Deadline – Terror in Stockholm
(Sprängaren)
Schweden 2001, 128 Minuten
Regie: Colin Nutley

Drehbuch: Anna Fredriksson, Johanna Hald, Colin Nutley, nach dem Roman von Liza Marklund
Musik: Per Andréasson
Director of Photography: Jens Fischer
Montage: Perry Schaffer
Produktionsdesign: Bengt Förderberg

Darsteller: Helena Bergström (Annika Bengtzon), Örjan Ramberg (Anders Schyman), Brasse Brännström (Nils Langeby), Reine Brynolfsson (Spiken), Pernilla August (Beata Ekesjö), Niklas Hjulström (Thomas Samuelsson), Ewa Fröling (Berit Hamrin), Maria Lundqvist (Eva-Britt Qvist), Tomas Pontén (Evert Danielsson), Peter Andersson (Die Quelle), Tomas Fryk (Patrik Nilsson), Jacob Ericksson (Pelle Oskarsson), Nina Gunke (Karin Lindström), Gunilla Röör (Helene Starke), Christer Fant (Hans Bjällra), Marika Lindström (Christina Furhage), Per Svensson (Henriksson), Lars Göran Carlsson (Bertil Milander), Jan Mybrand (Olof Faltin)

Terror !!

Der Film basiert auf einem Roman der schwedischen Journalistin und Schriftstellerin Liza Marklund. Der Roman „Sprängaren” erschien unter dem Titel „Olympisches Feuer” 1995. Es folgten weitere Romane mit der Hauptfigur Annika Bengtzon („Studio 6” 1998; „Paradies” 2000; „Prime Time” 2002; „Der rote Wolf” 2003), alles Fortsetzungsromane um die Hauptfigur. 2001 verfilmte der in Schweden lebende englische Regisseur Colin Nutley – Ehemann der Hauptdarstellerin Helena Bergström – „Sprängaren”. 2003 verfilmte er Marklunds Roman „Paradies”, ebenfalls mit Helena Bergström in der Hauptrolle.

Gerade erst ist Annika Bengtzon zur Ressortchefin der Zeitung im Bereich Kriminalfälle geworden, da explodiert im neu gebauten Olympiastadion, dem Victoria-Stadion, eine Bombe und zerstört einen Großteil der Anlage – und das kurze Zeit vor Beginn der Olympischen Spiele. Zwischen den Trümmern findet man eine fast bis zur Unkenntlichkeit zerfetzte Leiche. Die meisten Medien und die Öffentlichkeit nehmen an, es handle sich um einen terroristischen Anschlag. Doch die ermittelnde Staatsanwältin (Nina Gunke) äußert auf einer Pressekonferenz, man ermittle in alle Richtungen; bis jetzt gebe es keine Hinweise auf die Täter und ihre Motive.

Nur kurze Zeit später wird bekannt, dass es sich bei der Toten um die Leiterin der Olympischen Spiele und Vorsitzende des schwedischen Olympischen Komitees, Christina Furhage (Marika Lindström), handelt. Furhage war eine in der Öffentlichkeit bekannte und geehrte Person, weil sie sich für den Bau des Stadions und die Austragung der Spiele in Schweden eingesetzt hatte.

In der Zeitungsredaktion gehen die Meinungen auseinander, in welche Richtung man den Fall untersuchen soll. Während Annikas Kollegen Spiken (Reine Brynolfsson) und Nils Langeby (Brasse Brännström) in Richtung terroristischer Hintergrund ermitteln wollen, glaubt Annika eher an private Motive für den Anschlag und den Mord. Vor allem fragt sich, warum sich Furhage des nachts allein im Stadion aufgehalten hatte. Auch Annikas Quelle, ein Polizist (Peter Andersson), mit dem sie ständig in Kontakt ist, lässt durchblicken, dass der oder die Täter eher im privaten Umfeld der Ermordeten zu suchen sind.

Dann überstürzen sich die Ereignisse: Der stellvertretende Leiter des Olympischen Komitees Danielsson (Tomas Pontén) wird zum Rücktritt gedrängt und wenig später entlassen. Annika bekommt heraus, dass Furhage, die früher schon einmal verheiratet war, einen Sohn hat, der angeblich im Alter von fünf Jahren gestorben sei. Ihre Tochter Lena (Tilde Fröling) aus zweiter Ehe soll Pyromanin sein; sie habe in einer psychiatrischen Klinik Feuer gelegt. Hat Lena etwas mit dem Anschlag zu tun? Jedenfalls herrschte ein äußerst angespanntes Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Es stellt sich auch heraus, dass der Sohn der Furhage noch am Leben ist. Warum verschwieg Furhage, dass sie früher bereits verheiratet war und einen Sohn hat? Und warum hatte sie bei der Polizei Schutz beantragt, weil sie sich bedroht fühlte? Von wem?

