Die phantastische Reise
(Fantastic Voyage)
USA 1966, 100 Minuten (DVD: 96 Minuten)
Regie: Richard Fleischer

Drehbuch: Harry Kleiner, Jerome Bixby, Otto Klement, David Duncan
Musik: Leonard Rosenman
Director of Photography: Ernest Laszlo
Montage: William B. Murphy
Produktionsdesign: Dale Hennesy, Jack Martin Smith, Stuart A. Reiss, Walter M. Scott
Spezialeffekte: Marcel Delgado (Miniaturen), L. B Abbott, Art Cruickshank, Emil Kosa Jr., Greg C. Jensen

Darsteller: Stephen Boyd (Grant), Raquel Welch (Cora Petersen), Edmond O’Brien (General Carter), Donald Pleasence (Dr. Michaels), Arthur O’Connell (Colonel Reid), William Redfield (Captain Owens), Arthur Kennedy (Dr. Duval), Jean del Val (Jan Benes)

Spannung im Mikrokosmos

Der „Kalte Krieg” – der Schutz eines aus dem „Ostblock” übergelaufenen Wissenschaftlers oder Spions – lieferte 1966 das auslösende Moment für einen Sciencefiction der besonderen Art, mit dem Richard Fleischer („20.000 Meilen unter dem Meer”, 1954; „Der Frauenmörder von Boston”, 1968; „Conan, der Zerstörer”, 1984) einen lang ersehnten Traum Wirklichkeit werden ließ. Fleischer, der kurzzeitig Medizin studiert hatte, einmal Arzt werden wollte, verlegte das Genre mit diesem Film sozusagen vom Makro- in den Mikrokosmos. Nicht der Kampf um Galaxien in den Weiten des Alls, sondern eine Irrsinnsfahrt durch den menschlichen Körper nimmt ca. eine Stunde des 100 Minuten langen Films in Anspruch.

Fleischer machte sich Erkenntnisse der sog. Nanotechnologie” zunutze. Es wird wohl nie möglich sein, wie im Film ein U-Boot auf Nanometer-Größe zu schrumpfen (ein Nanometer gleich ein Millionstel eines Millimeters). Aber immerhin haben Forscher bereits sog. „Gentaxis”, kleine Siliziumteilchen, mit einem Durchmesser von weniger als einem 200millionstel Millimeter, entwickelt, die durch Andocken an bestimmte Zellen Krebs bekämpfen sollen.

Fleischer ließ für „Fantastic Voyage” sowohl Miniaturattrappen, als auch Modelle von Teilen des menschlichen Körpers bauen, z.B. ein begehbares Herz, zwölf Meter breit, neun Meter hoch, das beweglich war. Außerdem zog er Ärzte hinzu, um die Dialoge und die Darstellung des Inneren des menschlichen Körpers authentisch wirken zu lassen. L. B. Abbott, einer der führenden Trickspezialisten bei 20th Century Fox, war für die Spezialeffekte verantwortlich.

Die Geschichte selbst ist einfach gestrickt. Ein aus dem „Ostblock” Übergelaufener namens Jan Benes (Jean de Val) steht unter dem Schutz der US-Regierung und soll vor Anschlägen oder Entführung bewahrt werden. In seinem Gehirn hat sich allerdings ein lebensgefährlicher Thrombus gebildet, den man durch operativen Eingriff nicht zerstören kann, weil er äußerst ungünstig liegt und eine Operation wesentliche Teil des Gehirns zerstören würde.

In einer riesigen unterirdischen Laboranlage, wo man Benes bewacht, haben Col. Reid (Arthur O’Connell) und Gen. Carter (Edmond O’Brien) beschlossen, den Thrombus von innen anzugehen: durch ein auf Mikrobengröße verkleinertes U-Boot samt Besatzung. Der Spezialist Dr. Duval (Arthur Kennedy), der eine Laserkanone zur Zerstörung des Blutgerinnsels entwickelt hat, seine engste Mitarbeiterin Cora Petersen (Raquel Welch), der Sicherheitsexperte Grant (Stephen Boyd) und der Leiter der Expedition Dr. Michaels (Donald Pleasence) sollen die Besatzung des U-Boots bilden, das von Captain Owens (William Redfield) gesteuert wird.

