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Das Boot (Intern. Titel: The Boat) Deutschland 1981, 149 Minuten (Director’s Cut: 216 Minuten) Regie: Wolfgang Petersen
Drehbuch: Wolfgang Petersen, nach dem Roman von Lothar-Günther Buchheim Musik: Klaus Doldinger Director of Photography: Jost Vacano Montage: Hannes Nikel Produktionsdesign: Rolf Zehetbauer
Darsteller: Jürgen Prochnow (Kapitänleutnant Henrich Lehmann-Willenbrock), Herbert Grönemeyer (Lt. Werner), Klaus Wennemann („Der Leitende“ Fritz Grade), Hubertus Bengsch (Erster Leutnant), Martin Semmelrogge (Zweiter Leutnant), Bernd Tauber (Kriechbaum), Erwin Leder (Johann), Martin May (Ullmann), Heinz Hoenig (Hinrich), Uwe Ochsenknecht (Chief Bosun), Otto Sander (Thomsen), Günter Lamprecht (Kapitän der „Weser“)
Unser Boot
Fast ein Vierteljahrhundert, scheint es, war Wolfgang Petersens „Das Boot“ nach dem Roman Lothar-Günther Buchheim „unser Film“, bevor „Der Untergang“ dieses Prädikat übernehmen sollte – ein Film über das „Dritte Reich“ aus der Enge eines U-Boots, in technischer und dramaturgischer Brillanz gedreht, Petersens Eintrittskarte in Hollywood, ein Film, den man „uns Deutschen“ kaum zugetraut hätte, ein Film, der den Maßstäben des Hollywood-Kinos entsprach, ein Film, den selbst der bekannte amerikanische Filmkritiker Roger Ebert als Antikriegsfilm einstufte, dessen großartige schauspielerische Leistungen allerorts gelobt wurden und so weiter und so fort. Schäme sich der, der auch nur ein Fünkchen Kritik an diesem Meisterwerk äußert?
Der Schluss des Films, der Moment, in dem fast alle Besatzungsmitglieder des U-Boots in La Rochelle bei einem Luftangriff getötet werden, scheint zu der Frage zu zwingen: Wofür sind sie gestorben? Und der Anfang des Films, ein feucht-fröhliches Männerbeisammensein vor dem Auslaufen (Motto: Erst ordentlich einen tanken, dann auslaufen), scheint dieses Wofür sogar durch seinen Anti-Hitler-Touch zu bestätigen, als der Marinesoldat Thomsen (Otto Sander) in volltrunkenem Zustand das Mikrophon ergreift und den versammelten und zumeist torkelnden Kameraden zuruft: „Unser herrlicher, wertgeschätzter abstinenter und unbeweibter Führer, der in glorreicher Karriere vom Malerlehrling zum größten Schlachtenlenker aller Zeiten ... stimmt’s etwa nicht?“ ... „Also, der große Flottensachverständige, der unübertroffene Seestratege, dem es gefallen hat, in seinem unermesslichen Ratschluss ... wie geht’s ’n weiter?“
Die aussagekräftige Klammer des Films scheint zu funktionieren. Eine Anti-Hitler-Koalition der besonderen Art, sozusagen eine unter Wasser, scheint sich zusammen zu schmieden. Eine Männergemeinschaft scheint entschlossen, ja, aber zu was?
Im Herbst 1941 müssen die Marine-Verantwortlichen zur Kenntnis nehmen, dass Churchill sich durch die deutsche U-Boot-Flotte nicht in die Knie zwingen lässt. Immer jüngere Soldaten werden in die U-Boote abkommandiert. Am Ende des Krieges wird selbst 20jährigen ein Kommando auf U-Booten erteilt. 1945 steht fest: 30.000 der 40.000 Männer in deutschen U-Booten sind bei ihren Einsätzen ums Leben gekommen.
