Rebecca (1940)
Saboteur (1942)
Im Schatten des Zweifels (1943)
Ich kämpfe um Dich (1945)
Berüchtigt (1946)
Der Fall Paradin (1947)
Cocktail für eine Leiche (1948)





Rebecca
(Rebecca)
USA 1940, 130 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Philip MacDonald, Michael Hogan, Robert E. Sherwood, Joan Harrison, nach dem Roman von Daphne du Maurier
Musik: Franz Waxman
Director of Photography: George Barnes
Schnitt: W. Donn Hayes
Produktionsdesign: Lyle R. Wheeler, Howard Bristol, Joseph B. Platt
Darsteller: Laurence Olivier (George Fortescu Maximilian „Maxim“ de Winter), Joan Fontaine (die zweite Mrs. de Winter), George Sanders (Jack Favell), Judith Anderson (Mrs. Danvers), Gladys Cooper (Beatrice Lacy), Nigel Bruce (Major Giles Lacy), Reginald Denny (Frank Crawley), C. Aubrey Smith (Colonel Julyan), Florence Bates (Mrs. Edythe van Hopper), Leonard Carey (Ben), Leo G. Carroll (Dr. Baker), Edward Fielding (Frith)
 

Die Namenlose in der Falle
Mit seinem ersten in den USA gedrehten Film „Rebecca“, produziert von David O. Selznick, der im selben Jahr „Vom Winde verweht“ fertiggestellt hatte, war Hitchcock nicht gerade zufrieden. In seinen Gesprächen mit Truffaut äußerte er sich beispielsweise über den Film so: „Das ist kein Hitchcockfilm. Es ist eine Art Märchen, und die Geschichte gehört ins ausgehende neunzehnte Jahrhundert. Es ist eine ziemlich vorgestrige, altmodische Geschichte. Es gab damals viele schriftstellernde Frauen. Dagegen habe ich nichts. Aber 'Rebecca' ist eine Geschichte ohne jeden Humor“ [1].
Selznick verlangte von Hitchcock, der Linie des Romans von Daphne du Maurier haargenau treu zu bleiben. Betrachtet man die Geschichte, die aus der Perspektive einer Frau erzählt wird, jedoch genau, lässt sich die Handschrift Hitchcocks dennoch deutlich erkennen.

Inhalt
Wir begegnen einer Frau (Joan Fontaine), die als Gesellschafterin für eine resolute und wenig sympathische ältere Dame (Florence Bates) arbeitet. Diese Frau, die im gesamten Film keinen Namen trägt, ist scheu, ängstlich, unbeholfen, kindlich – also etwas ganz anderes als die meisten von Hitchcocks Film-Blondinen wie etwa Grace Kelly, Tippi Hedren, Kim Novak, Ingrid Bergman oder Doris Day. Diese Kind-Frau trifft auf einen reichen englischen Adligen, Maxim de Winter (Laurence Olivier). Ihr erstes Zusammentreffen ist zufällig. Bei einem Spaziergang sieht sie, wie de Winter vor einem Abgrund an der Küste steht. Es sieht so aus, als ob er springen wollte. Als er sie bemerkt, reagiert de Winter aggressiv, als ob die junge Frau ein Geheimnis gelüftet hätte.
Später verliebt sie sich in Maxim, der sie zu Ausflügen mitnimmt und ihr eines Tages einen Heiratsantrag macht. Liebt er sie? Irgend etwas scheint zwischen Maxim und der neuen Mrs. de Winter zu stehen. Es ist de Winters erste Frau Rebecca, die ein Jahr zuvor mit dem Segelboot aufs Meer gefahren und dort ums Leben gekommen war. Maxim hatte die Leiche, die weit entfernt von der Unfallstelle angeschwemmt worden war, damals identifizieren müssen. Mrs. de Winter II bemerkt sehr rasch, dass ihr Mann seine erste Frau offenbar nicht vergessen kann. Trotzdem heiraten die beiden.
Auch auf de Winters prachtvollem Herrensitz, irgendwo an der Küste, weitab von jeglichem Ort, begegnet man der neuen Mrs. de Winter mit Misstrauen. Vor allem die Haushälterin, Mrs. Danvers (Judith Anderson), verhält sich kühl und abweisend gegenüber der scheuen jungen Frau, die kaum in der Lage zu sein scheint, die neue Herrin auf Manderley abzugeben. Mrs. de Winter hat Angst, Angst, eine neue Rolle zu übernehmen, Angst, weil sie eine wertvolle Porzellanfigur zerbrochen und die Scherben heimlich im Schreibtisch versteckt hat, Angst, dass sie gegen den offenbar immer noch großen Einfluss von Rebecca keine Chance hat.
Und schnell muss sie auch begreifen, dass Mrs. Danvers alles tun wird, um sie aus dem Haus zu scheuchen. Als ein Maskenball in Manderley stattfinden soll, rät ihr Mrs. Danvers, ein Kleid zu entwerfen, das dem auf einem Gemälde im Haus gleicht. Als de Winter seine Frau in diesem Kleid sieht, reagiert er wiederum aggressiv, denn es war eines der Kleider, das Rebecca getragen hatte.
Alles scheint sich zu ändern, als das Boot, mit dem Rebecca ums Leben kam, eines Tages gefunden wird. In der verschlossenen Kajüte findet man eine Leiche: Rebecca. Erst jetzt beichtet Maxim seiner Frau, was damals wirklich geschehen war ...

