Donnie Darko
(Donnie Darko)
USA 2001, 113 Minuten
Regie: Richard Kelly

Drehbuch: Richarrd Kelly
Musik: Michael Andrews
Director of Photography: Steven B. Poster
Montage: Sam Bauer, Eric Strand
Produktionsdesign: Alec Hammond, Jennie Harris

Darsteller: Jake Gyllenhaal (Donnie Darko), Holmes Osborne (Eddie Darko), Maggie Gyllenhaal (Elizabeth Darko), Daveigh Chase (Samantha Darko), Mary McDonnell (Rose Darko), James Duval (Frank), Beth Grant (Kitty Farmer), Jena Malone (Gretchen Ross), Drew Barrymore (Karen Pomeroy), Patience (Roberta Sparrow), Katherine Ross (Dr. Lilian Thurman), Arthur Taxier (Dr. Fisher), Patrick Swayze (Jim Cunningham), Mark Hoffman (Polizist), David Moreland (Direktor Cole), Noah Wyle (Prof. Kenneth Monnitoff), Joline Purdy (Cherita Chen)

Zwischen Himmel und Hölle

Ein junger Mann, Donnie Darko (Jake Gyllenhaal), in einer dieser x-beliebigen Städte der USA, die man als normal bezeichnen würde, als durchschnittlich, besucht die High School, hat eine ganz normale Familie, ganz normale Freunde, ist aber selbst geplagt, vielleicht auch privilegiert durch – ja, wie soll man es nennen: Phantasien? Donnie, ein Schizophrener, ein Psychopath? Manisch-depressiv? Donnie hat einen Freund, den sonst niemand sehen kann: Frank nennt der sich und tritt als Hase auf, das heißt er trägt eine Hasen-Maske. Und Frank prophezeit Donnie den Weltuntergang in ungefähr einem Monat.

Donnie schluckt Tabletten, Donnie geht zu Dr. Thurman (Katherine Ross) in Therapie. Dr. Thurman versucht, durch Hypnose hinter Donnies Geheimnisse zu kommen; natürlich hält sie ihn für psychisch labil, krank. Donnies Eltern Eddie (Holmes Osborne), den offenbar nichts zu erschüttern vermag und der Mr. Bush bevorzugt, während die anderen Familienmitglieder auf Mr. Dukakis setzen, und Rose (Mary McDonnell), die vergeblich versucht, Donnie näher zu kommen, tragen es mit Fassung, wenn der junge Mann phantasiert oder seine Aggressionen an Rose auslässt. Auch seine große Schwester Elizabeth (Maggie Gyllenhaal) bekommt ihr Fett weg. Aber eigentlich mag Donnie seine Familie, zu der auch noch Küken Samantha (Daveigh Chase) gehört.

Donnie steht abseits von anderen und auch wieder nicht. Er mag seine Englischlehrerin Karen Pomeroy (Drew Barrymore), die frischen Wind in die High School bringen will und dafür von Direktor Cole (David Moreland) geschasst wird. Und Donnie verachtet ihre Kollegin Kitty Farmer (Beth Grant in einer grandiosen Rolle), für die nichts zu existieren scheint als die (auf die Tafel gemalte) Lebenslinie zwischen Angst und Liebe, mit der sie ihre Schüler plagt, und die den TV-Prediger Jim Cunningham (Patrick Swayze) anbetet, der gegen Angst und Gewalt und Alkohol und Drogen und Materialismus wettert und damit sein Geld verdient – aber, wie sich herausstellt, nicht nur damit.

Donnie Darko lebt in dieser Welt und er lebt irgendwo anders. Frank erteilt ihm Aufträge. Er solle die Schule unter Wasser setzen und er solle Cunninghams Haus in Brand stecken. Donnie tut dies. Ob er weiß, was er tut, ob er einen tieferen Sinn darin sieht? Er kreist um etwas herum, um sich, um die anderen, um Frank, von dem er selbst nicht weiß, ob er real ist – was immer man darunter auch verstehen mag – oder Produkt seines Geistes.

Und ganz zu Anfang passiert etwas Schreckliches. Ein Flugzeugteil fällt vom Himmel, landet in Donnies Zimmer. Keiner weiß, woher es kommt, die Fluggesellschaft nicht, die Polizei nicht ... niemand. Man räumt auf, und alles scheint wieder in Ordnung, nur Donnie nicht. Donnie ist nicht „in Ordnung“ und nicht in der vorgegebenen Ordnung. Er provoziert Mrs. Farmer – provoziert? Er sagt nichts anderes, als dass es mehr gebe als Angst und Liebe. Aber Mrs. Farmer will das nicht hören. Und daher solle sie sich ihre Weisheit respektive ihr Buch, aus dem sie ihre Weisheiten hat, in den Hintern stecken. Donnie wird suspendiert. Seine Eltern sind weniger erschreckt, als amüsiert über das, was ihr Sohn „angerichtet“ hat. Donnie provoziert auch Cunningham, den Lehrmeister der Farmer, und wird hinausgeschmissen.

