Tatis Schützenfest (1949)
Die Ferien des Monsieur Hulot (1953)
Mein Onkel (1958)
Tatis herrliche Zeiten (1967)





Tatis Schützenfest
(Jour de fête)
Frankreich 1949, 77 Minuten
Regie: Jacques Tati

Drehbuch: Jacques Tati, Henri Marquet
Musik: Jean Yatove
Director of Photography: Jacques Mercanton, Jacques Sauvageot
Montage: Marcel Morreau, Sophie Tatischeff (Farbversion)
Produktionsdesign: René Moulaert

Darsteller: Jacques Tati (François, der Briefträger), Guy Decomble (Roger), Paul Frankeur (Marcel), Santa Relli (Rogers Frau), Maine Vallée (Jeannette), Roger Rafal (Friseur)

„Er ist ein wandelndes Wollen
und Zögern, sein Sein ist Diskretion.
Aber natürlich ist diese Leichtigkeit,
mit der Monsieur Hulot die Welt
berührt, genau die Ursache aller
Katastrophen, denn sie folgt nie
den Regeln des Anstands und der
sozialen Wirklichkeit. Monsieur
Hulot besitzt das Genie der
Ungelegenheit. Das heißt aber nicht,
dass er linkisch oder ungeschickt
wäre. Er ist im Gegenteil die
Grazie selbst, ein Traumwandler,
und die Unordnung, die er verursacht,
ist die der Zärtlichkeit und der Freiheit.”
(André Bazin, frz. Filmkritiker)

In seinem ersten Spielfilm war Tati noch kein Monsieur Hulot, oder sagen wir: er war es „nur” in Ansätzen. Der zunächst als Schwarzweißfilm in den Kinos gezeigte Film wurde Jahre später u.a. von Tatis Tochter Sophie Tatischeff durch die restaurierte ursprüngliche Farbfassung ersetzt. 20 Jahre nach Tatis Tod kam diese Fassung in die Kinos.

In „Tatis Schützenfest” feiert Tati, der den Briefträger François spielt, die französische dörfliche Gemeinschaft – mit kritischer Sympathie, mit Leidenschaft, Liebe, aber ohne in idyllische Fahrwasser zu geraten. Schon hier zeigt sich Tatis Distanz zur Stadt, zu modernen Technologien, zu festgefügten Ordnungen, zu vermeintlich planbaren Abläufen.

Die Einwohner von Saint Sévère erwarten zum alljährlichen Schützenfest u.a. auch eine Schaustellertruppe mit Attraktionen aller Art. Alle sind in Hektik, nur die weise, alte bucklige Frau mit ihrer Ziege an der Leine bleibt gelassen und beobachtet, erzählt von diesem und von jener. Sie kennt hier jeden. Wir treffen auf den griesgrämigen Wirt der Dorfkneipe, einen schielenden Einwohner, vornehme Leute, und natürlich auf François, den schlaksigen Briefträger mit den viel zu kurzen Hosen, einem Schnauzer und den unter seiner Postbotenkappe hervor blinzelnden bauernschlauen Augen. Viele Szenen dieses Films haben Slapstick-Charakter, etwa wenn mit Hilfe von François der Fahnenmast für das Schützenfest aufgestellt werden soll, wenn er später vor einem Bauern prahlt, er habe dafür gesorgt, dass der Mast zum Stehen gebracht wurde – und prompt in eine Grube fällt. Oder wenn er des nachts betrunken samt Fahrrad durch die Dunkelheit torkelt, einen Zaun mit seinem Drahtesel verwechselt und kopfüber in einer Hecke landet, wo ihn ausgerechnet die Biene wieder belästigt, die ihm auch tagsüber bei der Arbeit zu schaffen macht.

Während des Schützenfestes zeigen die Schausteller einen Film über moderne Methoden der Postzustellung in den Vereinigten Staaten: Briefträger werden dort von Flugzeugen durch die Lüfte gezogen, um schneller zu sein als andere. Was die Amerikaner können, könne die Franzosen schon lange, meint François – und fortan radelt er durch die Gegend wie ein wild gewordener Stier – schneller als die Radrennfahrer, die er locker hinter sich lässt –, klemmt einen Brief auch schon mal unter den Schwanz einer Kuh oder steckt ihn auf eine Mistgabel. Anfangs belächelt von seinen Mitbewohnern, geht denen François Hektik bald auf die Nerven.