Inszenierung
Man muss sich Hitchcocks eigenes leicht zynisches Urteil über den Film, das vor allem wohl Selznick und Daphne de Maurier gelten sollte, nicht zu eigen machen, um zu erkennen, dass „Rebecca“ eben doch ein „richtiger“ Hitchcock-Film ist. Sicher, von Humor ist in diesem klassischen psychologischen Drama keine Spur – die einzige Einschränkung, die ich machen würde.
Alles ist Betrug und Täuschung – bis auf die namenlose junge, scheue Frau, die sich offensichtlich gegen Angriffe auf ihre Person nicht wehren kann. Sie geht mit offenen Augen eine Beziehung ein, unter der sie leiden muss. Denn die Szenerie auf Manderley ist gekennzeichnet von der Macht einer Toten. Die Atmosphäre ist geradezu morbid, es herrscht Nekrophilie, und all das sind die besten Voraussetzungen dafür, dass Masochismus hier zum Tode führt. Mrs. Danvers glaubt an die Rückkehr von Rebecca. Deren Zimmer in einem Flügel des Hauses hütet die Haushälterin wie ihren Augapfel; sie war und ist in Rebecca verliebt, betet sie an wie eine Göttin, wird sie über den Tod hinaus gegen alles und jeden verteidigen. Für Rebecca, deren Initialen das ganze Anwesen überdecken, würde sie morden, wenn es sein muss.
Der Hausherr selbst scheint sich in einer ähnlichen Situation zu befinden. Er wehrt alles ab, was ihn an Rebecca erinnern könnte. Doch – und darin irrt die zweite Frau de Winter – sein aggressives Verhalten hat seinen Grund nicht in der Liebe, sondern im abgrundtiefen Hass. Maxim instrumentalisiert seine zweite Frau; sie soll ihn vergessen machen, was in seiner Vergangenheit an Tragischem geschah. Und immer wenn sie ihn – zufällig oder bewusst – an Rebecca erinnert, reagiert er sadistisch und erniedrigt die namenlose Frau an seiner Seite.
Erst die Aufdeckung dessen, was wirklich geschah, und die Enthüllung des wahren Charakters Rebeccas lassen wieder eine Chance für Maxim und Mrs. de Winter II sichtbar werden.
In den letzten zwanzig Minuten – nach der Entdeckung des gesunkenen Bootes – verwandelt Hitchcock „Rebecca“ urplötzlich in eine Kriminalgeschichte. Es geht ausschließlich noch um die Aufklärung des Todes von Rebecca, die dreisten Erpressungsversuche von Rebeccas Vetter. Erst jetzt kann de Winter seiner jungen Frau seine Liebe gestehen, und erst durch den Tod von Mrs. Danvers findet der Spuk ein Ende.

Fazit
„Rebecca“ ist eine gelungene psychologische Studie, andererseits für Hitchcock aber in gewisser Weise auch eine Art aufgezwungene Stilübung für spätere Filme. Die Spannung des Films ergibt sich vor allem aus der mysteriösen Nekrophilie der Mrs. Danvers, die von Judith Anderson als stets in Schwarz gekleidete, starre Frau gespielt wird, die so plötzlich verschwindet, wie sie aufgetaucht war, aus dem Geheimnis, was Rebecca umgibt, und dem Verhalten Maxims, der seiner neuen Frau gegenüber nicht ehrlich ist.

[1] Truffaut / Hitchcock. Hrsg. von Robert Fischer. François Truffaut in Zusammenarbeit mit Helen G. Scott, München, Zürich 1999, S. 103.



Saboteure
(Saboteur)
USA 1942, 108 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Peter Viertel, Joan Harrison
Musik: Frank Skinner
Director of Photography: Joseph A. Valentine
Schnitt: Otto Ludwig, Edward Curtiss
Produktionsdesign: Jack Otterson, Russell A. Gausman
Darsteller: Robert Cummings (Barry Kane), Priscilla Lane (Patricia Martin), Otto Kruger (Charles Tobin), Alan Baxter (Mr. Freeman), Clem Bevans (Neilson), Norman Lloyd (Frank Fry), Alma Kruger (Henrietta Sutton), Vaughan Glaser (Phillip Martin), Dorothy Peterson (Mrs. Mason), Ian Wolfe (Robert, Butler), Murray Alper (Mac, Truck-Fahrer), Pedro de Cordoba (Bones, Zirkusdirektor), Billy Curtis („Major“, der Zwerg), Marie Le Deaux (Tatania, die dicke Frau)

Psychological Warfare

Auch Hitchcock hatte seinen „Propagandafilm“ während des zweiten Weltkrieges. Der 1942 gedrehte Film „Saboteur“ enthält allerdings weit weniger plakative Feinderklärung als viel mehr den Glauben an die Erlösung durch die Kraft des Individualismus. Eigentlich ist „Saboteur“ ein „typisch“ amerikanischer Film, inszeniert von einem Briten, eine demonstrative Geste für Individualismus gegen kollektivistische Ideologien, gegen Feigheit, Erniedrigung und Allmachtsphantasien. Ein junger Mann, der in einem kriegswichtigen Flugzeugwerk arbeitende Barry Kane (Robert Cummings), und eine junge Frau, so unschuldig und schön wie Patricia Martin (Priscilla Lane), stehen im Mittelpunkt des Streifens – und indem die beiden zusammenfinden, besiegen sie Niedertracht und Terror.

