Paradise Road
(Paradise Road)
Australien, USA 1997, 122 Minuten
Regie: Bruce Beresford

Drehbuch: David Giles, Martin Meader, Bruce Beresford, u.a. nach den Tagebüchern von Betty Jeffrey
Musik: Ross Edwards
Director of Photography: Peter James
Montage: Tim Wellburn
Produktionsdesign: Herbert Pinter

Darsteller: Glenn Close (Adrienne Pargiter), Frances McDormand (Dr. Verstak), Pauline Collins (Daisy „Margaret” Drummond), Cate Blanchett (Susan Macarthy), Jennifer Ehle (Rosemary Leighton-Jones), Julianna Margulies (Topsy Merritt), Wendy Hughes (Mrs. Dick-son), Johanna ter Steege (Schwester Wilhelminia), Elizabeth Spriggs (Mrs. Roberts), Pamela Rabe (Mrs. Tippler), Clyde Kusatsu (Sgt. Tomiashi, „Die Schlange”), Stan Egi (Captain Tanaka), David Chung (The Interpreter), Sab Shimono (Colonel Hirota), Penne Hackforth-Jones (Mrs. Pike), Tessa Humphries (Celia Roberts)

Heldinnen

Aufgrund von Tagebüchern und Berichten überlebender Frauen drehte Bruce Beresford 1997 die Geschichte kriegsgefangener Frauen im zweiten Weltkrieg, die 1942 von japanischen Truppen nach ihrer Flucht aus Singapore in ein Gefangenenlager auf Sumatra verfrachtet wurden, wo sie bis Kriegsende um ihr Überleben kämpfen mussten. Es handelte sich vor allem um Personen britischer Staatsangehörigkeit, aber auch Chinesinnen, Australierinnen, Amerikanerinnen, eine deutsche Jüdin und Niederländerinnen, die sich zu spät entschlossen hatten, Singapore zu verlassen. Das britische Kriegsschiff, dass sie und etliche Kinder nach Australien bringen sollte, wurde von japanischen Kampffliegern bombardiert. Viele Frauen und Kinder konnten sich retten, bevor das Schiff sank, und landeten im von den Japanern besetzten Sumatra, wo sie von den feindlichen Truppen festgesetzt und in ein Lager verfrachtet wurden.

Dreieinhalb Jahre müssen die Gefangenen um ihr Überleben kämpfen. Wir treffen auf die Deutsche Dr. Verstak (Frances McDormand), die als Ärztin im Lager tätig wird und ständig versucht, den Japanern Medikamente abzutrotzen, vor allem Chinin gegen die grassierende Malaria, auf Adrienne Pargiter (Glenn Close), eine Violinistin, die australische Missionarin Daisy Drummond (Pauline Collins), die australische Krankenschwester Susan Macarthy (Cate Blanchett), Rosemary Leighton-Jones (Jennifer Ehle), die abrupt von ihrem Mann Dennis (Paul Bishop) getrennt wurde, der in einem Konzentrationslager für Männer nicht weit entfernt gefangen gehalten wird, auf die reiche Mrs. Roberts (Elizabeth Spriggs), die sich vor allem um ihren kleinen Hund Sorgen macht, weniger um sich selbst oder die anderen, und ihre Tochter Celia (Tessa Humphries), die niederländische Schwester Wilhelminia (Johanna ter Steege), die Amerikanerin Topsy Merritt (Julianna Margulies), die arrogante und egoistische Mrs. Tippler (Pamela Rabe) und last but not least die junge Chinesin Wing (Pauline Chan).

Das Regime des Lagerkommandanten Colonel Hirota (Sab Shimono), der vor allem von Sergeant Tomiashi (Clyde Kusatsu), den alle „Die Schlange“ nennen, kräftig unterstützt wird, ist hart, die Strafen für „Vergehen“ brutal. Noch skrupelloser allerdings ist Hirotas wesentlich jüngerer Vorgesetzter Captain Tanaka (Stan Egi), ein Sadist, der keine Mühen scheut, seinen Hass gegen die „englischen und amerikanischen Imperialisten“ an den Frauen zu demonstrieren.