Kapitänleutnant Lehmann-Willenbrock (Jürgen Prochnow) – genannt der Kaleu (Kapitänleutnant) – und seine 50 Marinesoldaten gehen zu Wasser. Sie sollen im Atlantik mit der U-96 nach feindlichen Schiffen fahnden. Mit an Bord sind u.a. der Kriegsberichterstatter Werner (Herbert Grönemeyer), Lehmanns Stellvertreter Fritz Grade (Klaus Wennemann), der am liebsten nach Hause zu seiner schwer kranken Frau möchte, der erste Offizier (Hubert Bengsch), der einzig 150%ige Nazi an Bord und der leicht zynische zweite Offizier (Martin Semmelrogge). Bei einem Manöver gegen feindliche Schiffe wird die U-96, nachdem sie Torpedos abgeschossen hat, von einem Zerstörer in arge Bedrängnis gebracht. Lehmann lässt das U-Boot immer tiefer tauchen, 150 Meter und mehr; das Boot droht zu zerbersten. Erst nach etlichen Stunden wagt Lehmann es, wieder aufzutauchen – und schießt auf ein brennendes feindliches Schiff erneut einen Torpedo ab. Erst danach bemerken die Besatzungsmitglieder, dass sich an Bord des beschossenen Schiffs noch Lebende befinden, die allesamt umkommen.
Nach der Rückkehr der U-96 erhält Lehmann den Auftrag, durch die Meerenge von Gibraltar in den italienischen Hafen La Spezia einzulaufen – ein mörderisches Unternehmen. Lehmann will die nur sechs Kilometer breite Meerenge, die von englischen Schiffen natürlich stark kontrolliert wird, bei Nacht anlaufen, dann tauchen, die Motoren abstellen in der Hoffnung, die Strömung treibe die U-96 ins Mittelmeer. Doch das Boot wird von einem feindlichen Flugzeuggeschwader entdeckt, beschossen und sinkt bis auf eine Tiefe von 260 Metern. Wasser dringt durch die platzenden Wände ein. Lehmann allerdings gibt nicht auf. Zum Glück setzt das Schiff vor einem weiteren Absinken auf. Nach den notwendigen Reparaturen und dem Ausschaffen des Wassers sieht Lehmann nur noch eine Chance, das Boot wieder flott zu machen, sprich aufzutauchen ...
Ein typisch deutscher Film? Ja und Nein. Petersen orientierte sich vor allem an der Art und Weise, wie Hollywood solche (Kriegs-)Filme inszeniert. Und vieles an „Das Boot“ erinnert tatsächlich in Machart wie Aussage an bekannte US-Kriegsfilme. Man könnte sogar andererseits sagen, dass „Das Boot“ einige spätere US-Filme geradezu inspiriert hat, etwa „Pearl Harbor“, auch wenn dieser Film auf wesentlich weiter entwickelte technische Möglichkeiten zurückgreifen konnte. Die Frage, die sich mir stellt, ist eher: Wozu dieser Film? Buchheim verarbeitete in seinem Roman eigene Kriegserlebnisse als Kriegsberichter in U-Booten und war mit der filmischen Umsetzung durch Petersen in verschiedenen Punkten nicht einverstanden. Da ich sein Buch nicht kenne, erspare ich mir, auf diese Kritikpunkte hier einzugehen (1).
Was zeigt Petersen? Zunächst einmal und ganz überwiegend zeigt er eine: Männergemeinschaft. Diese Männergemeinschaft, gekennzeichnet durch das, was man gemeinhin als „Kameradschaft“ tituliert, und durch eine klare hierarchische Struktur, präsentiert einen Kapitänleutnant, der durch Jürgen Prochnow als eine Art Vaterfigur, also eine Person, die in jeder Hinsicht durch Verantwortung und Zuneigung für seine Untergebenen gekennzeichnet ist, dargestellt wird. Diese Interpretation des U-Boot-Kommandanten durchzieht den gesamten Film. Und viele, auch ich übrigens beim ersten Sehen des Films vor etlichen Jahren, werden durch die Art und Weise, wie Prochnow diesen Mann spielt, tief beeindruckt gewesen sein. Inwieweit Prochnow speziell aus diesem Gesichtspunkt heraus für die Rolle ausgewählt wurde, kann ich nicht sagen. Er präsentiert uns diese Rolle jedenfalls durchweg als das, was man gemeinhin „Sympathieträger“ zu nennen pflegt. Mit dieser Darstellung ist die halbe Ernte des Films bereits eingefahren. Damit korrespondiert eine Besatzung, die – bis auf den überzeugten Hitler-Anhänger, den ersten Offizier, dessen ideologischer Fanatismus allerdings zum Schluss des Films hin auch eher bröckelt – „ihrem“ Kaleu treu ergeben ist – wie eine Kinderschar, die auf Papa hört, geeint in ihrer kritischen Distanz zu Marineführung und Hitler.