„Saboteur“ ist aber auch eine frühe Form des Action-Films. Da jagt einer Tausende von Meilen durch Amerika, als wenn es um sein Leben geht, und es geht um sein Leben und das von etlichen anderen. Barry wird beschuldigt, für einen Brandanschlag auf das Flugzeugwerk verantwortlich zu sein, bei dem sein bester Freund in den Flammen ums Leben gekommen ist. Die Behörden glauben ihm seine Geschichte nicht, dass ein gewisser Frank Fry (hervorragend besetzt mit Norman Lloyd) ihm einen mit Benzin gefüllten Feuerlöscher in die Hand gedrückt und Barry den dann seinem Freund weitergereicht habe, so dass dieser beim Versuch, das Feuer zu löschen, sterben musste. Barry muss fliehen. Er verfolgt eine Spur, die Adresse, die auf einem Fry aus der Tasche gefallenen Brief zu lesen war. Schon in einer Szene am Anfang setzt Hitchcock hier die Fronten gegeneinander. Als Barry und sein Freund sich nach einer hübschen Frau umsehen, rempeln sie Fry an, und der verliert seine Briefe. Barry trampt, wird von dem Fernfahrer Mac (Murray Alper) mitgenommen, der immer für eine ironische Bemerkung zu haben ist. Barry vertreibt sich die Fahrt zu einer Ranch, auf der er Fry vermutet, mit Pfeifen. Seine Frau, sagt Mac, habe zwei Leidenschaften. „Sie gibt Geld für Kino und Hüte aus. Sie kauft einen Hut, nur, um ihn dann im Kino wieder abzunehmen. Ich habe keinen Grund zum Pfeifen.“

Eine schöne Ranch, mit Swimmingpool, einen zuvorkommenden Besitzer namens Charles Tobin (Otto Kruger) nebst Tochter und süßem Enkelkind findet Barry vor. Aber Tobin ist alles andere als ein Menschenfreund. Er ist der Kopf einer amerikanischen Nazi-Gruppe, die mit Anschlägen die amerikanische Kriegsindustrie schädigen will, und träumt von einer elitären Herrschaft gegen den „Mob“. Tobin lässt Barry verhaften, um ihn los zu werden. Und mit knapper Mühe kann der unschuldige junge Mann in Handschellen entkommen.

In einem Haus im Wald trifft er auf Phillip Martin (Vaughan Glaser), das genaue charakterliche Gegenteil von Tobin, ein Blinder, der mehr sieht, als man annimmt. Hier lernt Barry auch Martins Nichte Patricia kennen. Tobin hilft Barry, der Patricia (die ihm nicht glaubt) zunächst dazu zwingt, ihm ebenfalls zu helfen, bis sie schließlich davon überzeugt ist, dass Barry unschuldig ist. Gemeinsam drehen sie den Spieß um: Obwohl Barry auch weiterhin gesucht wird, jagt er jetzt mit der schönen Pat die Verschwörer bis nach New York.

Sicher, auch in Hitchcocks Beitrag zur psychologischen Kriegsführung kommen die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen. Trotzdem ist „Saboteur“ kein patriotisch-pathetischer Film geworden. Hitchcock, der sich für Politik nicht sonderlich interessierte, bleibt bei dem, was er kann: beim Suspense bis zum Showdown auf der Freiheitsstatue. Besonders beeindruckend sind Szenen wie etwa die in der Radio City Music Hall, in der sich das Publikum einen Kriminalfilm ansieht und zunächst nicht gewahr wird, dass im Kinosaal auch ein Krimi abläuft: Fry wird gejagt, es kommt zur Schießerei, Film und Realität gehen ineinander über, bis Panik ausbricht. In einer anderen Szene versucht Barry zu verhindern, dass Fry auf einen Knopf drückt, der zur Explosion eines gerade in See stechenden Kriegsschiffs führen soll. Typisch Hitchcock auch die lange Einstellung auf dem Wohltätigkeitsball der reichen Henrietta Sutton (Alma Kruger), die zu den Verschwörern gehört. Als Barry und Pat dort auftauchen, werden alle Ausgänge bewacht. Sie tanzen, suchen eine Fluchtmöglichkeit. Wie in einem Gefängnis, von dem nur die Verfolger und die Gefangenen wissen, bewegen sie sich durch die tanzenden Gäste, die von nichts eine Ahnung haben. In einer anderen Szene verstecken sich Pat und Barry bei vorbeifahrenden Zirkusleuten, die darüber abstimmen, ob man beide verstecken soll oder nicht. Merkwürdige Gestalten wie die Frau mit Vollbart, der keifende Liliputaner, die siamesischen Zwillinge, die immer unterschiedlicher Meinung sind, die dicke Frau und der Zirkusdirektor Bones (gespielt von dem damals bekannten Bühnendarsteller Pedro de Cordoba) verkörpern – ganz Hitchcock – das gute Amerika, das wirklich gute Amerika, die einfachen Leute, die das Herz an der richtigen Stelle haben, keine Vorurteile hegen und Ausreißer in den Griff bekommen.

Eine überwiegend exzellente Besetzung macht „Saboteur“ zu einem sehenswerten und spannenden Ereignis.



Im Schatten des Zweifels
(Shadow of a Doubt)
USA 1943, 108 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Gordon McDonell, Thornton Wilder
Musik: Dimitri Tomkin, , Franz Lehár („Lippen schweigen, 's flüstern Geigen“)
Director of Photography: Joseph A. Valentine
Schnitt: Milton Carruth
Produktionsdesign: John B. Goodman, Russell A. Gausman
Darsteller: Teresa Wright (Charlie Newton), Joseph Cotten (Charlie Oakley), Macdonald Carey (Detective Jack Graham), Henry Travers (Joseph Newton), Patricia Collinge (Emma Newton), Edna May Wonacott (Ann Newton), Charles Bates (Roger Newton), Hume Cronyn (Herbie Hawkins), Wallace Ford (Fred Saunders)

„... and I brought you nightmares“

Erst nur ein Hauch, ein zarter, kaum fühlbarer Hauch von Zweifel berührt die Unschuld, das Reine, das fast Unberührbare, das phantastisch Gute. Dann entwickelt sich der nur leicht unangenehm riechende Luftzug zu einem erbärmlich stinkenden Sturm, der in das Leben der jungen Charlie (Teresa Wright) einbricht. Was Charlie Kopfzerbrechen und lange Stunden des Nachdenkens kostete – das Einerlei des gut situierten, freundlichen, sittsamen Alltags, des Anstands par excellence –, die gähnende Langeweile des täglichen Einerleis, die Routine des Durchschnitts, verkehrt sich in ein Trauma, aber nicht eines, das von außen mit aller Macht in die Idylle einbricht und das Paradies zerstört, das nicht nur in Charlies Kopf existiert, sondern an das ihre ganze Familie glaubt. Das Grauen bricht mitten aus ihnen selbst heraus, in der eigenen Familie, auch wenn es mit dem Zug kommt und mit dem Zug wieder geht.  Zum Schluss wird nur Charlie seiner gewiss sein. Die Fassade soll bleiben, der Glaube ebenso und die Idylle allemal.