So wird die junge Chinesin Wing vor allen Frauen und Kindern von den Japanern mit Benzin übergossen und verbrannt, weil sie das Lager heimlich nachts verlassen hatte, um einige Wertgegenstände gegen Chinin einzutauschen. Die Krankenschwester Susan wird von Tanaka bestraft, weil sie während einer Siegesfeier der Japaner im Lager geredet hat. Man setzt sie gefesselt der unerträglichen Hitze aus, kniend, ein Stück Holz in den Kniekehlen, das mit scharfen Klingen bestückt ist, vor sich und hinter sich Speerspitzen, so dass sie, wenn sie ohnmächtig würde, entweder nach vorne oder nach hinten fallen und umkommen würde. Sie überlebt. Andere nicht. Etliche Frauen sterben an Erschöpfung, Malaria oder anderen Krankheiten.

Die Frauen allerdings wehren sich, nicht durch offenen Aufruhr, was ihren Tod bedeuten würde, nein, sie erfinden eine Art Überlebenstraining. Auf Vorschlag von Daisy bilden sie einen Chor, der von Adrienne dirigiert wird. Sie üben ein Stück von Dvorak ein, Ravels Bolero, Daisy schreibt Noten auf. Immer mehr Frauen schließen sich dem Chor an, andere zweifeln am Nutzen dieser Sache, besonders Mrs. Tippler. Doch selbst die dicke Mrs. Roberts singt mit, und vor allem: Seit sie weiß, dass Wing ihr Leben lassen musste, weil sie ihr Chinin besorgt hatte, hat sie ihre britische Arroganz abgelegt.

Eine der wohl schönsten Szenen des Films ist der (gewagte) erste Auftritt der Frauen im Chor. Die Japaner hatten jegliche Versammlung verboten. Die Frauen singen, und die herannahenden japanischen Soldaten, allen voran „Die Schlange“, bleiben stehen, nehmen ihre Gewehre herunter und lauschen einem Chor, der Instrumente durch Stimmen ersetzt hat. Der Chor versetzt für kurze Zeit selbst „Die Schlange“ „außer Gefecht“, stärkt den Überlebenswillen der Frauen und Kinder – bis das Kriegsgeschehen alle wieder einholt.

Beresford vermeidet es, seinem Film ein triviales Freund-Feind-Schema zugrunde zu legen. Die japanischen Soldaten werden zwar als skrupellos (im Sinne der japanischen Kriegsideologie handelnd) gezeigt, doch im Laufe des Films schälen sich dann doch unterschiedliche Charaktere heraus. Während Tanaka als Sadist präsentiert wird, zeigt sich „Die Schlange“ als ein Mensch, der über die Musik angesprochen wird. Und auch Lagerkommandant Hirota erkennt im Laufe der dreieinhalb Jahre, mit wem er es zu tun hat: mit mutigen, überlebenswilligen Frauen, denen er zwar nicht offen, aber versteckt Respekt zollt. Der japanische Übersetzer (David Chung), im zivilen Leben Lehrer, versucht, den Widerstandswillen der Frauen gegen die Brutalität mittels entsprechender Übersetzungen an seinen Vorgesetzten in der Wortwahl zu mildern, um keine Strafen zu provozieren, um die Frauen dadurch zu unterstützen.

Im Mittelpunkt allerdings stehen die Frauen selbst, die trotz aller Entbehrungen, trotz des Todes und der Drangsalierungen nicht aufgeben. Die Besetzung des Films ist optimal gewählt. Vor allem Glenn Close, Frances McDormand als eigensinnige, manchmal zynische, entschlossene Dr. Verstak, Jennifer Ehle und Cate Blanchett und natürlich Pauline Collins als Daisy geben dem Film viel Farbe, Tragik, aber auch bittere Komik. Nichts wirkt übertrieben, in die eine oder andere Richtung. Beresford vermeidet Überzeichnungen und Klischees, Schwarz-Weiß-Malerei und abgeschmackten Heroismus. Das Heldenhafte am Verhalten der Frauen ergibt sich nicht aus dem Drehbuch, als etwas Vorgeschriebenes, sondern aus dem Spiel der Schauspielerinnen selbst.