Der jüngste Tag
(When Worlds Collide)
USA 1951, 83 Minuten
Regie: Rudolph Maté

Drehbuch: Sydney Boehm, nach einem Roman von Edwin Balmer und Philip Wylie
Musik: Leith Stevens
Director of Photography: W. Howard Greene, John F. Seitz
Montage: Arthur P. Schmidt
Produktionsdesign: Albert Nozaki, Hal Pereira, Sam Corner, Ross Dowd

Darsteller: Richard Derr (David Randall), Barbara Rush (Joyce Hendron), Peter Hansen (Dr. Tony Drake), John Hoyt (Sydney Stanton), Larry Keating (Dr. Cole Hendron), Rachel Ames (Julie Cummings), Alden Chase (Dr. George Frye), Frank Cady (Harold Ferris), Hayden Rorke (Dr. Emery Bronson), Sandro Giglio (Dr. Ottinger)

"The Day After Tomorrow"

Ängste nach den traumatischen Ereignissen des zweiten Weltkriegs, aber auch diejenigen, die aus der durch den "Kalten Krieg" ausgelösten konservativen Wende in der amerikanischen Politik der McCarthy-Ära entstanden, beeinflussten nicht nur das Genre der Sciencefiction-Literatur, sondern ebenso den SciFi-Film. Man kann viele US-amerikanische Filme der 50er Jahre in diesem Genre in die eine oder andere Richtung interpretieren: als Angst vor diesen Ereignissen der Verfolgung bzw. der Vergangenheit, also als Instrumente zur (wenn auch verklausulierten) Thematisierung dieser Ängste und deren Überwindung in gewissem Maße, oder auch als Mittel, der herrschenden Politik eine Art Legitimation zu verschaffen, indem eine quasi übernatürliche Bedrohung (aus dem Weltall) zum Zusammenstehen der Amerikaner gegen jeden potentiellen oder ominösen "Feind" führen sollte.

Gerade in solchen Streifen wie "Kampf der Welten" oder "Der jüngste Tag" ("When Worlds Collide") scheinen beide Elemente eine Rolle zu spielen. Allerdings sehe ich in diesen Filmen ein leichtes Übergewicht des ersten Moments, ohne dass das zweite keine Rolle mehr spielen würde. Ein Widerspruch? Kaum, wenn man bedenkt, wie schwierig, fast unmöglich es für einen Großteil der Amerikaner – gerade vor dem Hintergrund der McCarthy-Verfolgungen, war, die hinter diesen Ängsten liegende Bedrohung auch nur zu artikulieren, geschweige denn, der eigenen Regierung Kritik angedeihen zu lassen.

"When Worlds Collide", einer der ersten bedeutenden Nachkriegs-Sciencefiction der neueren Art, ist vielleicht ein typisches Beispiel für den inneren Konflikt zwischen Angst und deren Artikulation einerseits, Patriotismus und Selbstaufgabe andererseits. Die Gefahr, die in "When Worlds Collide" droht, ist nicht einmal lebendiger Art – nein –, sondern eher eine neutrale Gefahr: Ein Planet und ein Meteor rasen auf die Erde zu. So ist es kaum möglich, einer phantasierten, außerirdischen Intelligenz so etwas wie Schuld oder Verantwortung zuzuordnen. Vor diesem Hintergrund kann die Geschichte des Films beide Momente des inneren Konflikts entwickeln.

Der Pilot David Randall (Richard Derr) soll ein Päckchen von Dr. Bronson (Hayden Rorke) auf schnellstem Weg zu dessen Kollegen Dr. Hendron (Larry Keating) bringen. Der Inhalt, so Bronson, müsse vorläufig geheim bleiben. Am Flughafen angekommen bringt Joyce Hendron (Barbara Rush), die Tochter des Wissenschaftlers, David in das Observatorium. Hendron und sein Assistent Dr. Frye (Alden Chase) bestätigen aufgrund eigener Beobachtungen und Messungen Bronsons Geheimnis: Ein Planet, Zyra, und ein riesiger Stern, Bellus, rasen mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Erde zu. Die Schätzungen, wann Bellus die Erde vollständig zerstören wird, sind präzise: in acht Monaten, am 12. August des folgenden Jahres.

Obwohl andere Wissenschaftler, die Bronson und Hendron zu einer internationalen Konferenz zusammengerufen haben, diese Voraussagen zunächst bezweifeln, werden sie schon bald zur Gewissheit. Der skrupellose und egoistische Industrielle Stanton (John Hoyt) ist zuerst der einzige, der den vagen Rettungsplan Hendrons und seiner Kollegen finanziell unterstützt: Hendron und Frye wollen ein Raumschiff bauen, das im entscheidenden Moment kurz vor der Zerstörung der Erde auf Zyra landen soll, um gerade einmal 40 Menschen die Möglichkeit zu geben, die Existenz der Menschheit zu sichern. Man weiß nicht einmal – ganz abgesehen davon, ob die Fahrt durch das All zu Zyra überhaupt gelingen kann –, ob auf dem unbekannten Planeten eine Atmosphäre existiert, so dass menschliches Leben dort möglich wäre. Doch für Hendron, seine Tochter, die anderen Wissenschaftler und den Arzt Dr. Drake (Peter Hansen), Joyce Verlobten, scheint dies der einzige Strohhalm, die einzige Chance für eine Fortexistenz der Menschheit. Sie lehnen es ab, Stanton ein Mitspracherecht einzuräumen, wer zu den 40 Menschen im Raumschiff gehören soll.