Neben Kameradschaft und „väterlicher“ Befehls- und Gehorsamsstruktur tritt ein Drittes: Ideologie. Gerade die mehr oder weniger scharfe Distanz der Besatzung und ihres Kommandeurs zum Nationalsozialismus – der erste Offizier ist in dieser Hinsicht „kalt gestellt“, sprich: hat keinen Einfluss auf die Truppe – scheint eine ideologiefreie Atmosphäre an Bord zu implizieren, obwohl man sich fragen muss, ob es in den U-Booten damals wirklich so wenig überzeugte NS-Anhänger gegeben haben mag. Dazu trägt auch bei, dass – außer bei einem kurzen Aufenthalt beim Heil-Hitler-posaunenden Kapitän der „Weser“ (Günter Lamprecht)– das politisch destruktive und skrupellose nazistische Milieu der Zeit ganz überwiegend außen vor scheint. Alles konzentriert sich auf den Zusammenhalt der Besatzung gegenüber den Risiken im Atlantik und bei Gibraltar. Also doch ideologiefrei? Keineswegs.
Petersen unterlässt es, wie in amerikanischen Militärschinken üblich, mit schwammigen Begriffen wie Ehre, Pflicht und Vaterland um sich zu werfen und fokussiert ganz auf die klaustrophobische Umgebung und das Verhalten einzelner Besatzungsmitglieder. Und gerade hier wird der Film – gewollt oder nicht – eben doch ideologisch.
Man mag einwenden, ein väterlicher Kommandeur sei immer noch besser als ein skrupeloser nazistischer Haudegen, der seine Männer in die Vernichtung führt. Aber dieses Argument trügt. Denn gerade dadurch, dass Petersen Abstand von solchen Verhältnissen nimmt, reproduziert er die Ideologie von „Kameradschaft“, Pflichtgefühl und Ehre in einer scheinbar neutralen Weise. Die Bilder des Films sprechen in dieser Hinsicht Bände. Über weite Strecken – vor allem im Director’s Cut ging mir dies allmählich auf die Nerven – sieht man ängstliche Gesichter von Männern, die sich aber dennoch zusammenreißen, die Ruhe bewahren (der Kaleu ermahnt sie dessen mehrfach), wie sie nach oben schauen, von wo aus die Gefahr naht, hört beschwichtigende Worte des Kaleu, sieht Prochnow leise lächeln, voller Zuversicht angesichts des Zusammenhalts der Truppe, sieht den unterwürfigen Gehorsam seiner Männer usw. Mehrfach eingeblendet wird ein Foto des Großadmirals Dönitz, den Hitler kurz vor seinem Tod zum Reichspräsidenten ernannte – einer jener typischen stockkonservativen Militärs, die nie hinter der Weimarer Demokratie standen. Noch am 1. Mai 1945 forderte er über den Rundfunk die kämpfende Truppe zum weiteren Krieg gegen „den Osten“ auf: „Im Bewusstsein der Verantwortung übernehme ich die Führung des deutschen Volkes in dieser schicksalsschweren Stunde. Meine erste Aufgabe ist es, deutsche Menschen vor der Vernichtung durch den vordrängenden bolschewistischen Feind zu retten. Nur für dieses Ziel geht der militärische Kampf weiter.“ Sieben Tage später ließ Dönitz durch Jodl die bedingungslose Kapitulation unterschreiben.
Zurück an Bord: Als dort dann doch einer – Johann (Erwin Leder) – die Nerven nach einem Angriff verliert, zieht der Kaleu die Pistole, während Grade und zwei andere den entnervten Johann, der seinen Gefechtsstand verlassen hat, schützen und den Kaleu daran hindern, ihn wegen Befehlsverweigerung zu erschießen. Der Kaleu begreift schnell und lässt von seinem Vorhaben ab. Später entschuldigt sich Johann, der Angst vor dem Kriegsgericht hat, bei ihm und der Kaleu schaut ihn ruhig, milde gestimmt und väterlich an. Die Sache ist erledigt.