Die Ferien des Monsieur Hulot
(Les Vacances de M. Hulot)
Frankreich 1953, 83 Minuten
Regie: Jacques Tati

Drehbuch: Henri Marquet, Jacques Tati
Musik: Alain Romans
Director of Photography: Jacques Mercanton, Jean Mousselle
Montage: Suzanne Baron, Charles Bretoneiche, Jacques Grassi
Produktionsdesign: Roger Briancourt, Henri Schmitt

Darsteller: Jacques Tati (Monsieur Hulot), Nathalie Pascaud (Martine), Michéle Rolla (Die Tante), Valentine Camax (Engländerin), Louis Perrault (Fred), André Dubois (Kommandant), Lucien Frégis (Hotelbesitzer), Raymond Carl (Ober), René Lacourt (Spaziergänger), Marguerite Gérard (Spaziergängerin)

Zum ersten Mal spiel Tati in diesem Film die Kultfigur des Monsieur Hulot, den Mann mit den zu kurzen Hosen, den eigenartigen Bewegungen, einen freundlichen, hilfsbereiten, jedoch ständig mit der Tücke der Objekte kämpfenden Mann. Hulot ist kein ungeschickter Tölpel, kein Dummkopf. Ungelegen ist wirklich der treffende Begriff für diesen Menschen, der hier noch nicht mit den Objekten und Szenarien der Postmoderne zu kämpfen hat, sondern sich „einfach” in den Ferien in einem Badeort in verschiedenste Dinge und Situationen verstrickt. Hulot kommt ungelegen und verhält sich ungelegen

Er fährt ein Auto aus den 20er Jahren. Man kann kaum glauben, dass dieses krachende, knatternde Gefährt überhaupt fahrtüchtig ist. Im Hotel de la Plage treffen wir auf ein älteres Paar aus der Schweiz, die ihr Vergnügen ausschließlich darin finden, spazieren zu gehen: er immer fünf Schritte hinter ihr; auf eine junge hübsche Frau, die einem der damaligen Modejournale entsprungen zu sein scheint; auf einen misstrauischen, manchmal auch missmutigen Kellner, der sich über merkwürdige Fußspuren (natürlich die von Hulot) wundert; einen Ex-General, der sich in den Ferien so bewegt wie bei der Armee; auf eine freundliche englische Urlauberin – und viele andere. Es herrscht ausgelassene Stimmung. Die Sonne scheint, das Meer reizt, Ruhe und Freude beherrschen die Szenerie. Und mittags und abends läutet die Glocke des Restaurants und ruft alle Gäste zusammen.

Durchbrochen wird diese Idylle allerdings von den kleineren und größeren Missgeschicken, in die natürlich vor allem Monsieur Hulot verstrickt ist. Hulot ist an allem interessiert, neugierig in einem durchaus positiven Sinn. Zu den Höhepunkten des Films, in dem Slapstick ganz in der Tradition des Stummfilms eine große Rolle spielt, gehören Szenen wie die, in der Hulot zwei Pfadfinderinnen einen schweren Rucksack zu ihrer Hütte trägt. Als er von den Anwesenden als Dank einen Schnaps bekommt und mit ihnen zusammen anhebt, den Kopf nach hinten schwenkt, reißt ihn der Rucksack rückwärts zur Tür hinaus. Wir sehen Hulot als Tennisspieler mit einer besonders seltenen Art des Aufschlags, gegen den allerdings niemand etwas ausrichten kann. Dann beobachten wir ihn im Kanu, das plötzlich in der Mitte zusammenklappt und Hulot zu verschlingen scheint, später auf einer Beerdigung, auf der sein Ersatz-Autoschlauch (der – nass geworden – von Laub beklebt ist) mit einem Kranz verwechselt wird.

Zu den Höhepunkten zählt sicherlich Hulots unfreiwilliges Feuerwerk am Strand, seine Jagd nach den Raketen und seine Flucht vor ihnen.

Bereits in „Les Vacances de Monsieur Hulot” treibt Tati sein Spiel mit den Widersprüchen der kleinbürgerlichen Welt, die er später in „Playtime”, „Mon Oncle” und auch „Trafic” um die sich für modern haltende neue Kleinbürgeridylle ergänzt.