Charlies Familie ist keine schlechte, Gott bewahre. Sie sind alle auf ihre Weise sympathisch, die Newtons. Vater Joseph, ein Bankangestellter (Henry Travers), der die Ruhe in Person ist und sich mit seinem Nachbarn Herbie (Hume Cronyn) die Freizeit mit der (natürlich nicht ernst gemeinten) Frage vertreibt, wie der eine den anderen am besten ermorden würde, Mama (Patricia Collinge), die mit Küche und Kirche, Hausfrauenbund und ähnlichen Annehmlichkeiten herzlich verbunden ist, die vorlaute, neunmalkluge, aber nichtsdestotrotz intelligente und durchaus witzige kleine Schwester Ann (Edna May Wonacott) und der noch etwas jüngere männliche Spross der Familie Roger (Charles Bates), dem es auf die Nerven geht, als Nesthäkchen behandelt zu werden. Fast könnte man meinen, man befinde sich in „Pleasantville“, jenem amerikanischen Fernsehparadies der 50-er Jahre, in dem der american dream zu sich selbst gefunden zu haben schien: das Paradies und Amerika waren eins geworden.

Aber Hitchcock wäre nicht Hitchcock, wenn Santa Rosa in Kalifornien und Pleasantville ein und dasselbe wären. Und so bekommt die Familie Newton Besuch von Emmas jüngstem Bruder, Charlie Oakley (Joseph Cotten), einem gut aussehenden und nicht minder gut gekleideten, zuvorkommenden Mann. Charlie liebt Charlie, soll heißen: Nichte Charlie, der bezaubernde Teenager im langen, eng taillierten Kleid und den high heeled shoes, liebt Charlie, den lieben Onkel, den sie gerade angesichts des nervenden Trotts noch herbeigesehnt hatte. Und nun kündigt er sich per Telegramm an, steht am Bahnhof. Der amerikanische Traum scheint perfekt. Aber Onkel Charlie hat etwas zu verbergen. Onkel Charlie ist ein Mörder, ein Lustige-Witwen-Mörder, einer, der reiche Damen, deren Männer im Jenseits weilen, kurzerhand den Hals umdreht, ekelhafte Damen, wie Onkel Charlie meint, die das Geld ihrer verstorbenen Männer verschleudern. Charlie hat sich in seiner Sicht der Welt das Recht zugestanden, zu morden und das Geld einem moralisch höherwertigen Zweck zuzuführen: sich.

Niemand in der Familie Newton ahnt so etwas. Niemand. Und Onkel Charlie versucht, sich in dem Städtchen Santa Rosa eine Art Fassaden-Existenz aufzubauen, bringt 30.000 Dollar zur Bank, in der Schwager Joseph arbeitet, erklärt sich bereit, vor versammelten Hausfrauen einen Vortrag zu halten. Alles das würde gut gehen, funktionieren, wenn es nicht die Polizei gäbe. Detective Graham (Macdonald Carey) und sein Kollege Saunders (Wallace Ford) sind die Störenfriede, die sich unter dem Vorwand, ein Interview mit der amerikanischen Durchschnittsfamilie Newton führen zu wollen, ins Haus einschleichen. Onkel Charlie und ein anderer Mann stehen im Verdacht, der Witwenmörder zu sein; nur weiß man es nicht genau.

Das Grauen bricht ein, ein Traum wird zum Alptraum. Nichte Charlie erfährt von Graham, wen die Polizei sucht. Und der Ring, den Onkel Charlie ihr geschenkt hat, wird für die Nichte zur Gewissheit über das Grauen, das mit ihrem Onkel verbunden ist.

Kaum ein anderer als Alfred Hitchcock brachte es fertig, in einer solchen Klarheit, mit derart einfachen (nicht simplen) Mitteln einen Traum zu zerstören. Vielleicht sollte man besser sagen: Traum und Alptraum als Geschwister vorzuführen. Nicht Onkel Charlie steht im Zentrum dieses Thrillers aus dem Jahr 1943. Im Mittelpunkt steht die Unschuld, der reine Traum, die unbefleckte Phantasie eines Teenagers und die Zerstörung all dessen. Sie wird durch ihren Onkel erwachsen und wird ihr Leben lang nie vergessen, dass es dieses Geschwisterpaar gibt. Der Ring – ein einem seiner Opfer entwendetes Schmuckstück – ist das Symbol für Verrat und Bestechung. Onkel Charlie schenkt ihn seiner Nichte, scheinbares Zeichen seiner Zuneigung, und doch nur Schein, Blendwerk einer Existenz, die ganz anderes verbirgt, verschweigt. Die junge Charlie wird aus ihrem Traum katapultiert, langsam mürbe gemacht – und leistet Widerstand gegen den Einbruch des Grauens und die Bedrohung durch den geliebten Onkel, der sich als Schrecken entpuppt. „Do you know the world is a foul sty?“ sagt der Onkel zur Nichte, „Do you know if you rip the fronts off houses you'd find swine? The world's a hell. What does it matter what happens in it?“ Wenn die Welt eine Hölle ist, was und wen kümmert es dann, was in ihr passiert? Onkel Charlie hat den Alptraum zu seinem Lebensinhalt gemacht. Er gehört zu jener Sorte Menschen, die mit einem enormen Maß an moralischem Anspruch die Unmoral zum legitimen Mittel ihres Daseinskampfes auserkoren haben – wenn auch hier auf einer banalen Ebene als einzelner Verbrecher: Tugend durch Terror.

