschen besiegt werden, sondern durch Bakterien, die das nicht angepasste Immunsystem der Außerirdischen nicht abwehren kann, ist – im Roman wie im Film – das fast schon wieder Ironische der Geschichte.

Bis dahin aber zeigen uns Pal und Haskin dramatische Szenen, die zu den besten des Films gehören: ausgestorbene Städte (man drehte sonntags in Los Angeles, nachdem die Polizei einige Straßenzüge abgesperrt hatte), durch die Forrester auf der Suche nach Sylvia irrt, systematische Angriffe der Raumschiffe, die ein Hochhaus nach dem anderen vernichten, Kirchen, die zusammenstürzen und in denen sich einige Dutzend Gläubige auf die Apokalypse vorbereiten. Nicht nur für die damalige Zeit, auch heute wirken diese Szenen noch sehr realistisch in der Umsetzung.

Neben "Kampf der Welten" und "Der jüngste Tag" erlebte der Sciencefiction in den 50er Jahren in den USA einen regelrechten Boom. Das mag verschiedene Gründe haben. Der Glaube an UFOs, an das Phantastische war stark. Zeitungsberichte und Medienreportagen über angeblich gesichtete UFOs waren jahrelang an der Tagesordnung. Doch auch das noch nahe Ende des schrecklichsten Krieges in der Menschheitsgeschichte dürfte im Bewusstsein seine Spuren hinterlassen haben in Form des (vielleicht unbewussten) Wunsches, die Menschheit solle endlich eins werden und geschlossen nur noch Bedrohungen von außen begegnen. Bei anderen dürfte Verdrängung eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Die Verlagerung des für manche vielleicht lebensnotwendigen Feindbildes in das Reich der Phantasie konnte Feindbilder aufgrund realer Konflikte auf ungefährliche Art und Weise bedienen. Wie schwer konkret vorstellbar waren doch die angebotenen Feindbilder des in vollem Gang befindlichen Ost-West-Konflikts beispielsweise in irgendeiner Kleinstadt des Mittleren Westens. Da konnte man eng zusammenrücken, wenn die Gefahr filmisch so konkret auf die Kinoleinwände projiziert wurde wie in "The War of the Worlds" – fast so nah wie bei den unsäglichen Verfolgungsmaßnahmen der McCarthy-Ära, die an schrecklicher Absurdität kaum zu überbieten waren.

Im Vordergrund für die meisten aber stand sicherlich das Phantastische, der Kitzel einer potentiellen, wenn auch sehr unwahrscheinlichen Gefahr aus den Weiten des Kosmos. Das Grauen des Phantastischen war insofern vielleicht auch eine Möglichkeit, das Schreckliche der gerade vergangenen Wirklichkeit zu kompensieren. Dann man wusste ja: Es war nur Phantasie.

Wertung: 10 von 10 Punkten.
2. November 2008