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Good Morning, Vietnam (Good Morning, Vietnam) USA 1987, 119 Minuten Regie: Barry Levinson
Drehbuch: Mitch Markowitz Musik: Chris Andrews, Alex North Director of Photography: Peter Sova Montage: Stu Linder Produktionsdesign: Roy Walker
Darsteller: Robin Williams (Adrian Cronauer), Forst Whitaker (Montesque Garlick), Tung Thanh Tran (Tuan), Chintara Sukapatana (Trinh), Bruno Kirby (Lt. Steven Hauk), Robert Wuhl (SSgt. Marty Lee Dreiwitz), J. T. Walsh (Sgt. Maj. Phillip Dickerson), Noble Willingham (Brig. Gen. Taylor), Richard Edson ( Private Abersold), Juney Smith (Sgt. Phil McPherson), Richard Portnow (Dan „The Man“ Levitan), Floyd Vivino (Eddie Kirk), Cu Ba Nguyen (Jimmy Wah)
Komik in der Hölle
Barry Levinson („Sleepers“, 1996; „Wag The Dog“, 1997; „Sphere“, 1998; „Banditen“, 2001) drehte 1987 „Good Morning, Vietnam“, einen Film, bei dem man sich fragen muss: Ist es ein Film über den Vietnamkrieg oder einer über einen außergewöhnlichen DJ und einen wichtigen Teil seines Lebenswegs, für den Vietnam „nur“ eine wichtige Etappe darstellt, der Krieg selbst aber im Hintergrund bleibt? Ein Kriegsfilm im speziellen Sinn ist „Good Morning, Vietnam“ sicherlich nicht. In einem weiteren Sinne vielleicht doch. Man ist leicht geneigt, amerikanische Filme, die in irgendeiner Weise über Vietnam handeln oder dort spielen, mit den (politischen) Kriterien zu beurteilen, die man selbst in bezug auf die Rolle der Vereinigten Staaten in Vietnam anlegt. Also etwa: Wird hier gegen oder für den Krieg Stellung bezogen? Die Geschichte des DJs Adrian Cronauer (Robin Williams) geht allerdings einen durchaus eigenständigen Weg, in einem weiteren Sinn vergleichbar vielleicht mit Robert Altmans „MASH“ (1970).
Cronauer wird vom Militär abkommandiert, um bei der US Armed Services Radio Station in Vietnam zu arbeiten. Cronauer arbeitet sozusagen „aus dem Stand“, er nimmt Armee-Nachrichten oder auch politische Meldungen aus anderen Bereichen, Alltagsereignisse ad hoc auf, um sie satirisch zu verarbeiten, Jokes zu produzieren und redet mit einer Schnelligkeit aus dem Stegreif, die bewundernswert ist. Es scheint so, als ob Cronauer keine seiner Sendungen vorbereiten muss. Er begrüßt die amerikanischen Soldaten mit einem langgezogenen „Gooooood Morning, Vietnam“, und schon bald hat er eine große Anhängerschaft unter den GIs, die seinen Humor und seine Bissigkeit zu schätzen wissen.
Anders allerdings reagieren die Verantwortlichen bei der Army. Besonders Sgt. Dickerson (J. T. Walsh) und Lt. Hauk (Bruno Kirby) sind gar nicht erfreut darüber, dass Cronauer vor der „Verarbeitung“ militärinterner Nachrichten keinen Halt macht, während der ihm zur Seite gestellte Private Garlick (Forest Whitaker) zwischen Sympathie und Sorge um seine DJ-Position Garlick zu schützen versucht. Brigadegeneral Taylor (Noble Willingham), der sich eigentlich um wichtigeres kümmern muss als um den Radiosender, hört sich die Beschwerden von Hauk und Dickerson an, hegt allerdings ebenfalls Sympathie für Cronauer.
Vor einer Spelunke, die dem eigenartigen Jimmy Wah (Cu Ba Nguyen), gehört, sieht Cronauer eines Tages die junge schöne Vietnamesin Trinh (Chintara Sukapatana). Als er ihr hinterherläuft, stößt er auf deren Bruder Tuan (Tung Thanh Tran), der seine Schwester vor Cronauer schützen will. Dann allerdings freunden sich die beiden Männer an. Um Tuan nahe zu sein, übernimmt Cronauer schnurstracks den Job eines Lehrers in einer Schule, in der Trinh und andere Vietnamesen englisch lernen.
Inzwischen haben Hauk und Dickerson es geschafft, Taylor davon zu überzeugen, Cronauer von seinem Job als DJ zu suspendieren. Hauk übernimmt die Stelle – und es hagelt wüste Protestschreiben der amerikanischen Soldaten, die die Rückkehr Cronauers verlangen. Er darf wieder als DJ arbeiten. Hauk und Dickerson allerdings geben nicht auf. Und zusätzlich wird Cronauer in einen Gewissenskonflikt gebracht, als er erfährt, dass Tuan Mitglied des Vietcong ist ...
