Eiskalte Leidenschaft
(Final Analysis)
USA 1992, 124 Minuten
Regie: Phil Joanou

Drehbuch: Wesley Strick, Robert Berger
Musik: George Fenton
Director of Photography: Jordan Cronenweth
Montage: Thom Noble
Produktionsdesign: Dean Tavoularis

Darsteller:
Richard Gere (Isaac Barr), Kim Basinger (Heather Evans), Uma Thurman (Diana Baylor), Eric Roberts (Jimmy Evans), Paul Guilfoyle (Mike O’Brien), Keith David (Detective Huggins), Robert Harper (Alan Lowenthal), Agustin Rodriguez (Pepe Carrero), Rita Zohar (Dr. Grusin), George Murdock (Richter Costello), Shirley Prestia (Staatsanwalt Kaufman), Tony Genaro (Hector)

Mittelprächtiger Thriller

Altmeister Alfred Hitchcock hätte sich bei Sichtung von „Final Analysis“ wahrscheinlich gewundert, wie viel Wendungen und Windungen, Umwege und Holzwege, psychologischen Tiefsinn und Unsinn zugleich man in einen Thriller hinein verfrachten kann, der den Zuschauer immerhin gut zwei Stunden bei der Stange halten will. Eines ist sicher: Die Klarheit, zum Teil Schlichtheit und kompositorische Strenge der meisten Hitchcock-Filme lässt „Final Analysis“ vermissen. Das fängt schon an – mal vom Ende her gedacht – mit der Identität der beiden zentralen weiblichen Figuren, der Schwestern Heather Evans (Kim Basinger) und Diana Baylor (Uma Thurman). Denn der im Film hier und da auftauchende Detective Huggins (Keith David) wird als Mann von Intelligenz verkauft, der sich nicht so einfach übers Ohr hauen lässt. Und eine Grundregel polizeilicher Arbeit ist doch wohl die Feststellung der Identität einer Person und damit auch deren Biografie, die in der Geschichte um die beiden mysteriösen Schwestern eine so große Rolle zu spielen scheint. Auf diese Grundregel allerdings wurde in „Final Analysis“ tunlichst verzichtet, um ein Ende zu produzieren, das in einem Film wenig überraschen kann, der sich mehr oder weniger um die eigene Achse dreht – allerdings ohne Turbobeschleunigung.

Doch von Anfang an:

Man kann sich in Nullkommanix verlieben, und so ist es auch in Phil Joanous Thriller. Dem angesehenen Psychiater und Gerichtsgutachter Isaac Barr (Richard Gere) passiert dies mit der Schwester (Heather) seiner Patientin (Diana), die an zwanghaftem Verhalten leidet und einen immer wiederkehrenden Traum erzählt (mit drei verschiedenen Blumen). Sie bittet Barr, mit ihrer Schwester zu sprechen, die ihm mehr über ihre Familiengeschichte erzählen könne. Heather erzählt Barr, Diana sei von beider Vater mehrfach vergewaltigt worden, der später dann bei einem Brand ums Leben gekommen sei. Man habe Diana dafür verantwortlich machen wollen, doch Heather habe ihre Schwester beschützt.

Zwischen Heather und Barr funkt es ad hoc. Heather erzählt von ihrer unglücklichen Ehe mit dem korrupten Bauunternehmer Jimmy Evans (Eric Roberts), der wenig später erschlagen aufgefunden wird.

Barrs Freund, Rechtsanwalt Mike O’Brien (Paul Guilfoyle), übernimmt die Verteidigung Heathers, die als Täterin von Detective Huggins verhaftet wurde. Heather behauptet, sich nicht an die Tat erinnern zu können. Barr vermutet, dass Heather an pathologischer Intoxikation leide, hervorgerufen durch die Einnahme von auch nur wenig Alkohol. Am Tatabend will Heather Hustensaft (der bekanntlich einen hohen Anteil an Alkohol enthält) eingenommen haben, was dann zu ihrer „Gedächtnislücke“ geführt habe. Vor Gericht gelingt es O’Brien mit Hilfe des Gutachters Lowenthal (Robert Harper), die Geschworenen von der Schuldunfähigkeit Heathers zu überzeugen. Das Gericht ordnet die Unterbringung Heathers in einer psychiatrischen Klinik an, bis ausgeschlossen werden könne, dass sie für andere noch eine Gefahr sei.