Als ein zweiter Bombenanschlag auf eine andere Halle verübt wird und dabei der Bauunternehmer ums Leben kommt, dessen Firma die wesentlichen Arbeiten am Olympiastadion ausführte, gerät Annika in ihrer Redaktion in die Minderheit mit ihrer Behauptung, es handle sich bei beiden Anschlägen um privat motivierte Taten.

Doch Annika ist weiterhin davon überzeugt, zumal auch ihre Quelle bei der Polizei Andeutungen in diese Richtung macht. Als dann noch Danielsson ihr erzählt, Furhage sei nur durch Erpressung an die Spitze des Olympischen Komitees gekommen, sei von vielen Leuten gehasst worden, habe jahrelang eine Beziehung zu ihrer Sekretärin gehabt und ihre Ehe sei nur Fassade gewesen, ist Annika fest davon überzeugt, dass die Anschläge keinen terroristischen Hintergrund haben können – erst recht aber, als auf einem Postamt eine Paketbombe explodiert, die an sie adressiert war ...

„Sprängaren” ist ein in weiten Teilen äußerst rasant inszenierter Thriller, in dem nicht die Ermittlungen der Polizei, sondern die einer Spezialabteilung innerhalb einer Zeitung im Vordergrund stehen. Im Mittelpunkt stehen dabei Annika Bengtzon und ihre Schwierigkeiten, sich als Ressortchefin in einer weitgehend von Männern beherrschten Redaktion der Zeitung zu behaupten. Besonders Langeby und Spiken schießen immer wieder gegen sie. Allerdings hat sie das Glück, dass ihr Vorgesetzter Anders Schyman (Örjan Ramberg) nicht nur von ihren Fähigkeiten überzeugt ist, sondern sie gegen alle Anfeindungen in der Redaktion verteidigt. Für Schyman gibt es keine bessere als Annika für diese Position, und er denkt bereits daran, sie vor seinem Ausscheiden als seine Nachfolgerin vorzuschlagen.

Auch die privaten Probleme Annikas werden von Nutley in die Inszenierung eingearbeitet. Ihr Mann Thomas (Niklas Hjulström) arbeitet tagsüber bei einer kommunalen Behörde. Die beiden sehen sich nur selten, und sie müssen die Versorgung der beiden kleinen Kinder managen. Helena Bergström spielt Annika als eine Frau, die sich gegen alle Widerstände, nicht nur in der Redaktion, durchzusetzen versucht, auch wenn sie – nachdem Spiken sie vor allen anderen als unfähig bezeichnet hat – Schyman die Kündigung anbietet. Der kann sie davon überzeugen, keinen Rückzieher zu machen. Vor allem aber verlässt sich Annika – trotz der ansonsten herrschenden gegenteiligen Meinungen – auf ihr Gespür, dass hinter den Anschlägen private Motive stehen. Dabei verlässt sie sich nicht nur auf ihre Quelle bei der Polizei. Auch bei der Befragung von Personen erweist sie sich als freundlich, aber unnachgiebig. Gleichzeitig lehnt sie jegliche billige Schlagzeilen ab, z.B. als Spiken einen Artikel durchgehen lässt mit der Überschrift „Furhage war lesbisch”.

Den Fall selbst inszeniert Nutley als komplexe und verwickelte Angelegenheit. Im Laufe der Handlung werden mehrere mögliche Verdächtige präsentiert: die Tochter Lena, aber auch der entlassene Danielsson, der von der Furhage gemaßregelt worden war, weil er ein Verhältnis mit einer Frau ihrer Umgebung hatte. Aber auch Furhages Sohn Olof (Jan Mybrand) könnte ein Motiv haben, weil er von seiner Mutter zu Pflegeeltern gesteckt wurde und sie ihn als Erwachsenen nicht sehen wollte. Zudem soll Furhage die Vorgängerin ihrer Sekretärin Helena Starke (Gunilla Röör) ziemlich unsanft entlassen haben. Möglicherweise liegt das Motiv für die Anschläge aber auch in den intimen Beziehungen der Furhage.

Dass Annika selbst am Schluss in Lebensgefahr gerät, hängt mit der Motivation des Täters eng zusammen.

Insgesamt ist „Sprängaren” ein sowohl von schauspielerischer Seite her gesehen, als auch was die Inszenierung anbetrifft durchaus spannender Thriller, dessen besonderer Reiz vor allem darin liegt, dass im Zentrum nicht die Mordkommission, sondern eine Zeitungsredaktion und die Konflikte innerhalb des Ressorts steht – und eine Frau, die sich gegen alle möglichen Widerstände – wenn auch mit erheblicher Mühe – durchzusetzen weiß. Wichtig für die Entwicklung der Geschichte ist auch, dass das in der Öffentlichkeit bestehende Bild einer integren Frau, Furhage, im Lauf der Handlung langsam zerbröckelt.

© Bilder: Svensk Filmindustri