Der Ring allerdings wechselt seine Bedeutung. Er wird für Oakley zur Bedrohung, zur Lebensgefahr. Und Hitchcock zaubert das herbei, was die Gefahr bannt, aber den Alptraum nicht beseitigen kann: die Stärke des Gewissens, die innere Kraft, die andere Seite der Unschuld in der Nichte Charlie.

Hitchcock ist weit davon entfernt, seine Protagonisten zu verurteilen, vielleicht bewundert er sie sogar, die Newtons, vor allem die junge Charlie, irgendwo. Aber Hitchcocks Art der Erlösung ist keine Rückkehr zur Unschuld, zum Paradies. Es ist eine Erlösung, die entweder läutert oder zur Zerstörung führen kann. Onkel Charlie ist ein Mörder, und trotzdem zeigt ihn Hitchcock immer wieder zwischendurch als sympathischen Mann. Diese Welt ist nicht simpel schwarz-weiß, sondern schattiert und grau und bunt und eintönig und vor allem anderen: zweifelhaft.



Ich kämpfe um dich
(Spellbound)
USA 1945, 121 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Ben Hecht, Angus MacPhail
Musik: Miklós Rózsa, Audrey Granville
Director of Photography: George Barnes
Schnitt: William H. Ziegler, Hal C. Kern
Produktionsdesign: James Basevi, John Ewing
Darsteller: Ingrid Bergman (Dr. Constance Peterson), Gregory Peck (John Ballantine), Michael Chekhov (Dr. Alex Brulov), Leo G. Carroll (Dr. Murchison), John Emery (Dr. Fleurot), Steven Geray (Dr. Graff), Paul Harvey (Dr. Hanish), Donald Curtis (Harry), Rhonda Fleming (Mary Carmichael), Norman Lloyd (Mr. Garmes), Bill Goodwin (Hoteldetektiv), Art Baker (Lt. Cooley), Regis Toomey (Sgt. Gillespie)

Licht und Schatten

Psychoanalyse pur, mit allen Erklärungen, das heißt einem enormen Aufwand an Dialogen – das ist „Spellbound“ (mit dem pathetisch-unerträglichen deutschen Titel „Ich kämpfe um dich“) sicherlich auch. Und mancher mag heute über die lehrbuchhafte und inzwischen in mancherlei Hinsicht überzogene Darstellung psychoanalytischer Kategorien leise lächeln. In „Spellbound“ jedoch geht es vor allem – einmal wieder – um eine Liebesgeschichte mit allerlei Hindernissen. Hitchcocks starke Zweifel an der romantischen Liebe sind bekannt. In „Spellbound“ „versteckt“ er diese Zweifel – trotz eines hart erkämpften Happyends – hinter der Fassade eines psychoanalytischen Falls, dessen Spannung über zwei Stunden hinweg durchgehalten wird.

Inhalt
Der Leiter der psychiatrischen Klinik Green Manors irgendwo in Vermont, Dr. Murchison (Leo G. Carroll) ist pensioniert worden. Er und seine Kollegen, Dr. Graff (Steven Geray), Dr. Hanish (Paul Harvey), Dr. Fleurot (John Emery) und Dr. Constance Peterson (Ingrid Bergman), erwarten den berühmten Dr. Edwardes als Nachfolger Murchisons. Der erscheint auch (Gregory Peck), doch schnell kommen Zweifel an der Identität dieses Mannes auf, der in Wirklichkeit John Ballantine heißt, davon aber nichts weiß. Schon bei einem Dinner wird Ballantine schwindlig, als Constance auf der weißen Tischdecke mit einer Gabel Linien zieht. Ballantine hat das Gedächtnis verloren. Die Linien machen ihm Angst, sind Zeichen eines dunklen und wunden Punktes in seiner Vergangenheit.

Constance verliebt sich in den gut aussehenden Mann und setzt alles daran – gegen den Widerstand ihrer Kollegen, vor allem Dr. Fleurots, der hinter ihr her ist –, Ballantine zu helfen. Der, so erfährt sie, hält sich für schuldig am Tod des richtigen Dr. Edwardes. Hinter diesem Schuldkomplex und der Amnesie vermutet Constance richtigerweise aber noch ein anderes Geheimnis aus der Kindheit Ballantines.

Inzwischen ist die Polizei auf der Spur Ballantines, da Dr. Edwardes mit ihm gesehen wurde, bevor er starb, ermordet wurde. In ihrer Verzweiflung weiß sich Constance nicht anders zu helfen, als dem inzwischen geflüchteten Ballantine, der unter einem anderen Namen in New York untergetaucht ist, nachzureisen und mit ihm ihren alten Lehrer Dr. Brulov (Michael Chekhov) aufzusuchen. Brulov durchschaut sofort, dass beide kein Paar sind, wie Constance ihm weismachen will, und ist fest entschlossen, Ballantine der Polizei auszuliefern. Mit großer Mühe überredet Constance ihren Lehrer, zunächst zu versuchen, über eine Traumdeutung hinter das Geheimnis zu kommen, das Ballantine derart belastet. Als sie es gelüftet haben, bleibt allerdings eine Frage: Wenn Ballantine nicht der Mörder Edwardes ist, wer dann?

