The One
(The One)
USA 2001, 87 Minuten
Regie: James Wong

Drehbuch: Glen Morgan, James Wong
Musik: Paul Linford, Trevor Rabin
Director of Photography: Robert McLachlan
Montage: James Coblentz
Produktionsdesign: David L. Snyder

Darsteller: Jet Li (Gabe Law / Gabriel Yulaw / Lawless), Carla Gugino (T. K. Law / Massie Walsh), Delroy Lindo (MVA-Agent Harry Roedecker), Jason Statham (MVA-Agent Evan Funsch), James Morrison (LAPD-Officer Bobby Aldrich), Dylan Bruno (Yates), Archie Kao (LAPD-Officer Woo), Richard Steinmetz (D’Antoni), Steve Rankin (MVA-Supervisor)

Kino am Gefrierpunkt

Die Welt besteht aus Maschinenhallen, moderner oder konventioneller Art, Feuer, Dampf, dämmrigem Licht und last but not least menschlichen Kampfmaschinen, denen wahlweise sozusagen Sticker mit der Aufschrift „gut“ oder „böse“ angenäht sind, wobei „Gut“ oder „Böse“ keine ethischen Komponenten mehr sind, weil es die in dieser von James Wong inszenierten Welt nicht mehr gibt. Warum? Weil es hier auch keine Menschen mehr gibt. Das, was als Menschen und deren Verhalten visualisiert wird, besteht in der Reduktion von lebendiger Wirklichkeit auf mechanische und in aller Plattheit des Geschehens zurückgeschraubte und eingeengte Bewegung biologisch anmutender Wesen. „The One“ ist – ungewollt – einer der Filme, die uns plastisch und drastisch den Unterschied zwischen Realität und Fiktion vor Augen führen, der unumstößliche Beweis für den faulen Zauber, den Betrug, die Schweinwelten, die wir tagein tagaus im Kino vorgeführt bekommen, ein 87 Minuten dauernder Spuk. Nur gibt es eben einerseits überzeugenden, phantastischen, emotional berührenden, phantasiereichen, zu Herzen gehenden, überwältigenden, tränenreichen, begeisternden Spuk und jenseits all dessen zum Beispiel „The One“.

Die Sciencefiction-Idee der Existenz mehrerer Universen ist nicht gerade neu. James Wong und Glen Morgan schrieben 125 solchen Parallelwelten in ihr Drehbuch und lassen ihre Kampfmaschinen auf das Publikum los. So kann man es wirklich bezeichnen. Einen „guten“ und einen „schlechten“ Jet Li lassen die beiden aufeinander treffen. Der „Böse“, Yulaw, hat entdeckt, dass sich durch Tötung der anderen „Versionen“ seiner selbst deren Lebensenergie auf die verbliebenen Exemplare aufteilt. 123 Parallelexistenzen hat er bereits ausgelöscht. Im Visier hat er nun den verbliebenen LAPD-Polizisten Gabe Law – den „Guten“ –, der von dem ganzen Zauber nichts weiß und von dem Angriff Yulaws (mehr oder weniger) überrascht wird. Yulaw selbst muss sich gleichzeitig dem Zugriff durch die beiden Multiversum-Agenten Roedecker (Delroy Lindo) und Funsch (Jason Statham) entziehen, die ihn in eine der Parallelwelten in eine Strafkolonie verbannen wollen. Alle Beteiligten „wechseln“ die Parallelwelten durch das sattsam bekannte „Beamen“: sie lösen sich auf, „rasen“ durch kosmische „Tunnels“, schwarze Löcher oder was auch immer und setzen sich „auf der anderen Seite“ wieder zusammen. Am Ende steht – wie könnte es anders sein – der alles entscheidende (aber was eigentlich entscheidende?) Zweikampf zwischen den fast gleich starken verbliebenen Exemplaren der Spezies Yulaw / Gabe Law.

Diese „Geschichte“ – wenn man von so etwas überhaupt sprechen kann – strotzt vor Unlogik. „The One“, der einzige, das soll wohl bedeuten, dass Yulaw eine quasi göttliche Macht im Zeitalter der Parallelwelten erlangen will. Aber warum? Selbst der böseste Bösewicht hat irgendein klitzekleines Motiv, um zu töten oder Ziele zu erreichen. Nicht so Yulaw. Und mit gottähnlichem Gehabe hat der ganze Spuk ebenfalls nichts zu tun, wenn man sich vergegenwärtigt, was einen (guten wie bösen) Gott – welchen auch immer – ausmacht. Yulaw hingegen will „einfach“ nur töten, Allmacht und alles 125-fach-Irdische vernichten. Warum? Nun ganz einfach: „The One“ hat kaum auch nur den Hauch einer Erzählung, „The One“ ist eher eine Art Sportveranstaltung. Eigentlich fehlt dem Film dazu nur der warme Händedruck zwischen dem geklonten Jet Li nach dem Showdown auf dem Siegerpodest. Diese Quasi-Sportveranstaltung presst James Wong in ein Sciencefictionkleid, verziert mit ein paar Klischees und Fragmenten von Ideen.

„The One“ fehlt folglich nicht nur alles, was einen guten Kinofilm ausmacht; ihm mangelt es an allem, was einen Film überhaupt kennzeichnet: Geschichte, Charaktere, Logik, Motivation, Emotionalität. Dass Wong und Morgan dies durch Kampfszenen, die zudem durch schlechte digitale Bearbeitung teilweise ins Lächerliche abgleiten (besonders im Showdown, als Jet Li gegen sich selbst antritt, und die digitale Überarbeitung mehrfach deutlich zu sehen ist), kompensieren könnten, haben sie wahrscheinlich nicht einmal selbst geglaubt. „The One“ ist schlicht ein lustloser Film: lustlos gemacht und lustlos in seiner Wirkung. Nicht einmal die Möglichkeiten, die sich aus der Grundidee parallel existierender Welten ergeben könnten, interessierte die Macher. Selbst diese Idee dient ausschließlich dazu, zwei kaum lebendige Kampfmaschinen aufeinander zu jagen.

Eben Kino am Gefrierpunkt.

© Bilder: Sony Pictures Entertainment