Donnie kreist. Auch die alte Mrs. Roberta Sparrow (Patience), die so ungefähr 100 Jahre alt ist, kreist, jeden Tag, immer wieder geht sie zum Briefkasten vor ihrem Haus, schaut hinein, aber nie befindet sich ein Brief darin. Alle nennen sie Gramdma Death. Und schon manches Mal wäre sie beinahe überfahren worden, weil sie ohne zu schauen auf die Straße geht. Aber sie hat Glück, und sie hat ein Buch geschrieben über die „Philosophie des Zeitreisens“. Donnie bekommt es in die Hand. Irgendwie hat es mit Frank zu tun, und Donnie befragt Prof. Monnitoff (Noah Wyle), ob es das denn geben könne – Zeitreisen. Frank taucht auf und verschwindet wieder. Wenn er da steht, mit seiner Maske, dann liegt eine Art dichter, durchsichtiger Film um ihn herum, wie ein Mantel. Ein Zeittunnel? Ein Wurmloch, durch das man in die Vergangenheit oder Zukunft gelangt?

Donnie liebt Gretchen (Jena Malone), eine bildhübsche Mitschülerin, er mag auch die dicke Cherita Chen (Jolene Purdy), die wohl heimlich eine Art Tagebuch über Donnie führt und die ab und an zum Gespött ihrer Mitschüler wird. „Alles wird besser, das verspreche ich Dir“, sagt er zu Cherita, doch die nimmt Reißaus.

Die Zeit des Weltuntergangs naht: der 30. Oktober 1988. Was an diesem Tag jedoch alles geschieht, sieht etwas anders aus, als Frank es prophezeit hat ...

Donnie lebt in einer Welt der Verlogenheit, der Feigheit, der Feindschaft und der moralinsauren Arroganz. All das umgibt ihn. Nur Frank, der ihm während eines Kinobesuchs erscheint und Donnie sein Gesicht zeigt, fällt aus dem Rahmen, Frank, die Erscheinung, vielleicht ein Racheengel? Oder ist auch Frank Teil der verlogenen Umgebung, in der Mrs. Farmer nicht wahrhaben will, dass ihr angebeteter Cunningham etwas mit Pornografie zu tun haben soll, in der Direktor Cole zu feige und nicht willens ist, einer jungen, aufgeschlossenen Lehrerin eine Chance zu geben. Dieser Welt des Trügerischen und Betrügerischen droht der Untergang, von Frank angekündigt, von Gott oder dem Teufel. Und Donnie? Er versucht, dieses Ereignis zu verhindern.

Nur drei Menschen scheinen Donnie wirklich zuzuhören: seine Mutter, seine Freundin Gretchen und Dr. Thurman. Aber keine versteht ihn wirklich. Am Schluss dieses Trips zwischen Horror und irgendeiner Form von Erlösung allerdings winken sich Rose und Gretchen zu, Rose, verzweifelt an einen Baum gelehnt, rauchend, und Gretchen, die mit dem Fahrrad an Darkos Haus vorbeifährt und kurz Halt gemacht hat. Sie schauen sich an, als spürten sie etwas, etwas, das Angst macht und Trauer hervorruft, aber auch Hoffnung gibt, ein wenig jedenfalls. Und fern davon spürt auch Dr. Thurman etwas Furchtbares.

„Donnie Darko“ ist Horrortrip und reinigende Reise zugleich. Richard Kellys erster Spielfilm ist eine Art phantastische Reise durch die Seele eines jungen Mannes, der mit sich und der Welt nicht fertig wird, die ebenfalls mit sich ganz und gar nicht im Reinen ist. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man kann sich von diesem Film forttragen lassen, mitnehmen auf eine außergewöhnliche Reise, oder man bekommt überhaupt keinen Bezug zu Donnie und Frank und all den anderen. Ein Wagnis also. Eine wirklich exzellente Besetzung – nur Drew Barrymore ist meinem Gefühl nach doch etwas unterbeschäftigt worden –, die teilweise düstere, kleinräumige Atmosphäre und die nur scheinbar stabile kleinbürgerliche Enge bewirken die außergewöhnliche Stimmung, die den Film wie einen Mantel umgibt. Vieles bleibt offen, interpretationsfähig. Aber das „Donnie Darko“ umso interessanter und sehenswerter.


 

Donnie Darko-Plakat
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