Mein Onkel
(Mon oncle)
Frankreich 1958, 110 Minuten
Regie: Jacques Tati

Drehbuch: Jacques Lagrange, Jean L’Hôte, Jacques Tati
Musik: Franck Barcellini, Alain Romans, Norbert Glanzberg
Director of Photography: Jean Bourgoin
Montage: Suzanne Baron
Produktionsdesign: Henri Schmitt

Darsteller: Jacques Tati (Monsieur Hulot), Jean-Pierre Zola (Monsieur Arpel), Adrienne Servantie (Madame Arpel), Lucien Frégis (Monsieur Pichard), Betty Schneider (Betty), Jean-François Martial (Walter), Dominique Marie (Nachbarin), Yvonne Arnaud (Georgette, Dienstmädchen), Adelaide Danieli (Madame Pichard), Alain Bécourt (Gerald Arpel)

Selten ist in einem Film die Trennung der Welt in einen lebendigen, lebenslustigen und einen „gereinigten”, sterilen, lustfeindlichen, rationalistischen Teil derart schlagend und überzeugend in Szene gesetzt worden wie in „Mon Oncle”. Tati spielt Hulot als Onkel des kleinen Gérard, dessen Eltern, Monsieur und Madame Arpel (in grandioser Pose: Jean-Pierre Zola und Adrienne Servantie), in einem supermodernen, vollautomatisierten Haus leben, in dem Sauberkeit und Kälte, Ordnung und Monotonie die wichtigsten Rollen spielen. Ein wasserspeiender Blechfisch wird nur bei „wichtigem” Besuch angestellt. Die Küchengeräte verrichten alle Hausarbeit fast von alleine. Ein vollautomatisches Garagentor hat die gleichen runden Bullaugen-Fenster wie das Schlafgemach der Arpels. Ein efeuähnliches Gewächs rankt sich wie festgenagelt und in Form eines Kerzenständers an einer Blechwand hoch. Der Garten des Hauses besteht aus Beeten, in denen sich zumeist Steine und vereinzelt Zierbäumchen befinden. Ein Weg schlängelt sich vom hermetisch verschlossenen Tor zum Haus. Keiner darf diesen Weg verlassen

Madame Arpel, im grünen Morgenmantel, putzt und putzt und putzt ... auch das von Monsieur gesteuerte Auto, wenn der mit Sohn des morgens das Haus verlässt. Der Gatte arbeitet bei Plastac, einer Schlauchfabrik, die im Baustil sehr der Wohnung der Arpels ähnelt.

Hulot hingegen wohnt irgendwo anders, dort, wo die Welt noch in Ordnung, das heißt eben nicht in vollständiger Ordnung zu sein scheint: in einem alten verwinkelten Haus, in dem er, um zu seiner Dachwohnung zu kommen, erst einmal eine Treppe hinauf und um verschiedene Ecken herum laufen muss. Hulot wohnt im kleinstädtischen Milieu, das (im Film) durch eine verfallene Mauer und ein verrostetes Gitter von der hypermodernen Welt seiner Schwester und seines Schwagers getrennt ist. Der Hund der Arpels treibt sich tagsüber mit anderen Hunden im „alten” Milieu herum, und abends bringen ihn seine Freunde nach Hause. Aber auch Hund geht brav auf dem vorgeschriebenem Weg zum Haus.

Betritt Hulot die Welt der Arpels, scheint er verloren. Aber Tati spielt Hulot – wie immer – als einen Mann, der nicht aufgibt, sondern versucht, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden. Für Gérard ist sein Onkel die einzige Verbindung zur Wärme der anderen Welt. Die Arpels jedoch beschließen, dass Hulot eine feste Arbeit und die feste Hand einer Frau benötigt.

Zu den Höhepunkten des Films zählt Hulots verzweifelter Versuch, in der Schlauchfabrik sich den Gegebenheiten anzupassen. Dabei schläft er ein. Und kurze Zeit später produziert er statt Schläuchen wurstähnliche Plastikschlangen.

