Mittsommermord
(Steget efter)
Dänemark, Schweden 2005, 100 Minuten (Fernsehfassung: 85 Minuten)
Regie: Birger Larsen

Drehbuch: Klas Abrahamsson, Michael Hjorth, Birger Larsen, Tomas Tivemark, nach dem Roman von Henning Mankell
Musik: Franz Bak
Director of Photography: Eric Kress
Montage: Jacob Thuesen
Produktionsdesign: Li Garpenfeldt, Niels Sejer

Darsteller: Rolf Lassgård (Kurt Wallander), Marie Richardson (Maja), Kerstin Andersson (Lisa Holgersson), Dan Bratt (Bror Sundelius), Christer Fant (Kalle Svedberg), Peter Gantzler (Hans Christian), Ingvar Haggren (Harald Sandberg), Gustav Hammarstan (Åke Larstam), Lars Melin (Martinsson), Josefin Peterson (Isa)

Ein Mörder führt Regie

Man könnte „Steget efter” überschreiben mit „Rekonstruktion einer engen jahrelange Freundschaft”. Es geht um die Freundschaft zwischen Wallander (Rolf Lassgård) und seinem Kollegen Kalle Svedberg (Christer Fant), zwei Polizisten, die sich im Dienst und im Privatleben schätzen gelernt haben. An einem regnerischen Tag werden sie in ein Waldstück geholt, in dem man die verwesten Leichen dreier junger Leute gefunden hat, die dort den Mittsommer feiern wollten. Der Mörder hatte sie mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet, die Leichen in Plastiksäcke gepackt und dort vergraben. Als sie verwest waren, öffnete er das Grab wieder, ganz offensichtlich damit sie gefunden werden. Es handelt sich um zwei junge Frauen und einen jungen Mann, eine der Frauen war Dänin, so dass ein Polizist namens Möller von der Kopenhagener Kripo am Tatort auftaucht. Besonders Svedberg scheint durch den Anblick der Leichen derart erschüttert, dass Wallander ihn nach Hause schickt.

Die Polizei stellt fest, dass das Grab eigentlich für vier Personen angelegt war. Auf einer der Postkarten der Jugendlichen, die die Eltern der Ermordeten der Polizei zur Verfügung stellen, findet Wallander eine merkwürdige Aufschrift: „Kannst Du fühlen, wie es auf Dich zukommt?” steht da geschrieben – so als ob der Mord vom Täter vorher angekündigt worden wäre. Doch der Poststempel einiger Karten scheint gefälscht zu sein.

Durch die Eltern erfährt Wallander auch, dass es tatsächlich eine vierte Person gibt, die an der Mittsommerfeier teilnehmen wollte, eine gewisse Isa (Josefin Peterson), die spurlos verschwunden ist.

Kurz nach dem Leichenfund findet Wallander seinen Freund und Kollegen Svedberg tot in dessen Wohnung. Zunächst vermutet er Selbstmord, doch dann stellt die Gerichtsmedizin fest, dass Svedberg mit derselben Waffe getötet worden ist wie die Jugendlichen. Und noch etwas Merkwürdiges stellt man fest: Auf einer CD, die am Tatort gefunden wurde, sieht man Svedberg in einem Krankenhaus. Er besuchte dort Isa, die dort nach einem Selbstmordversuch eingeliefert worden war, um ihr eine Tasche zu bringen. Kurz danach verschwand Isa.

Wallander kann nicht glauben, dass sein bester Freund etwas mit den Morden zu tun hatte. Mit Möller findet er schließlich Isa, die sich auf einer Ferieninsel versteckt hat – eine verstörte, depressive junge Frau, die Angst hat, ebenfalls ermordet zu werden. Isa erzählt Wallander, sie hätte damals nicht mitkommen können, um Mittsommer zu feiern, weil sie zwei Tage vorher erkrankt sei. Isa erzählt auch, dass eines der Opfer, Martin, schwul gewesen sei und Svedberg Martin geholfen habe, damit zurecht zu kommen (vor allem wegen Martins konservativer Eltern).

Und dann muss Wallander etwas erfahren, womit er nie gerechnet hätte. Isa behauptet, auch Svedberg sei homosexuell gewesen. Es kommt schlimmer: Als Isa in höllischer Panik die Insel verlassen will, wird sie vor den Augen von Wallander und Möller von dem vermummten Täter auf einem Motorboot ermordet. Der Täter entkommt mit dem Boot.

Auf einer weiteren CD, die Wallander in Svedbergs Wohnung findet und die offenbar auch vom Täter stammt, ist der Mord an den drei Jugendlichen in einer Videosequenz zu sehen – und Wallander selbst, schlafend im Bett mit seiner Kollegin Maja (Marie Richardson), mit der er früher liiert war.

Wallander, Möller und Maja stehen vor einem Rätsel. Was hatte Svedberg mit den Jugendlichen zu tun? Wieso hatte er seine Homosexualität verschwiegen? Aber vor allem: Welche Motive hatte der Mörder, sowohl die Jugendlichen, als auch Svedberg zu töten? Und warum gibt er der Polizei immer weitere Hinweise auf den besagten CDs?

Wieder einmal ist es Rolf Lassgård, der diesen von Henning Mankell entworfenen Kurt Wallander in seiner extrem minimalistischen Art spielt, die es vordergründig so aussehen lässt, als ob sich der schwedische Kommissar durch nichts erschüttern ließe. Aber Lassgårds Wallander ist im Verlauf dieser spannenden Handlung doch zunehmend anzumerken, wie innerlich aufgerieben, erschüttert, nervös und (zunächst) ratlos dieser Mann einem Mörder hinterherjagt, über dessen Motive erst sehr spät im Verlauf des Films Entscheidendes bekannt wird. Gleichzeitig behält Wallander die Fassung, was die Ermittlungen selbst angeht. Auf der anderen Seite haben andere unter seiner Nervosität zu leiden, vor allem sein dänischer Kollege, dessen „Vernunftgerede” Wallander ziemlich auf den Geist geht, und seine Kollegin Maja. Wallander hat die Trennung von Maja, die von ihr ausging, noch lange nicht überwunden.

Zugleich werden auch die anderen Kollegen Wallanders nervös. Denn auf den CDs sind nicht nur Videosequenzen über Wallander und Svedberg zu sehen, sondern von fast allen anderen Kollegen auch. Der Täter muss sich gut in Polizeikreisen auskennen. Dass Maja, wie auf einer der CDs zu sehen ist, auch mit Möller kurze Zeit zuvor ein Techtelmechtel hatte, gibt Wallander – fast – den Rest. Doch Wallander ist nicht der Typ, der aufgibt. Eigensinnig und ohne Rücksicht auf andere dringt er weiter vor. Dabei spielt die „Rekonstruktion” der Freundschaft mit Svedberg eine nicht unwesentliche Rolle. Dessen Homosexualität verändert in Wallanders Gefühlswelt einiges im Blick auf seinen Freund – aber nicht zum Schlechten, wie der Film zum Schluss demonstriert, wovon hier allerdings zu schweigen ist, um der Spannung keinen Abbruch zu tun.

Langeweile kommt in „Steget efter” nicht auf. Die Handlung wird permanent vorangetrieben. Allerdings muss man vor der deutschen Fernsehfassung der dänisch-schwedischen Koproduktion warnen. Sie hat eine Länge von 85 Minuten und wurde – völlig unverständlich – um rund 15 Minuten gekürzt. Ob dies seinen Grund in „nicht jugendfreien” Sequenzen hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Allerdings deuten bestimmte Stellen in Mankells Roman auf diese Erklärung hin.