Bevor die Reise beginnen kann, muss das U-Boot samt Besatzung in drei Stufen so verkleinert und positioniert werden, dass es in einer Wasserlösung in die Halsschlagader injiziert werden kann. Das alles klappt. Die Reise kann beginnen – allerdings mit einem Anfangsverdacht. Ist der als sehr eigensinnig geltende Dr. Duval ein Spion, der Benes an den Kragen, sprich: letztendlich die Zerstörung des Thrombus verhindern will?

Fleischer setzte natürlich vor allem auf eine ausgiebige Tricktechnik – und das ohne die damals noch lange nicht entwickelten Möglichkeiten der digitalen Technologien. Weiß der Henker, wie man sich die Verkleinerung des U-Boots erklären soll, aber das ist auch nicht wichtig. Gerade dieser Prozess der Verkleinerung in drei Stufen steigert die Spannung für die nachfolgende Fahrt der fünf Personen durch Benes Körper. Der liegt aufgebahrt in einem abgeschlossenen Raum, umgeben von Ärzten und Schwestern, die seinen Zustand kontrollieren. Sein rasierter Kopf, mit einem dunklen Stift in Zonen eingeteilt, ist von kleinen Radarschirmen umgeben, um die Fahrt des U-Boots zu beobachten.

Die folgenden Szenen sind fast in Echtzeit gedreht. Man hat nur 60 Minuten Zeit, um den Thrombus zu zerstören; danach vergrößert sich das Schiff wieder, und Benes würde natürlich dabei umkommen. Die Tricktechniker zeigen die Fahrt durch umherziehende Blutkörperchen, Arterienkanäle, durch das Herz, die Lunge, das Ohr und das Gehirn. Dabei werden Spannungselemente durch die auftauchenden Schwierigkeiten erzeugt, etwa einen Strudel an nicht erwarteter Stelle, einen Herzstillstand, der notwendig wird, weil das U-Boot vom vorgesehenen Weg abkommt und durch die Herzschläge zerstört werden würde, die Verstopfung der Ansaugrohre, die Aufnahme von Luft aus der Lunge, eine Fahrt durchs Innenohr, die notwendig wurde, um Zeit zu sparen usw.

All diese Szenen müssen für die damalige Zeit (1966) phantastisch auf das Publikum gewirkt haben. Nebenbei erklären die Wissenschafter ab und an die Funktionsweise verschiedener Vorgänge im menschlichen Körper. Aber auch andere Gefahren schildert der Film, etwa den Angriff von Antikörpern auf Cora und – das nur nebenbei –, wie die Männer sie retten und ihr das Antikörpergewebe vom Leib entfernen und dabei tunlichst vermeiden, Mrs. Welch an die Brüste zu fassen. Ethical correctness.

Auch der Verrat eines Anwesenden in der Protheus – so heißt das Schiff – spielt natürlich eine entscheidende Rolle, und selbstverständlich die Art und Weise der Rettung in letzter Sekunde. Allerdings enthält der Schluss des Films auch einen knallharten Logikfehler: vier der fünf Besatzungsmitglieder können dem Körper entkommen, ein weiterer allerdings nicht und auch das U-Boot bleibt im Körper, umgeben von Antikörpern. Nach der Logik des Films hätten beide nach einer Stunde wieder wachsen müssen. Tun sie aber nicht. Und Benes bleibt am Leben.

Die bunte Vielfalt der Trickaufnahmen, die überzeugenden und beeindruckenden Aufnahmen vom Innern Benes machen den Film also auch heute noch sehenswert.

© Bilder: 20th Century Fox
Screenshots von der DVD