Inzwischen wissen auch die Regierungen der ganzen Welt, was auf die Menschheit zukommt. Es beginnen groß angelegte Evakuierungsmaßnahmen. Millionen von Menschen gehen oder fahren in die Berge oder werden dort hingeflogen – und das, obwohl die Chancen für ein Überleben dadurch kaum steigen. Als sich Bellus immer weiter der Erde nähert, kommt es zu Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Überschwemmungen. Panik bricht allerorten aus, und diejenigen, die am Raumschiff mitgearbeitet haben, aber nicht mit ihm fliegen dürfen, beginnen zu meutern ...

Neben "The War of the Worlds" ist "When Worlds Collide" einer derjenigen Sciencefiction-Filme der 50er Jahre, die das Genre nachhaltig bis heute geprägt haben. Sieht man die Szenen, in denen New York überflutet wird, denkt man unwillkürlich an "The Day After Tomorrow". Aber auch "Armageddon" (1998) oder "Independence Day" (1996) leben von diesem Urgestein amerikanischer SciFi-Filme. Auch wenn die Städte und das Raumschiff aus Kleinmodellen gezimmert waren, während heutzutage per CGI u.a. mit noch größeren Effekten solche Katastrophen-Szenarien auf die Leinwand gebannt werden können, wirkt der Technicolor-Film aus der zeitlichen Ferne noch fast so bedrückend, wie er damals auf sein Publikum gewirkt haben muss. Lediglich die am Schluss gezeigte neue Welt auf dem Planeten Zyra hinterlässt ein Schmunzeln: ein als solches deutlich erkennbares Gemälde repräsentiert Zyra, während im Vordergrund David und Joyce sich freuen, die ganze Katastrophe überlebt zu haben.

Wie in "Kampf der Welten" überdecken Nebenhandlungen auch hier nicht die eigentliche Geschichte. Im Gegenteil: Der Film artikuliert über die Liebesgeschichte zwischen Joyce, deren Verlobter Tony sie freiwillig aufgibt, und David den Heldenmut und die persönliche Opferbereitschaft einzelner. Nicht nur bei Tony, sondern vor allem bei David, der von Hendron nur in den Kreis der 40 Privilegierten aufgenommen worden war, weil er seiner Tochter in der neuen Welt einen Partner zur Seite stellen wollte, der sie liebt. David und Hendron selbst sind bereit, auf die Fahrt mit dem Raumschiff zu verzichten – und Hendron bleibt dann tatsächlich auf der Erde – dem sicheren Tod ausgeliefert. Kontrapunkt zu beiden ist der egoistische, verbitterte Industrielle Stanton, der selbst vor einem Mord nicht zurückschreckt.

In dieser personellen Konstellation offenbart sich der oben erläuterte Zwiespalt solcher Filme. Sie thematisieren einerseits die Angst vor Verfolgung, Bedrohung usw. und schließen sich in der Abwehr solcher Gefahren zusammen mit allen anderen Nationen. Aber sie artikulieren kaum einmal, dass in der Realität Risiken und Bedrohungen vor allem aus dem eigenen Land selbst kommen. Im Film sind es einzelne wie der egoistische Stanton oder eine angsterfüllte und aggressive Meute, die das Raumschiff kapern wollen. Die Regierung kommt im Film gar nicht erst ins Bild; sie ist die positive, treibende Kraft im Hintergrund.

So verhindert eine solche Geschichte die schändliche Tat, die eigene Regierung in den Mittelpunkt der Verantwortung zu rücken. Im Zentrum steht der Konflikt zwischen dem "guten" und dem "schlechten" Amerikaner, zwischen dem Furchtlosen und Opferbereiten und dem skrupellosen Egozentriker. Gerade in der McCarthy-Ära – und u.a. vor diesem Hintergrund und dem des Kalten Krieges muss man den Film sehen – lief jede öffentliche und zumindest teilweise prinzipielle Kritik am eigenen Land Gefahr, in die Fänge des Senators zu geraten, der sich nicht zu schade war, alle möglichen Menschen als staatszersetzende Kommunisten zu titulieren, nur weil sie irgendwann einmal an Demonstrationen teilgenommen hatte. Erst später, nach der McCarthy-Ära, wagten Regisseure wie z.B. John Frankenheimer 1962 – wenn auch in versteckter Form – in "Botschafter der Angst" (Remake: "The Manchurian Candidate" 2004 von Jonathan Demme), einen Schritt weiter zu gehen und den rüden, ja oft primitiven Antikommunismus als Mentalität von (heute würden man sagen:) "Leistungsträgern" zu desavouieren, denen um der Macht willen jedes Mittel recht schien – auch und gerade durch Aufweichung demokratischer Prinzipien.

Die Geschichte, die "When Worlds Collide" erzählt, wagt so etwas (noch) nicht, ist aber nichtsdestotrotz auch heute noch sehenswert und spannend anzusehen.

Wertung: 9 von 10 Punkten.
2. November 2008