Was sehen wir also? Wir sehen, wie im Film die Grundvoraussetzung von Kampfbereitschaft und militärischem Gehorsam entwickelt wird. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Petersens Film in keinem Punkt von US-amerikanischen Kriegsfilmen, die die „Kameradschaft“ feiern. Diese Ideologie der Männergemeinschaft, deren Ausdruck militärische Kameradschaft ist, ist aber ein Produkt der noch zivilen Gesellschaft und Grundvoraussetzung auch heutiger militärischer Einsatzbereitschaft. Man mag das für banal halten. Aber letztlich liegt hier ein wichtiger Grund, warum Krieg überhaupt funktioniert. Das Wesen der Kameradschaft ist nicht Freundschaft, sondern eiserne Disziplin im Hinblick darauf, jederzeit auch unter eigener Lebensgefahr für den anderen einzustehen, ohne nach dem Zweck dieses Bündnisses noch zu fragen. Verkauft man dieses Prinzip in der Weise, wie im Film geschehen, durch die Präsentation eines Kommandanten, der geradezu väterliche Züge in Bezug auf seine Truppe und das Element des gnadenvollen Verzeihens in sich trägt, wird es umso überzeugender, zumal man von der NS-Ideologie Abstand genommen hat.
Auch die an einigen Stellen eingebauten Szenen, in denen ein Soldat Briefe an seine Braut schreibt bzw. Grade verzweifelt an seine todkranke Frau denkt, ändern nichts an meiner oben dargestellten Sicht. Diese Szenen kaschieren nicht etwa irgend etwas. Mit der „Kameradschaft“ in der Ferne oder Fremde korrespondiert vielmehr dieser Blick auf die „Heimat“, für die man Opfer bringt. Etwas ähnliches gilt auch für die Figur des Berichterstatters Werner. Grönemeyer wurde die Funktion des Soldaten zuteil, der erst im Kampf unter Wasser richtig begreift, was Krieg eigentlich ist. Und selbst der NS-gestählte zweite Offizier ist am Ende tief beeindruckt vom Männerbund, den der Kaleu anführt.
Es ist – um es noch einmal zu betonen – diese Männerbündelei, diese internalisierte, aber eigentlich fremden Zwecken dienende Kameradschaftsideologie, die neben anderen Dingen Krieg erst möglich macht; sie wird auch in „Das Boot“ „leise“ gefeiert. Man stelle sich den gleichen Film vor, aber ausschließlich mit Frauen in den Rollen. Das ist schlichtweg nicht vorstellbar. Kennzeichen einer solchen „Kameradschaft“ ist es eben, nach den Gründen nicht mehr zu fragen, die die Truppe zum Einsatz bringt. Derlei militärische Einheiten können letztendlich für fast jeden Zweck eingesetzt werden. Gerade ihre scheinbare Entideologisierung – nur „das Vaterland zu verteidigen“ bleibt als letzter, aber eben entscheidender Rest – schafft ihre Einsatzbereitschaft. Das in diesem Bezugsystem die Kapitulation oder das Überlaufen zum Feind, also Desertieren, keine Alternative ist, ergibt sich zwingend aus der vaterländischen Männerbündelei. Man beachte, wie viele Jahrzehnte nach 1945 Deserteure der Wehrmacht auch weiterhin verunglimpft wurden, bis endlich an wenigen Orten in der Bundesrepublik Deutschland auch ihnen positiv gedacht wurde.
Man vergleiche schließlich „Das Boot“ etwa mit Kubricks „Full Metal Jacket“, in dem diese auf amerikanische Soldatenschmieden zugeschnittene Männerbündelei im ersten Teil des Films gnadenlos bloßgestellt und im zweiten Teil jegliche Kriegsideologie und -wirklichkeit ebenso gnadenlos dekonstruiert wird. Gerade „Das Boot“ zeigt unmissverständlich, dass ein Anti-Kriegs-Film letztlich gar nicht nur im Krieg spielen könnte, sondern in einer Gesellschaft beginnen müsste, die Kriegsbereitschaft erzeugt, zeigen müsste, wie sie diese erzeugt.
Petersen erzeugt Helden, die sich im Kampf bewähren und die am Schluss dennoch nur der Tod erwartet. Die damit verbundene Spekulation ist Rettung des Kameradschaftsgedankens angesichts der nazistischen „Verunreinigung“ dieser „Idee“. Es käme vielleicht eher darauf an, Helden zu zeigen, die sich nicht im Kampf bewähren, sondern in dessen Verhinderung.
(1) Vgl. Buchheims Kritik in Auszügen. Die gesamte Kritik ist zu finden in GEO 10/1981 unter dem Titel „Die Wahrheit blieb auf Tauchstation“.