Inszenierung
Zeichen bestimmen die Beziehungen in Hitchcocks Filmen. Constance wird als eine scheinbar frigide Frau vorgeführt – von ihrem Kollegen Dr. Fleurot, einem Schürzenjäger, der sich nichts mehr wünscht, als seine Kollegin zu verführen. Constance wehrt ihn ab. Nur Vernunft und Verstand (also Wissenschaft) sollen herrschen, meint sie. Aber insgeheim sagen Ingrid Bergmans Augen etwas anderes. Constance ist wählerisch, auf eine zutiefst positive Art. Constance wartet, bis „es“ passiert. Sie ist nicht frigide, sie schwankt zwischen der Angst vor und dem Wunsch nach Liebe und verbirgt dies hinter einer (psychoanalytischen) Mauer. Dann erscheint dieser junge, gut aussehende, verwirrte Mann, dessen Veröffentlichungen sie bewundert. Der erste Moment ist der entscheidende, der, der alles entscheidet. Die Psychoanalyse erscheint in diesem Moment als eine fahle Fassade, und bis zum Schluss des Films bleibt in der Schwebe, ob es die psychoanalytische Wissenschaft oder die Liebe war, die Ballantine aus der dunklen Versenkung ins Licht zurückgebracht hat.

Das Tischtuch, weiß, steht als Zeichen für die verdrängte Erinnerung, für den Selbstschutz für ein tragisches Ereignis in der Kindheit Ballantines. Aber es steht auch und vor allem für die Liebe. Constance fährt mit der Gabel über das Tischtuch; das Weiß, das auch für Unschuld, Reinheit steht, erfährt dunkle Spuren, die genau das Gegenteil bedeuten. Noch weiß sie nicht, was dies für John Ballantine bedeutet. Wiederum ist es Constance, die das Betttuch bei ihrem väterlichen Lehrer Dr. Brulov über ihren Körper zieht, ein helles Betttuch mit dunklen Linien. Bett und Tisch, wiederum Synonyme für eine Beziehung.

Constance fordert das Glück heraus. Wiederum ist es die starke Frau, die trotzdem Schwächen hat, aber dem Mann zeigt, wo es lang geht. In „Spellbound“ – verzaubert – ist es der Mann ohne Erinnerung, der sich schleunigst eine andere Identität zulegen musste, um zu leben und zu überleben, ein schwacher Mann, dessen Subjektivität, dessen Menschsein durch den Tod überschattet wird. Wie ein Damoklesschwert hängt dieser Tod über John Ballantine. Niemand konnte ihm bisher helfen, schon gar nicht er selbst. Constance kann es.

In einem Gespräch auf der Treppe des Hauses von Dr. Brulov, dem verschmitzten alten Psychiater, der immer einen Witz oder ironischen Kommentar auf den Lippen trägt und der sich nur widerwillig und aus Zuneigung zu Constance von seinem Vorhaben abbringen lässt, Ballantine der Polizei auszuliefern, sagt der väterliche Freund und Lehrer zu den beiden: „Frauen sind die besten Psychoanalytiker, bis sie sich verlieben. Sobald sie heiraten, werden sie die besten Patienten.“ Der Fall Ballantine beweist das genaue Gegenteil. Zwischen John und Constance stehen Schatten seiner Vergangenheit. Ihre Unbeirrtheit und fast schon gnadenlose Konsequenz kann niemand konterkarieren. Die Entschlüsselung dieser Geheimnisse öffnet ihr erst den wirklichen Zugang zu John. Und genau darin besteht Constance Stärke, diesen Weg unbeirrt zu gehen.

Constance entschlüsselt den Traum (von Salvador Dali entworfen) aufgrund ihrer Liebe zu Ballantine mit Hilfe der Psychoanalyse. Brulov entschlüsselt den Traum aufgrund seiner Liebe zur Psychoanalyse. Constance ermöglicht dieser abweichende Weg, in der Enträtselung der Angelegenheit weiter zu kommen als Brulov. Sie findet sogar den Mörder. Was aus beiden wird, lässt Hitchcock offen. Wir wissen nicht, wie John Ballantine wirklich ist, genauso wenig wie Constance. Hitchcock eröffnet beiden eine Tür; was dahinter passieren wird, steht in den Sternen, wie in „Marnie“, wenn Sean Connery und Tippi Hedren am Schluss zusammenstehen, aber ein leiser Zweifel, ein Hauch von Angst bleibt, was aus den beiden werden könnte.

Man mag aus heutiger Sicht über die ausgedehnten psychoanalytischen Erklärungen in den Dialogen des Films leicht amüsiert sein. Aber immerhin war „Spellbound“ in dieser Form der erste Film, der sich mit der Wissenschaft derart eingehend befasste. Und auch wenn Constance ihrem Patienten und Liebhaber – eine verbotene Konstruktion für einen Analytiker – fast jeden Schritt ihrer Vorgehensweise erklärt – eine nicht gerade übliche Art nach dem Motto: Ich frage Sie jetzt dies und das, weil ich dies und das herausbekommen möchte –, so bleibt die Psychoanalyse doch „nur“ Beiwerk auf dem Weg, den Constance und John für und zu sich suchen.

Fazit
„Spellbound“ gehört sicherlich zum „oberen Drittel“ der besten Filme Hitchcocks. Die zumeist düstere Atmosphäre des Films, in dem sich die Figuren in Räumen bewegen, in denen künstliches Licht und Schatten im übertragenen Sinn eine enge Verbindung eingehen, kann immer wieder faszinieren, ebenso die beiden Hauptdarsteller. Gregory Peck war in „Spellbound“ wesentlich besser aufgehoben als etwa in „Der Fall Paradin“.