Die ganze Zeit über war Barr darauf bedacht, dass niemand von seiner intimen Beziehung zu Heather erfährt. Dann allerdings geht ihm während des Vortrags einer Kollegin ein Licht auf: Der Traum mit den drei Blumen, den Diana immer wieder erzählte, ist in einem psychologischen Lehrbuch dokumentiert. Sollte er auf einen üblen Trick hereingefallen sein? Der Bruder des ermordeten Jimmy Evans, dem die Lebensversicherung über zwei Millionen Dollar zusteht, ist just zu dem Zeitpunkt an Krebs gestorben, als Heather in Barrs Leben trat. Zufall oder kaltblütig kalkulierte Absicht?

Fans dieses Films mögen mir verzeihen; aber mich hat die ganze (allzu) komplexe, (allzu) komplizierte sowie vor allem allzu konstruierte Story gelangweilt und stellenweise genervt. Die Grundkonstellation des Thrillers mit psychologischem Über-Touch ist letztlich von Anfang an klar: Es dreht sich alles um zwei Schwestern und einen Psychologen. Zu einfach wäre eine Geschichte, in der die eine der Schwestern ihren Mann tötet, weil der ein Mistkerl ist, Gere als heroischer Psychiater und heimlicher Liebhaber auftritt und dadurch nichts weiter als ein strunzdoofer Kriminalfall über die Leinwand flimmern würde. Daher wird eine Täuschung auf „Freudscher Basis“ ausgeklügelt, die Thurman und Basinger an den Mann und an die Frau bringen sollen. Daher ist – bei ein bisschen Nachdenken – von fast Anfang an klar, dass die beiden Schwestern (oder zumindest eine von Ihnen) etwas im Schilde führen.

Heather und Diana sind – vice versa – einmal die guten, einmal die bösen Schwestern. Gere zappelt dazwischen herum, der durch das Drehbuch nicht außerordentlich geforderte Detective darf zwischendurch seine Verdachtsmomente und Misstrauen äußern – gerade so, dass es in die überkonstruierte Geschichte hineinpasst. Einmal halten die beiden Frauen zusammen, dann verrät eine die andere, dann halten sie wieder zusammen – ein ziemliches Kuddelmuddel, über das man eigentlich lieber nicht nachdenken sollte.

Immer wenn es angebracht ist – das gilt, wie gesagt, auch für Detective Huggins –, ist Gere einmal der unschlagbare Psychiater, der hinter jedes noch so versteckte Geheimnis in der Psyche seiner Patientin kommen könnte, dann wieder der Trottel, der sich nach Strich und Faden übers Ohr hauen lässt – durch die Femme fatale Basinger und die kleine, unscheinbare Uma Thurman, die ihre Opferrolle jedoch gar nicht so überzeugend spielt.

Auch im Prozess gegen Heather herrscht ein ziemliches Durcheinander. O’Brien berichtet, dass die Staatsanwaltschaft als Trumpf die beinharte Gutachterin Dr. Grusin (Rita Zohar) aus dem Ärmel schütteln werde. Als die dann auftaucht, erweist sie sich als absolute Niete. Wie passt das zusammen? Die Verteidigung selbst setzt auf den mit pathologischer Intoxikation wohl vertrauten Dr. Lowenthal, dem man kaum abnehmen kann, dass er ein versierter Psychologe sein soll. Nervös, unsicher, letztlich unglaubwürdig muss ihm jedes Wort einzeln aus der Nase gezogen werden. Auch der im weiteren Verlauf durch einen Patienten Barrs begangene Diebstahl des Mordwerkzeugs, einer Hantel, ist fast schon dilettantisch in Szene gesetzt: Pepe (Agustin Rodriguez) mopst Heather die Hantel, während beide sich in in entgegengesetzter Richtung fahrenden Straßenbahnen befinden. Er macht sich davon. Plötzlich taucht Heather in der Wohnung Pepes auf. Woher wusste sie, wer Pepe ist und wohin er gehen würde? Hat sie die persönlichen Verhältnisse sämtlicher Angeklagten, für die Barr als Gutachter aussagte, penibel ausgekundschaftet?

Gere, Basinger, Thurman, Guilfoyle machen ihre Sache als Schauspieler nicht schlecht. Zudem gelingt es Joanou und Cronenweth, eine teilweise düstere und mysteriöse Atmosphäre zu erzeugen. Doch insgesamt hat mir „Eiskalte Leidenschaft“ überhaupt nicht gefallen: ein inhaltlich überfrachteter, besonders im Mittelteil auch arg in die Länge gezogener Thriller, dessen „überraschender“ Schluss gar nicht so wahnsinnig überraschend war und mich nicht vom Hocker reißen konnte.