Zu meiner Rezension über „Das Boot” erreichte mich folgende Leserzuschrift vom 28.4.2006 von Simon Koch, die ich so interessant finde, dass ich mich entschlossen habe, sie hier vollständig abzudrucken:
Hallo, sicherlich haben Sie schon Hunderte von Zuschriften bekommen über Ihre Filmkritiken. Ich hätte hier noch ein paar Gedanken zu Ihrer Kritik an "Das Boot".
Die Grundüberlegung, das alles auf Männerbündeleien zurückzuführen, ist sehr interessant, überzeugt aber nicht so richtig. Zu allererst ist es schon lange widerlegt, dass dies unter Frauen nicht funktionieren sollte und diese die Gefolgschaft im Krieg verweigern würden. Sie weisen ja selbst darauf hin, das diese Männerbündelei "internalisiert" werden muss. Also anerzogen werden muss. Frauenbündelei funktioniert nicht, weil in westlichen Industriestaaten dieses Bild "Frau kämpft nicht an Waffe" lange in das Unterbewusstsein eingehämmert wird. Das war auch der Grund warum amerikanische Soldaten in Vietnam nicht auf Frauen schießen konnten.
Vietnamesinnen konnten aber problemlos auf amerikanische Soldaten schießen. (Siehe auch erwähnten "Full Metal Jacket", hier vermeidet Stanley Kubrik diesen Konflikt, indem er anfangs nicht zeigt, dass der Scharfschütze eine Frau ist und schockierte damit das amerikanische Publikum um so mehr. Auch ich bin beim ersten mal sehen nie eine hundertstel Sekunde auf die Idee gekommen das der Scharfschütze eine Frau sein könnte).
Der Film funktioniert also mit Frauen nicht, weil unsere Hirne es nicht akzeptieren, geschuldet unserer Erziehung. In der Realität funktioniert es. Z.B. in den Folterlagern der US Armee im Irak.
Ein Männerbund ist, wie ich definieren würde, ein bewusster Zusammenschluss von, na eben Männern. Das heißt die Mitglieder sind sich darüber bewusst, dass sie einer abgeschlossenen Gruppe beitreten mit definierten Zielen und eben auch deshalb, weil Sie zusätzlich zu den Zielen auch Männer sind. Dazu würde ich Studentische Korps genauso zählen wie Kirchen, die ausschließlich Männer in Ämter berufen und sich auch sicher sind das das richtig ist. Aber Kubrik stellt seine Rekruten als zusammengewürfelte Looser und Verrückte da, die sich nicht oder vielleicht auch wegen Ihrer Mann Probleme freiwillig melden. Aber bestimmt nicht wegen Ideologie Überzeugungen.
Gerade in diesem Film wird keine Ideologie eingepeitscht, sondern einen Killerarmee durch Gehirnwäsche produziert. Im Film "Das Boot" wird ja gerade gezeigt, auf dem Versorgungsschiff im Mittelmeer, wie distanziert der Kaleunt und Mannschaft gerade von der Machtelite des dritten Reichs sind. Diese Machtelite würde ich als Männerbund darstellen, von denen gerade keiner sein Leben riskiert an der Front im Atlantik, sondern das pralle Leben genießt auf Kosten der U Boot Fahrer.
Die sorgfältige und lange Ausbildung an Land könnte noch ein Hinweis geben auf einen Männerbund. Richtig ist, das man den ausschließlich Freiwilligen (nicht abkommandiert zur U Boot Waffe, sondern nur abkommandiert auf das einzelne Boot) das Bewusstsein mitgegeben hat eine absolut überlegene Waffe in der Hand zu haben und hat eine glorreiche Zukunft versprochen. Die Bedenken, ob hier vielleicht auch Kritik an dem Krieg erlaubt sein könnte, kam erst mit den Misserfolgen auf. Und in dieser fortgeschrittenen Phase befindet sich der Film. Wir haben immer das Problem die Männerbündelei richtig zu verorten. Männerbündeleien wie studentische Korps, Managervereinigungen etc scheren sich nämlich einen Dreck um ihre männlichen Untergebenen. Genauso wie die (Männer) Nazi Elite Hunderttausende Männer ohne Sinn an der Front verheizt hat (Siehe Film "Stalingrad"). Leider wird ständig übersehen, dass diese Machtzentren von höchstens 2% der Männer ausgeübt werden, aber jedem Mann die Mitgliedschaft unterstellt wird. (Das Lied wird ja in jeder "normalen" Ehe durchgekaut).