Ein anderer Höhepunkt: Madame Arpel lädt zur Gartenparty mit Monsieur Pichard, einem Kollegen ihres Mannes, samt Frau, der eingebildeten Nachbarin und einigen anderen Gästen. Die Nachbarin will Madame Arpel mit ihrem Bruder verkuppeln. Doch der legt sie versehentlich statt des Hundes an die Leine, die er an ihrem Ohrring befestigt. Jedenfalls endet die Party im Chaos und Madame Arpel steht am Schluss entsetzt vor ihrem Haus: „Mon jardin” ist das einzige, was sie noch herausbringt.

Trotz modernster Technik, pseudomodernem Schnickschnack – wie etwa einem Sofa, auf dem man nicht sitzen kann und das Hulot, praktisch wie er ist, eines Nachts umdreht, um darauf schlafen zu können –, und ebenso pseudomodernem Getue erweist sich diese Welt, die sich der Zeit weit voraus wähnt, als Reproduktion des alten kleinbürgerlichen Miefs in anderem Gewand.



Tatis herrliche Zeiten
(Playtime)
Frankreich 1967, 119 Minuten
Regie: Jacques Tati

Drehbuch: Jacques Lagrange, Art Buchwald, Jacques Tati
Musik: James Campbell, Francis Lemarque
Director of Photography: Jean Badal, Andréas Winding
Montage: Gérard Pollicand
Produktionsdesign: Eugène Roman

Darsteller: Jacques Tati (Monsieur Hulot), Barbara Dennek (junge Touristin), Billy Kearns (Mr. Schultz), Rita Maiden (Mr. Schultz Begleitung), Yves Barsacq (Hulots Freund), André Fouché (Restaurant-Chef), George Montant (Mr. Giffard), Erika Dentzler (Madame Giffard), John Abbey (Mr. Lacs), Michel Francini (erster Kellner), Nicole Ray (Sängerin), Valérie Camille (Mr. Lacs Sekretärin), France Delahalle (Verkäuferin), France Rumilly (Brillen-Verkäuferin)

Ebenso wie in „Mein Onkel” beschäftigt sich Tati in „Playtime”, der beim Publikum überhaupt nicht ankam und ein Misserfolg auf ganzer Linie wurde, mit der Stereotypie, Monotonie und dem Reglement der Moderne, die alle gleich macht, alles gleicht macht und diese quantitative Gleichheit auch noch feiert. In einer Zeit, Ende der 60er Jahre, in der der spätindustrielle Fortschrittsoptimismus seinen Höhepunkt erreicht hatte, mochte kaum jemand einem Mann folgen, der all das Erreichte gründlich und grundsätzlich in Frage stellte.

Tati zauberte eine Kulissenstadt mit Glasfassaden, modernen Möbeln und anderem Interieur – und den dazu gehörigen modernen Menschen, die mehr oder weniger stark durch dieses „Tativille” getrieben werden. Monsieur Hulot hat einen Termin mit einem gewissen Monsieur Giffard in einem dieser Glaspaläste mit langen Gängen und riesigen Zimmern. Gleichzeitig kommt am Flughafen eine Gruppe amerikanischer Touristen an, auf die Hulot später noch treffen wird. Schon diese ersten Szenen auf dem Flughafen vermitteln ein Bild, in dem sich Menschen einerseits den vordefinierten Pfaden anzupassen versuchen, andererseits ihr Unwohlsein deutlich wird, das nur niemand wirklich artikulieren will. Eine Krankenschwester bewegt sich fast wie ein Soldat durch die Räume, von einem Ticketverkäufer, den Tati von hinten filmen ließ, sieht man nur die tänzelnden Beine. Er sitzt auf einem Stuhl mit Rollen, um rasch von einer zur nächsten Person am langen Tresen zu gelangen. Was „oben” als genormter Bewegungsablauf erscheint, ergibt „unten” ein ganz anderes, fast künstlerisch gewobenes Bild, das an Ballett erinnert.

Hulot und Giffard laufen aneinander vorbei, suchen sich, finden sich nicht, und wenn sie sich treffen, treibt Hulots Neugier ihn z.B. in einen Fahrstuhl, der sich plötzlich nach oben bewegt. Giffard ist wieder weg. Für Hulot, immer leicht nach vorne gebeugt (seine Neugier auf diese merkwürdige Welt), von seinen Füßen jedoch stets zurückgehalten (Vorsicht, aber keine Angst) ist diese technisch überformte Welt ein Mysterium. Der Sessel, auf den er sich setzt, verursacht ein Geräusch beim Hinsetzen und Wiederaufstehen. Hulot drückt mit der Hand auf das Kunststoffpolster, das nachgibt und beim Loslassen wieder seine vorherige Form annimmt. Die Beine des Sessels sind zu kurz, Hulots Knie „zeigen” in Richtung Kinn. Doch Hulot versucht, sich solchen Situationen anzupassen. Aus dieser „Anpassungsleistung” entsteht die besondere Komik Tatis.

