Die Männer
(The Men)
USA 1950, 85 Minuten
Regie: Fred Zinnemann

Drehbuch: Carl Foreman
Musik: Dimitri Tiomkin
Director of Photography: Robert de Grasse
Montage: Harry W. Gerstad
Produktionsdesign: Rudolph Sternad

Darsteller: Marlon Brando (Kenneth „Bud” Wilchek), Teresa Wright (Ellen Wilosek), Everett Sloane (Dr. Brock), Jack Webb (Norm), Richard Erdman (Leo), Arthur Jurado (Angel), Virginia Farmer (Schwester Robbins), Dorothy Tree (Ellens Mutter), Howard St. John (Ellens Vater)

Gefangene ...

Man könnte meinen, dass Fred Zinnemann den Verwundeten des Weltkrieges eine Art Denkmal setzen wollte, als er 1950 „The Men” inszenierte. Gerade einmal fünf Jahre nach dem bis dahin schrecklichsten Vernichtungskrieg der Geschichte waren die Erinnerungen noch frisch und die Auswirkungen mehr oder weniger noch überall zu spüren. Für die männliche Hauptrolle wählte Zinnemann („High Noon”) einen jungen Schauspieler, den bis dahin kaum jemand kannte. Wir sehen Marlon Brando in seiner ersten Hauptrolle in einem Kinofilm. Brando spielt den amerikanischen Soldaten Bud Wilchek, der schwer verletzt aus dem Krieg in das Krankenhaus des Dr. Brock (Everett Sloane) eingeliefert wurde. Bud ist durch einen feindlichen Schuss in sein Rückenmark gelähmt. Seit vier Jahren liegt er im Krankenhaus – und hat sich von der Außenwelt isoliert.

Das Krankenhaus ist voll von Kriegsversehrten, vor allem ehemaligen Soldaten, die wie Bud gelähmt sind. Wir treffen u.a. auf Norm (Jack Webb), Leo (Richard Erdman) und Angel (Arthur Jurado). Jeder geht auf seine Weise mit seinem Schicksal um. Norm meint: normal sei normal und Krüppel sei Krüppel – keine Frau würde sich wirklich für einen gelähmten Mann interessieren. Leo dagegen macht das Beste aus seiner Situation – das geschäftsmäßig Beste. Er hängt am Telefon und macht Geld. Angel hingegen trainiert seinen Körper – mehr als alle anderen, um fit für den Wiedereintritt in das „normale” Leben zu sein. Er träumt von einem Haus für seine Familie und will psychisch wie körperlich gerüstet sein, wenn er einmal aus dem Krankenhaus entlassen wird.

Bud hingegen liegt lange Zeit in einem Einzelzimmer:

„Erst hatte ich Angst,
dass ich sterben müsste.
Jetzt hatte ich Angst
leben zu müssen”,

schildert er selbst seine Verfassung im nachhinein. Bud hat sich aufgegeben. Er will seine Verlobte Ellen (Teresa Wright) nicht sehen, die seit Jahren verzweifelt versucht, Kontakt zu ihm zu bekommen. Bud hält sich für einen nutzlosen Krüppel, ist aggressiv, wenn man ihm zu nahe kommt, und zynisch, wenn Dr. Brock versucht, ihn zum Handeln zu bewegen. Auch zu seinen Kameraden lehnt Bud jede Beziehung ab.

Doch Ellen lässt nicht locker – und eines Tages steht sie vor seinem Bett. Nicht Mitleid bewegt Ellen, nein, nur die Liebe zu Bud. Erst jetzt gibt Bud sein Selbstmitleid auf, macht Gymnastik und baut langsam Kontakt zu den anderen Patienten auf.

Eines Tages allerdings stirbt Angel. Ein bis dahin nicht erkannter Granatsplitter in seinem Rückenmark bringt ihm einen schnellen Tod. Die anderen Männer sind verzweifelt – auch Bud ...