Wir sehen nicht die "Grundvoraussetzung von Kampfbereitschaft und militärischem Gehorsam" wie Sie schreiben in Form der Männergemeinschaft. Schon allein deshalb, weil der Film nicht historisch genau ist. Kein U-Boot Kommandant hat meines Wissens eine Pistole gezogen, um die Ordnung auf seinem Boot wieder herzustellen. Das was wir im Film gesehen haben war, das Johann die U Boot Krankheit bekommen hat. Diese war auf U Booten schon lange bekannt. "Kein Kriegsgericht", war also Kommandanten Pädagogik, außerdem hat Johann dafür auch den abgesoffenen Kahn wieder Flott gemacht und alle gerettet. Viele der ehemaligen "Nervenverlierer" haben später oft das Boot gerettet, auch unter Einsatz Ihres Lebens. Dies hätte nämlich die Disziplin sofort auf dem Boot zerstört, wenn der Kapitän geschossen hätte. U Boot Kommandant Prien hat im zweiten Weltkrieg ein eisernes Kreuz (Blechkrawatte) verliehen bekommen wegen seinen Beiträgen zur U Boot Psychologie (damals "Menschenführung"), eben wie mit Problemen wie Essendiebstahl u.s.w. umgegangen werden sollte. Er hat die Grundlage dazu gelegt, die Disziplin mit Pädagogik zu erreichen. Wir sehen also die Besonderheiten der Verhältnisse auf einem U Boot. Weil, mit der Mannschaft wären Sie an Land nicht weit gekommen. Heutzutage klettern in die neuesten U Boote der Bundesmarine eben auch Frauen (U31 bis U34). Und siehe da es funktioniert. Immerhin vertrauen wir Steuerzahler Frauen den Dienst auf einem Boot an, das sage und schreibe 500 Mio Euro gekostet hat! Bleibt also nur noch die Kameradschaft als Motor zur Aufrechterhaltung der Disziplin.
Gegen die Kameradschaftsideologie spricht auch der spürbar anwesende Spitzel, der offenbar einzig anwesende 110%ige Nazi. Es wird eher der Eindruck vermittelt, das genau von diesem der Zwang zum Gehorsam ausgeht. Und dieser Spitzel wäre ja nicht nötig, wenn alles durch Kameradschaft funktioniert. Es gab auch Boote, die komplett zum Feind übergelaufen sind. Auch, sehr totgeschwiegen auf beiden Seiten. Das beschreiben Sie ja auch, das man genau den Eindruck hat als ob es bei den Offizieren schon bröckelt.
Meiner Ansicht sehen wir, durch den Krieg überanstrengte, wenn nicht schon durch psychische Anspannung der Lethargie verfallene Menschen. Das Rumdumpfen in der Messe zum Beispiel (siehe "Dark Star"). Falls also ein Männerbund mal da war, zeigt ihn Peterson nicht mehr. Die angebliche Vaterfigur, die der Kaleunt spielt, weil er Johann nicht vors Kriegsgericht bringt, zieht als Muster in einem U Boot jedenfalls nicht, weil es eine Überlebensnotwendigkeit für das U Boot ist. Die angebliche Kameradschaft ist erzwungen, weil der kleinste Fehler von jedem auf dem Boot den Tod für alle bedeutet. Im Boot herrscht Angst, Todesangst und das ist der Motor für die Mannschaft weiter zu funktionieren, obwohl der Verstand weis, das der Atlantikkrieg verloren ist. Der Spitzel sorgt dafür, das auch keiner allzu offen darüber spricht. Kriegsfilme mit Vaterschaftstest sehe ich eher bei Curd Jürgens (Des Teufels General). Ich habe auch zahlreiche Zuschauer gefragt nach den Sympathieträgern des Films. Diese werden in jeden Film egal welcher Machart eingebaut, damit Film funktioniert. Aber meine Befragten waren sich sicher, der Kaleunt, der dem "Otto dem Schweigsamen" Otto Kretschmer nachempfunden wurde, war es nicht. Natürlich war es Grönemeier und auch schon mal Johann (weil er der einzige ist, der die einzig richtige menschliche Reaktion zeigt, er wird zeitweise Verrückt), selbst Semmelrogge hat mehr Stimmen bekommen.