Berüchtigt
(Notorious)
USA 1946, 101 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Ben Hecht
Musik: Roy Webb
Director of Photography: Ted Tetzlaff
Schnitt: Theron Warth
Produktionsdesign: Carroll Clark, Albert S. D'Agostino
Darsteller: Cary Grant (T. R. Devlin), Ingrid Bergman (Alicia Hubermann), Claude Rains (Alexander Sebastian), Louis Calhern (Captain Paul Prescott), Leopoldine Konstantin (Madame Sebastian), Reinhold Schünzel (Dr. Anderson), Moroni Olsen (Walter Beardsley), Ivan Triesault (Eric Mathis), Alex Minotis (Joseph, Butler)

Paare ...

Maskerade und Demaskierung sind zentrale Momente in Hitchcocks Filmen. Im Fall von „Notorious“ kommt noch ein Betrug hinzu: 1950 kam der Film unter dem Titel „Weißes Gift“ auf deutsche Leinwände. Aus den Nazis im Film wurden Drogenhändler, aus dem radioaktiven Material Rauschgift, aus der Deutschen Alicia Hubermann eine Schwedin und aus dem Bösewicht Sebastian ein Herr Sebastini. Erst später erhielt der Film eine neue deutsche Synchronisation und aus den Drogendealern wurden wieder die ursprünglichen Nazis. (Auf der DVD von „EuroVideo“ ist leider nur die verfälschende deutsche Synchronisation benutzt worden. Englische Untertitel sind nicht vorhanden – alles in allem unverständlich, zumal die DVD auch kein weiteres Zusatzmaterial enthält.) Allerdings spielt diese Fälschung – so sehr sie auch etwas über den Umgang in Deutschland mit der eigenen Vergangenheit verraten mag – in bezug auf die Geschichte, die der Film erzählt, so gut wie keine Rolle. Denn Hitchcock legte mit „Notorious“ vielleicht seinen „einfachsten“, auch visuell in jeder Hinsicht überzeugenden Film vor, in dem die Konstellationen sich im wesentlichen auf drei Personen und ihre Mentalität und Gefühlswelt reduzieren lassen – und auf die „mit Leben gefüllten“ Objekte, die in Hitchcocks Filmen eine entscheidende Bedeutung spielen.

Inhalt
Die Geschichte ist denkbar einfach. Die Tochter eines wegen Spionage für die Nazis verurteilten Herrn Hubermann, Alicia (Ingrid Bergman), wird vom US-Geheimdienst in Gestalt von T. R. Devlin (Cary Grant) angeworben, einen geheimen Ring von nach Brasilien geflüchteten Nazis in Rio aufzuspüren. Alicia, die das Treiben ihres Vaters verabscheute und Amerika liebt, ertränkt ihre Verzweiflung in Alkohol und Männern. Trotzdem lässt sie sich anheuern und fliegt mit Devlin nach Rio, um sich in das Vertrauen von Alexander Sebastian (Claude Rains) einzuschleichen, den sie aufgrund der Beziehungen ihres Vaters zu Sebastian von früher kennt. Er war schon vor Jahren in Alicia verliebt. Als sie jetzt in Rio bei ihm auftaucht, hat er nichts anderes im Sinn, als Alicia zur Heirat zu bewegen – trotz Protestes seiner Mutter (Leopoldine Konstantin), die der jungen Frau nicht traut.

Was Sebastian nicht weiß: Alicia ist in Devlin verliebt. Devlin, der sich einerseits zu Alicia hingezogen fühlt, sie andererseits wegen ihres bisher lockeren Lebens und Alkoholkonsums verachtet, treibt sie in die Arme Sebastians. Alicias Hoffnungen auf eine Verbindung mit Devlin schwinden, als der ihr erklärt, sie solle Sebastian ruhig heiraten.

Alicia findet heraus, dass Sebastian und sein Kreis radioaktives Material besitzen, das sie in Weinflachen im Keller des Hauses verstecken. Als Sebastian durch ein Missgeschick Devlins im Weinkeller hinter die wahren Absichten Alicias kommt, beschließt Sebastians Mutter, Alicia langsam und unauffällig mit Arsen zu vergiften. Wenn Sebastians Organisation dahinter kommen würde, dass er einen entscheidenden Fehler durch die Heirat mit Alicia gemacht hat, wäre dies sein Todesurteil ...

Inszenierung
Alicia scheint verloren – zwischen der Vergangenheit ihres Vaters und der Zukunft als Helfershelferin der amerikanischen Behörden. Dazwischen liegt der Alkohol. In einer Szene zu Anfang des Films sieht man sie im Bett liegen. Sie fühlt sich schlecht, weil sie am Abend zuvor zu viel getrunken hatte. Vor ihr steht ein Glas mit Alka-Seltzer. In der Tür steht Devlin, im Dunkeln, fordert sie auf, das Glas auszutrinken. Alles im Raum wirkt für Alicia undeutlich, verschwommen, es dreht sich. Später, viel später in Rio trinkt Alicia aus einer Tasse mit Goldrand Kaffee, in dem sich eine geringe Dosis Arsen befindet, das sie langsam umbringen soll.

Der Alkohol steht für die Selbstaufgabe einer Frau, der Kaffee für den Stoß, den ihr andere versetzen wollen. Dazwischen stehen zwei Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Devlin, gut aussehend, charmant, der Mann, der für das Gute steht, der Alicia dafür benutzt, um das Ziel der Behörden zu erreichen, die Nazi-Gruppe hochgehen zu lassen. Er begegnet Alicia vor allem mit Misstrauen und Verachtung. Auf der anderen Seite Sebastian, der Bösewicht, der – obwohl elegant – lange nicht so gut aussieht wie Devlin, der allerdings Alicia wirklich liebt und ein enormes Vertrauen in sie setzt. Rains wird nicht nur bitter enttäuscht. Sein Vertrauen wird ihm den Tod bringen. Devlins Misstrauen hingegen führt zum Erfolg: die Bande ist zum Schluss am Ende.