Bei der Suche nach Giffard – man weiß nicht, was er von ihm will, aber das ist Auch gar nicht wichtig – schaut Hulot von der Treppe aus in einen Raum, der mit quadratischen Kabinen bestückt ist, in denen irgendwelche Menschen irgendetwas tun – was, ist ebenfalls gleichgültig. Alles Tote – die Sessel, die Kabinen, ja auch der glatte Boden, auf dem Hulot ausrutscht – scheint ein Eigenleben zu haben, während die im Warteraum aufgehängten, großen Fotografien von Männern nichts von Lebendigkeit verkünden. Nur schrille Geräusche irgendwelcher Gegenstände und das Gemurmel von Personen durchbricht hier und da die Wortlosigkeit der Szenerie. Ein alter Portier versucht sich an der Schaltanlage des Gebäudes, aus der es piepst und brummt und an der Knöpfe leuchten. Er hat keine Ahnung, wie dieses Ding zu bedienen ist.

Hulot gerät in eine Ausstellung, wird von den amerikanischen Touristen in ein Restaurant getrieben und trifft einen alten Bekannten, dessen Wohnung von außen durch eine Art Schaufenster einsehbar ist. Alles kann beobachtet werden, die Passanten allerdings interessieren sich nicht dafür, was hinter der Glasscheibe geschieht. Nebenan verhalten sich die Menschen in einer gleichartigen Wohnung gleichartig. Sie haben die gleichen Stühle, den gleichen Fernseher, die gleichen Verhaltensweisen. Man hört nicht, was gesprochen wird. Nicht wichtig, denn was geschieht, ist nichts anderes als Ausdruck des scheinbar ewig Gleichartigen.

Erst im Restaurant, in das Hulot gerät, kommt allmählich so etwas wie Stimmung auf. Eine Stimmung, die dem Versuch gleicht, der Eintönigkeit zu entkommen. Als eine Jazzband aufspielt, geraten einige Gäste – endlich – aus der Fassung. Frauen flippen beim Tanzen aus, die Touristen amüsieren sich und trinken, eine Frau setzt sich ans Klavier, eine andere singt, Hulot reißt eine Verkleidung von der Decke, die Kellner werden – endlich – nachlässig, weil sie merken, dass das Geordnete einer organisierten Langeweile entspricht.

Die Objekte der Moderne scheinen den Menschen vorzuschreiben, was sie tun und zu lassen haben. In dieser Welt, in der „das Dorf”, das in den früheren Filmen Tatis eine große Rolle spielte, nur noch in Gestalt einer alten Blumenverkäuferin auf der Straße präsent ist, ist es schwieriger, nicht etwa leichter geworden, sich der Gleichmacherei, der Monotonie und der so genannten „Sachzwänge” zu entziehen. Individualität ist nicht gefragt. Das Geräusch einer Pfeffermühle, von Schuhen oder das der Sessel scheint das Lachen, Weinen, Sprechen von Menschen abgelöst zu haben. Doch wie der Löwenzahn, der sich durch den Asphalt zwängt, blühen hier und da zarte Pflänzchen, die Emotionalität verkünden.

Tati wäre nicht Tati, würde er diese Szenerie mit Boshaftigkeit oder Überheblichkeit skizzieren. Nein, das ist nicht seine Art. Seine Art ist die Komik der Situation, in der Mensch wie Objekt sich der Tücke verschrieben haben. Die Bilder dieses Films sind prall gefüllt mit Einzelheiten im Hintergrund wie im Vordergrund. Die Kamera fängt vieles ein, ohne sich zu bewegen. Wie kleine Gemälde, in denen sich viel zuträgt, erscheinen diese Bilder einer Moderne, die sich oft selbstgefällig affirmativ zunickt – wie der eitle Geck, der sich im Spiegel betrachtet und seinem Narzissmus freien Lauf lässt.


 

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