Ich finde es kommt gut in dem Film rüber, das jeder ganz eigene Motive hatte auf dem Boot zu fahren und nicht etwa Kameradschaft. Der Kaleunt kann nicht mehr anders, der Leitende will zu seiner Frau und die Torpedomixer hoffen auf den nächsten Hafenfick mit Hilfe der doppelten Heuer. Im zweiten Weltkrieg war eins der Hauptmotive, dass man nirgendwo schneller Karriere machen konnte als beim U Boot, obwohl man aus dem 1 WK wusste wie gefährlich allein das Tauchen war (10% der Toten waren reine Tauchfehler im 2 WK). Die Traditionsmarine hat für ein Kaleunt Patent mindestens die vierfache Zeit gebraucht. Dazu gab es auch noch Technik Fetischisten. Die gibt es auch heute immer wieder unter Rekruten und die kommen nicht wegen der Kameradschaft und funktionieren doch. Bei der Marine beliebt, aber im Film ausgeblendet, auch das Thema Homosexualität ("Latente Homosexualität" ist ja immer wieder Grundmuster in vielen Kriegsfilmen).
Das wirkungsvolle an dem Film verdanken wir nicht Prochnow, sondern der "Röhre" an sich. Die absolute Klaustrophobie, die einfach diesen Schiffstyp umgibt. Das Bewusstsein, es gibt keinerlei Chance und Entrinnen aus der Stahlröhre. Obwohl, bis auf den Schluss fast kein Blut fließt, bekommt meine Freundin immer noch 2006 Beklemmungen wenn sie den Streifen dank mir, nicht zum letzten mal, sieht. Das Klaustrophobie Thema macht den Film zeitlos und zieht selbst unsere Nichten in den Bann, die vom modernen Hollywood Splatter nur Müde werden. Schon allein die räumliche Enge mit 50 Leuten ist heutzutage für viele einen unangenehme Vorstellung und soll für den Zuschauer auch auf der Leinwand bleiben. Der Antrieb zu Disziplin ist ja gerade nach dem Absaufen "Überleben" und nicht Kameradschaft. Peterson hat dann nur nicht zu viel falsch gemacht. Z.B. den Pathos raus gedreht mit Ehre etc. Die Szenen selbst sind alle mehr oder minder über Buchheim aus Einzelberichten von Feindfahrten zu einer Einzelfeindfahrt zusammengestellt, für die filmische Handlungsdichte. Das meiste nachzulesen in "Jäger - Gejagte" im besten "Landser" Stil oder gleich da. Dazu stimmt das Boot technisch und als Kontrastmittel, die Abwechslung zwischen Ruhe und absoluter Aktion oder auch Panik. Aber eine Orientierung oder Nachfolge bei amerikanischen Kriegsfilmen kann ich so nicht ganz entdecken. Pearl Harbor zieht schon allein deshalb nicht, weil die klaustrophobische Stahlröhre fehlt. Außerdem ist "Das Boot" von Anfang bis Ende "Used". Zeigt, gebrauchte Technik mit Ölflecken. Nicht die Ausgehuniformen in weis, mit der jeder US Streifen anfängt und (gähn) endet. Pearl Harbor hat auch noch zu allem Überfluss eine Liebes Schnulze zum Thema, um das sich irgendwie ein schlimmer Kriegsanfang gruppiert. Es werden auch oft im US Material U Boote gezeigt, die Hotel Charakter besitzen und mangels anständiger Kulisse die Innenaufnahmen aus Überwasserschiffen stammen.
Den Film kann man mögen oder nicht, aber man kann sich nur schwer entziehen, ähnlich wie Alien I.
Trotzdem danke ich für Ihre Filmkritik über das Boot, die ich trotzdem sehr lesenswert finde, wie die meisten Ihrer Kritiken. Aber in diesem Film glaube ich, das der Männerbund nicht die bewusst oder unbewusst eingebaute Ideologieschiene ist. die es zu transportieren gilt. Aber auch ich finde "Antikriegsfilm" nicht gerechtfertigt für "Das Boot". Aber eben weil nicht der Männerbund im Vordergrund eine Anziehungskraft entwickelt, sondern gerade das Sinn- und Ideologievakuum in dem Film über den II WK entfaltet die Anziehungskraft, die ja auch gerade die junge Generation in Ihrem Leben erfährt. Der vordergründige Zuschauer sieht einen Actionreißer, der eben auch Sympathien für diesen Irrsinn wecken kann in unserer sinnentleerten Zeit.
Ihr Simon Koch, Schwäbisch-Hall
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