„Notorious“ ist vor allem anderen eine Liebesgeschichte mit Hindernissen, Zerwürfnissen und Maskerade. Niemand ist ehrlich in diesem Spiel bis auf Alicia, deren Liebe zu Devlin echt ist. Devlin versteckt sich hinter seiner Pflicht und benutzt Alicia. Alicia lässt sich auf ihre Undercover-Rolle ein, aber weniger aus patriotischen Gefühlen, sondern vor allem aus Liebe zu Devlin. Sebastian wühlt im Untergrund. Alicia gaukelt ihm Zuneigung vor. Sebastians Mutter ist skrupellos und zu allem entschlossen. Das alles würde in eine totale Katastrophe führen: Alicia würde langsam an dem Arsen zugrunde gehen, Sebastian würde mit radioaktivem Material Unheil anrichten, Devlin würde mit einem schlechten Gewissen wegen Alicias Tod leben müssen, wenn nicht, ja wenn nicht Devlin dem Maskenball ein Ende setzen würde. Er holt Alicia aus dem Haus Sebastians und fährt sie ins Krankenhaus. Der Schlüssel zum Weinkeller von Sebastian erweist sich letztlich als Schlüssel zum engen Portal, durch das Devlin Alicia aus dem Hause führt – heraus aus der Verzweiflung und der Todessehnsucht.

„Notorious“ enthält den bis dato längsten Kuss der Filmgeschichte. Ein mehr oder weniger ungeschriebenes Gesetz lautete damals, ein Kuss dürfe nicht länger als drei Sekunden dauern. Hitchcock zieht die Kuss-Szene über drei Minuten. Beide umarmen sich über die gesamte Zeit, unterbrochen von Küssen, die nicht länger als drei Sekunden dauern, und sprechen dazwischen miteinander:

„Alicia: It's nice out here. Let's not go out to dinner. Let's stay here.
Devlin: We have to eat.
Alicia: We can eat here. I'll cook.
Devlin: I thought you didn't like to cook.
Alicia: No I don't like to cook, but I have a chicken in the icebox and you're eating it.
Devlin: What about all the washing up afterwards?
Alicia: We'll eat it with our fingers.
Devlin: Don't we need any plates?
Alicia: Yes, one for you and one for me.
Devlin: You mind if I have dinner with you tonight?
Alicia: I'd be delighted. Where are you going?
Devlin: If you're going to stay in, I have to telephone the hotel, see if there are any messages.
Alicia: Do I have to?
Devlin: I have to. (They walk inside to the telephone where he dials the hotel for messages.)
Alicia: This is a very strange love affair.
Devlin: Why?
Alicia: Maybe the fact that you don't love me.
Devlin: ...When I don't love you, I'll let you know.
Alicia: You haven't said anything.
Devlin (kissing her): Actions speak louder than words.“

Fazit
Das Gift und der Alkohol sind am Ende unwichtig geworden. Hitchcock, der Regisseur der Paarbeziehung, lässt ein Happyend zu, feiert das Paar, das zu sich selbst gefunden hat – und überlässt Sebastian seinem Schicksal. Ein ganz anderer Schluss als etwa der in „Vertigo“, als James Stewart den Tod einer Frau, die er liebt (oder die er zu lieben glaubte) sozusagen zweimal erleben muss. Ihm bleibt nur die Befreiung von Höhenangst – ein schwacher Trost. Oder das Ende in „To Catch A Thief“ (sprich: wie angle ich mir einen Mann). Cary Grant und Grace Kelly umarmen sich im Hause des Ex-Diebes, und Kelly meint, ihrer Mutter würde es hier bestimmt sehr gut gefallen. Ein Happyend mit Pferdefuß, was Grants Gesicht unzweifelhaft zum Ausdruck bringt.



Der Fall Paradin
(The Paradine Case)
USA 1947, 125 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: James Bridie, nach dem Roman von Robert Hichens
Musik: Franz Waxman, Paul Dessau
Director of Photography: Lee Garmes
Schnitt: John Faure
Produktionsdesign: J. McMillan Johnson, Thomas N. Morahan, Emile Kuri, Joseph B. Platt
Darsteller: Gregory Peck (Anthony Keane), Ann Todd (Gay Keane), Alida Valli (Maddalena Anna Paradine), Charles Laughton (Lord Thomas Horfield), Charles Coburn (Sir Simon Flaquer), Ethel Barrymore (Lady Sophie Hordfield), Joan Tetzel (Judy Flaqeur), Louis Jourdan (Andre Latour), John Golsworthy (Lakin), Leo G. Carroll (Sir Joseph), Lester Matthews (Inspektor Ambrose)

Leidenschaft, Mord und Blindheit

Hitchcock selbst hielt Gregory Peck und Louis Jourdan, letztlich auch Alida Valli für Fehlbesetzungen in dem 1947 gedrehten Film über die Verquickung von Liebe und Mord. Peck spielt einen noblen englischen Anwalt, doch das Noble liegt dem Amerikaner überhaupt nicht. Laurence Olivier und Ingrid Bergman wären wohl Hitchcocks Favoriten für die Hauptrollen im Paradin-Fall gewesen. Und tatsächlich will sich das Mysteriöse um die Mörderin in diesem Film nicht richtig entfalten, wenn man es in bezug setzt (und aufgrund der Fallkonstellation der Geschichte setzen muss) zur Leidenschaft, die Pecks Anwalt Keane für die des Mordes bezichtigte Frau entwickelt.

Die Geschichte ist knapp und kurz erzählt: Anthony Keane (Gregory Peck), ein aus besten Kreisen stammender Londoner Anwalt, Mitglied der Kanzlei von Sir Simon Flaquer (Charles Coburn), verheiratet mit Gay (Ann Todd), wird beauftragt, Maddalena Anna Paradine (Alida Valli) zu verteidigen, die ihren wesentlich älteren blinden Mann ermordet haben soll. