Event Horizon – Am Rande des Universums
(Event Horizon)
USA 1997, 95 Minuten
Regie: Paul Anderson

Drehbuch: Philip Eisner
Musik: Michael Kamen
Director of Photography: Adrian Biddle
Montage: Martin Hunter
Produktionsdesign: Joseph Bennett

Darsteller: Laurence Fishburne (Captain Miller), Sam Neill (Dr. William Weir), Kathleen Quinlan (Peters), Joely Richardson (Lt. Starck), Richard T. Jones (Cooper), Jack Noseworthy (Justin), Jason Isaacs (D. J.), Sean Pertwee (Smith), Peter Marinker (Kilpack), Holley Chant (Claire), Barclay Wright (Denny), Noah Huntley (Brennender Mann / Edward Corrick), Robert Jezek (Techniker)

Effekte statt Geschichte

Bei manchen Filmen fragt man sich nicht: Who has done it, sondern what happened there? So auch bei Paul Andersons („Mortal Kombat“, 1995) Event Movie „Event Horizon“. Anderson eröffnet seinen Sciencefiction mit einem mehr als ansehnlichen Blick in die Weiten des Weltraums, Planeten, Raumschiffen und allem, was dazu gehört. Es beschlich mich das Gefühl, ein Sequel von „2001: Odyssee im Weltraum“ des großen Stanley Kubrick zu betrachten. Die zunehmend klaustrophobische Atmosphäre an Bord der beiden Raumschiffe „Lewis and Clarke“ und „Event Horizon“ tut ein übriges, um für eine gehörige Portion Spannung zu sorgen. Allein, die Geschichte – so gut sie sich anfangs anlässt – wird im Laufe des Films visuellen und pyrotechnischen Effekten geopfert.

Vor sieben Jahren war ein Erkundungsraumschiff unter dem Namen „Event Horizon“ in der Nähe des Neptun spurlos verschwunden. Im Jahr 2047 wird die Crew der „Lewis and Clarke“ unter Führung von Captain Miller (Laurence Fishburne, „Othello“, 1995, „The Matrix, 1999) auf Erkundungsfahrt Richtung Neptun geschickt, Sonderurlaub der Besatzung gestrichen. Nur einer weiß, welchen Auftrag die Mannschaft erfüllen soll: der Wissenschaftler Dr. Weir (Sam Neill, „Jurassic Park“, 1993, 2001) eröffnet der überraschten Besatzung, die „Event Horizon“ sei nicht explodiert; man habe Signale empfangen, die eindeutig auf die „Rückkehr“ des Raumschiffs schließen ließen, das nun geborgen werden solle. Mit Überlebenden rechne man nicht.

An Bord befinden sich neben Weir und Miller zwei Frauen, Peters and Starck (Kathleen Quinlan, „Apollo 13“, 1995, Joely Richardson, „101 Dalmatiner“, 1996) sowie vier Männer, Cooper (Richard T. Jones), Justin (Jack Noseworthy, „Breakdown“, 1997), D. J. (Jason Isaacs, „Dragonheart“, 1996) und Smith (Sean Pertwee). Weir weiß offensichtlich mehr, als er zunächst sagt. Nach und nach rückt er mit weiteren Einzelheiten heraus, etwa, dass die „Event Horizon“ mit einer Technologie ausgestattet sei, die es ermögliche, von einem Punkt des Alls in kürzester Zeit Millionen Lichtjahre zu einem anderen Ort zurückzulegen. Wie durch ein schwarzes Loch sei die „Event Horizon“, deren Konstrukteur Weir war, jetzt wieder in die Umlaufbahn von Neptun zurückgekehrt. Die anderen können das, was Weir erzählt, nicht so richtig glauben, sind teilweise wütend, weil wegen derartiger „Hirngespinste“, die jeglicher physikalischer Theorie widersprechen, ihr Urlaub gestrichen wurde. Justin ist so aufgebracht, dass er Weir angreift und nur mit Mühe überwältigt werden kann.

Man findet die „Event Horizon“. Zwei Männer werden abkommandiert, um das Raumschiff zu inspizieren. Und dann passieren merkwürdige Dinge. Halluzinationen überkommen einen nach dem anderen. Peters sieht ihren Sohn, Weir seine tote Frau, andere sehen die Leichen der Besatzung der „Event Horizon“. Irgend etwas auf dem Raumschiff scheint zu leben, ohne sichtbar zu werden. Die Situation wird lebensbedrohlich, als die „Lewis and Clarke“ schwer beschädigt wird. Und auch Weir verhält sich zunehmend seltsamer und will verhindern, dass die Besatzung nach Reparaturarbeiten wieder zur Erde zurückkehrt ...

Ein optimales Produktionsdesign (Joseph Bennett und Malcolm Middleton), zum Teil jedenfalls atemberaubende visuelle Effekte und special effects (Neil Corbould, Brent Boates) und eine überdurchschnittliche Besetzung sind eigentlich die besten Voraussetzungen für einen gelungenen Sciencefiction. Und tatsächlich kann „Event Horizon“ in der ersten Hälfte diesbezüglich überzeugen. Die Situation der Gefangenschaft der Crew auf den beiden Raumschiffen durch eine im Ansatz gelungene Idee von einer Gefahr, die anfangs unsichtbar und undurchschaubar ist, die Halluzinationen, die auf die Besatzungsmitglieder so echt wirken, als würde wirklich geschehen, was sie sehen, tun ein übriges, um Spannung aufzubauen. In Dr. Weir baut Philip Eisner eine zunehmend undurchsichtige Person auf, die wesentlich mehr zu wissen scheint, als sie zugibt.

So verliert die im Ansatz gute Geschichte in der zweiten Hälfte des Films jegliche Glaubwürdigkeit, im Rahmen des Genres, versteht sich. Charaktere und Geschichte werden Splatter- Effekten und Pyrotechnik geopfert. Und wie ein Großteil der „Event Horizon“ in den Weiten des Alls explodiert, verpufft die Geschichte im Nichts. Daran kann die hochkarätige Besetzung des Films auch nichts mehr ändern. Der Tod des größten Teils der Besatzung wirkt wie das Eingeständnis vom Scheitern des Plots. Der Horror wird vordergründig. Die „dunkle Macht“ verliert sich on the dark side of Neptune.

Und jetzt kommt die große Wende des Kritikers: Das Spektakel hat mir trotzdem gefallen. „Event Horizon“ ist kein außergewöhnlicher Sciencefiction. Aber er hat mich abseits aller Unzulänglichkeiten eineinhalb Stunden im Kinositz festgehalten. Ich schiebe das hier mal auf die Tagesstimmung. So paradox kann Kino sein.

© Bilder: Universal International Pictures