„The Men” ist eindeutig ein Melodrama, weniger im Sinne eines Douglas Sirk, ja, man könnt fast sagen: ein „nüchternes” Melodrama, in dem keine Gefühlsduselei betrieben wird, obwohl das Sentimentale insbesondere in der Beziehung zwischen Bud und Ellen eine tragende Rolle spielt. Aber selbst dieses Sentimentale bleibt einer fast sachlichen Ebene verhaftet. Ellen kämpft um die Beziehung der beiden und vor allem um Bud, den sie aus seiner Lethargie herausholen will. Immer wieder beteuert sie, nicht aus Mitleid mit ihm zusammen sein zu wollen, sondern aus Liebe.

„The Men” zeigt die Hindernisse auf, die für die schwerverletzten Soldaten des Weltkrieges mit Dauerschäden ein „normales” Leben so schwierig machen. Doch der Film ist nicht auf amerikanische Soldaten zugeschnitten; er könnte genauso gut in jedem anderen Land der Erde spielen. Die Vorbehalte vieler Menschen gegen diejenigen, die aus dem Krieg in den Rollstuhl mussten, werden ebenso deutlich gemacht wie die etwa der Eltern von Ellen, die ihrer Tochter die Ehe mit Bud ausreden wollen. Sie wäre dann keine Ehefrau, sondern Krankenschwester. Auch Ellen selbst gerät an einen Punkt – nach der Hochzeit, im eigenen Haus, das sie hergerichtet hat –, an dem sie an der Beziehung zu Bud zu zweifeln beginnt.

Diese Probleme – man könnte sagen der Wiedereingliederung der Schwerverletzten, aber auch des Respekts vor ihnen – werden von Zinnemann vielfältig geschildert – ebenso die Verzweiflung der Männer, etwa von Norm, der glaubt, in einer Frau „die richtige” gefunden zu haben, die es nur auf sein Geld abgesehen hat.

Die Zweifel von Ellen führen schließlich zu einem Unfall, den Bud mit dem Auto baut, und zu seiner Ausweisung aus dem Krankenhaus. Nur seine inzwischen wieder gewonnene innere Kraft befähigt ihn schließlich, nicht aufzugeben – auch Ellen nicht.

„The Men” ist einer jener „kleinen”, fast unscheinbaren Filme, in denen sich Zinnemann mit den Vorurteilen der Gesellschaft bezüglich der Kriegsinvaliden auseinander setzt. Marlon Brando – in seiner ersten Kinorolle – lässt einen bereits erahnen, welche großartigen Rollen er später spielen wird, wenn er etwa nur wenig später in „A Streetcar named Desire” (1951), „Viva Zapata!” (1952) oder „On the Waterfront” (1954) seine ihm eigene Emotionalität im wahrsten Sinn des Wortes ausleben kann. Das Skript von „The Men” hindert ihn in gewisser Weise noch daran, hier schon mehr davon zu bieten, weil Zinnemann auch die anderen Invaliden mit in den Vordergrund rückt. Doch in der Beziehung von Brandos Bud zu seiner Verlobten Ellen ist das Exzellente seiner Schauspielkunst deutlich zu spüren.

Die supporting roles – Jack Webb, Richard Erdman, Arthur Jurado – sind ebenfalls großartig besetzt. Teresa Wright und Everett Sloane als Dr. Brock tun ein übrigens, um die Homogenität der Handlung und die dichte Atmosphäre des Films zu erzeugen.

„The Men” ist sicherlich nicht Zinnemanns bester Film. Man denke an „High Noon” (1952) oder „Der Schakal” (1973). „The Men” haut einen auch nicht unbedingt vom Hocker. Aber das Drama ist gut erzählt und inszeniert und lohnt auf jeden Fall einen Blick. Zu spüren ist ebenso Zinnemanns Fähigkeit, sich den Vorurteilen, aber auch Mythen einer Gesellschaft zu widmen, die er mehr oder weniger gnadenlos offenlegt – hier etwa den Mythos, alle amerikanischen Soldaten wären als Helden gefeiert und in die Gesellschaft re-integriert worden. In etlichen Szenen wird man eines besseren belehrt (etwa in einer Szene, als Bud und Ellen ein Restaurant besuchen).

© Bilder: Artisan Entertainments.