Stargate
(Stargate)
USA 1994, 121 Minuten
Regie: Roland Emmerich

Drehbuch: Dean Devlin, Roland Emmerich
Musik: David Arnold
Director of Photography: Karl Walter Lindenlaub
Montage: Derek Brechin, Michael J. Duthie
Produktionsdesign: Holger Gross, Frank Bollinger, Peter Murton

Darsteller: Kurt Russell (Colonel Jonathan „Jack“ O’Neill), James Spader (Dr. Daniel Jackson), Viveca Lindfors (Catherine Langford), Alexis Cruz (Skaara), Mili Avital (Sha’uri), Jaye Davidson (Ra), Leon Rippy (General West), John Diehl (Major Charles Kawalsky), Carlos Lauchu (Anubis), Djimon Hounsou (Horus), Erick Avari (Kasuf), French Stewart (Major Louis Ferretti), Gianin Loffler (Nabeh)

Oh Isis und Osiris !

In jedem Sciencefiction lässt sich das finden, worauf manche Filmliebhaber sich spezialisiert haben: so genannte Filmfehler. Hier gilt es zu unterscheiden, ob diese „Fehler“ Genre-immanent sind, das heißt einfach der dem Genre eigenen Phantasie geschuldet sind. Dann sind es keine Fehler im eigentlichen Sinn. Wenn jemand per Lichtgeschwindigkeit durch die Weiten des Alls saust, ist dies eine Annahme, die zwar nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen unmöglich ist, aber man kann sich mit dieser Annahme anfreunden unter der Voraussetzung, dass es künftig Möglichkeiten geben soll, die dies realistisch werden lassen. Anders verhält es sich, wenn unter Akzeptanz solcher Genre-eigenen Annahmen die innere Logik, die sich darauf aufbaut, arg zu wünschen übrig lässt. Genau dies ist der Fall bei Roland Emmerichs (zuletzt „Godzilla“, 1998; „Der Patriot“, 2000) „Stargate“. Nicht die dort gemachte Annahme eines Sternentors, durch das man in Null-Komma-Nix in ferne Galaxien reisen kann, ist ein Filmfehler. Viel schlimmer: Der ganzen darauf aufbauenden Geschichte mangelt es an innerer Logik und Glaubwürdigkeit. Die ganz netten Bilder über einen fernen Planeten mit Pyramiden, Wüsten, Kamelen der besonderen Art und so weiter können darüber nicht hinwegtäuschen.

Der Vater der Wissenschaftlerin Catherine Langford (Viveca Lindfors) hatte 1928 in Ägypten einen merkwürdigen Fund gemacht, der viel später, in der Gegenwart, als Sternentor identifiziert wird. Allerdings können Wissenschaftler und Militärs die Zeichen nicht deuten, und so engagiert Langford den wegen seiner Theorien bei Kollegen nicht besonders angesehenen Ägyptologen Daniel Jackson (James Spader, der in dieser Rolle unübersehbar wie John Lennon aussieht). Er kann die Zeichen auf dem riesigen aus Steinen bestehenden Kreis deuten. General West (Leon Rippy) rekrutiert Colonel O’Neill (Kurt Russell), um mit Jackson, Major Kawalsky (John Diehl) und einigen anderen Soldaten das nun „in Gang gesetzte“ Stargate zu durchschreiten. Der Auftrag lautet: Das Stargate vernichten, sofern sich am anderen Ende Sicherheitsrisiken finden, die dies notwendig machen.

Der „Ausflug“ beginnt, und Jackson, O’Neill und die anderen landen auf einem fernen Planeten in einem altertümlich anmutenden Bauwerk. Vor ihnen liegt eine riesige Wüste. Jackson stößt auf eine Art „modifiziertes“ Kamel, dann auf eine Stadt und ihre Einwohner, die wie Bewohner irgendeines nordafrikanischen Landes aussehen und leben. Die Erdbewohner treffen auf deren Anführer Kasuf (Erick Avari), dessen Sohn Skaara (Alexis Cruz) und die schöne Sha’uri (Mili Avital), später dann aber auch auf den Sonnengott Ra (Jaye Davidson) in der Hülle eines Jünglings und seine zu Kampfmaschinen ausgebauten Getreuen. Ra hält die Einwohner als Sklaven. Er war vor Jahrtausenden durch das Stargate hierher gelangt und führt eine strenge Herrschaft. Die Eindringlinge will er vernichten, die Sklaven bestrafen, weil sie ihnen behilflich sind, und am Ende steht der übliche Kampf Gut gegen Böse ...

An dieser Geschichte stimmt von vorne bis hinten nun absolut gar nichts. Auch wenn der erste Teil des Streifens bis zur Ankunft auf dem fernen Planenten noch ganz passabel und spannend inszeniert ist, muss man Emmerich und Devlin als Drehbuchautoren doch fragen: Welcher Gaul um alles in der Welt ist dann mit ihnen durchgegangen? Nehmen wir Ra, der aussieht wie eine Mischung aus Pharao und androgynem Jüngling, mit dunkler, verzerrter Stimme spricht und angemalt ist, als wenn er demnächst in einer Show auftreten würde. Ra hat technologische Möglichkeiten, die weit über die der Menschen auf der Erde hinausgehen. Immerhin ist er vor zig tausend Jahren (oder wann auch immer) durch ein Stargate hierher gekommen. Seine Männer tragen moderne Waffen, er besitzt Kampfflugzeuge, wie sie Luke Skywalker sich wünschen würde, seine Pyramide ist ein riesiges Raumschiff und so weiter – aber er benötigt Sklaven!! Wozu?? Noch dazu Sklaven, die wie Beduinen leben. Was um alles in der Welt ist der Sinn dieser Sklaverei?? Ra ist Gott. Gott ist allmächtig. Was will der Mann, ein Gott, auf diesem einsamen Planeten? Ganz einfach: Er wartet, dass auf Erden jemand ein Drehbuch schreibt, das ihm mehr Schwung in sein Leben bringt.

Amerikanische Soldaten und ein wissensdurstiger Wissenschaftler treffen auf einem fremden Planeten ein. Was würde man nach einer solchen Reise mit Lichtgeschwindigkeit empfinden? Nicht viel, wenn man dem Plot Glauben schenkt. Colonel O’Neill denkt nur an seinen Auftrag, das Stargate zu zerstören – was möglicherweise seinen Tod bedeutet, weil ihm die Rückkehr zur Erde damit verwehrt ist –, und die Einwohner der fremden Stadt haben nichts besseres zu tun, als Jackson eine Frau, nämlich Sha’uri, anzubieten. Welcher Mann wollte da nicht auch einmal ... Aber das gehört nicht hierher.

Dass das alles dann in einem kampfbetonten Finale Gut gegen Böse enden muss, liegt auf der Hand: Der ruchlose Sonnengott explodiert im All, die Soldaten kehren zur Erde zurück und Dr. Jackson lässt alle Wissenschaft (vorerst?) hinter sich, um mit Sha’uri glücklich zu werden. Kurt Russel und James Spader tun vor diesem Hintergrund noch ihr Bestes, Spader hat einige komische Szenen, Russell spielt einen hartgesottenen Kerl mit weichem Kern. Aber das reißt diesen Film nicht mehr aus den Tiefen heraus, in die er sich begeben hat.

Oh, ihr Götter!