„Good Morning, Vietnam“ ist ein Film über Vietnam, ist ein Art Kriegsfilm, das heißt ein Film über diesen Krieg, auch wenn Kampfhandlungen nur marginal vorkommen, ist ein Film über die Freundschaft zwischen einem Vietcong und seiner Schwester mit einem amerikanischen DJ, über die Unmöglichkeit, den Krieg jedenfalls ausschließlich als Material für Jokes zu verwenden, ist ein Film über die Unmöglichkeit der Liebe zwischen einer Vietnamesin und einem amerikanischen Soldaten, ist ein Film über den Versuch eines DJs, ein paar Vietnamesen amerikanische Lebensart näher zu bringen, ist ein Film darüber, dass dies angesichts des aggressiven Verhaltens der US-Army nur bedingt möglich ist, ist ein Film über die Unmöglichkeit, in einer solchen Situation auf Dauer dem herrschenden US-Establishment den Spiegel vor Augen zu halten über das, was es in Vietnam anrichtet.
Cronauer durchläuft eine Art Lernprozess bezüglich dieser Dinge. Während er anfangs tatsächlich versucht, das Kriegsgeschehen ausschließlich als Material für seine Art von Humor zu verwenden, so, wie er es in den USA unter anderen Bedingungen auch tun würde oder getan hat, werden seine Beiträge nach seiner Wiedereinsetzung als DJ bissiger, kritischer, treffender. Cronauers Beziehungen zu Trinh, in die er sich verliebt hat, zu ihrem Bruder Tuan, mit dem er sich angefreundet hat und der ihn aus einer lebensgefährlichen Situation rettet, und zu den Vietnamesen in der Schule repräsentieren Nähe, Zuneigung und Sympathie – ganz anders als das Verhältnis zu seinen Vorgesetzten. Selbst Taylor, der Cronauers Humor mag, entscheidet sich letztlich aus strategischen und politischen Gründen gegen ihn. Die Spannung zwischen diesen unterschiedlichen Beziehungen deuten drastischer und plastischer auf die Tragik einer Situation, als es fast jeder Kriegsfilm, in dem vor allem Kampfgeschehen, zerrissene Leiber, blutende Menschen im Vordergrund stehen, vermag.
Wir lachen über die Dreistigkeit, den Biss, ja den Spott Cronauers, während da draußen die Fetzen fliegen, was wir wissen, aber nicht zu sehen bekommen – eine zerreißende Spannung zwischen Tod und Komik. Cronauer selbst begreift diese Spannung erst nach einer gewissen Zeit, und er begreift, dass Freundschaft, Liebe, Nähe durch die Umstände, die Logik und die Gesetze des Krieges anders formuliert werden müssen. Als er erfährt, dass Tuan Vietcong und für einen Bombenanschlag verantwortlich ist, sucht er ihn, einerseits um ihn vor dem Zugriff der Army zu schützen, andererseits aber vor allem, um ihm Verrat an beider Freundschaft vorzuwerfen. Tuan antwortet ihm: Viele seiner Familienmitglieder sind durch die Amerikaner getötet worden. Was glaubt Cronauer, wie Tuan sich in einer solchen Situation verhalten soll? Cronauer würde Tuan nie an die eigenen Leute verraten, aber er muss begreifen, dass es für beider Freundschaft keine Zukunft geben kann, jedenfalls nicht unter den bestehenden Bedingungen.
Robin Williams scheint wie geboren für diese Rolle als Adrian Cronauer. Sein Kontrapunkt Steven Hauk, ein Kommisskopf wie aus dem Lehrbuch, ohne Humor, aber unfreiwillig komisch in seiner Art, wird von Bruno Kirby glänzend gespielt.
„Good Morning, Vietnam“ entzieht sich einer äußerlich bleibenden Beurteilung nach dem Muster „Bist du für oder gegen den Krieg“. Levinson gelang eine Art „realistische Groteske“, in der sich das Groteske bis zum Schluss des Films hin ins Tragische, allerdings nicht Melodramatische, auflöst. Der Film ist keine vordergründige „Stellungnahme“ zum Vietnamkrieg; er folgt den Spuren des Krieges über eine Figur und ihre Erfahrungen. Er bleibt nicht stehen auf der Ebene Verurteilung respektive Rechtfertigung des Krieges, sondern spürt auf, rührt auf, was sich an den Erfahrungen eines einzelnen in einem gewissen Zeitraum aufspüren lässt. Das macht „Good Morning, Vietnam“ so sehenswert.
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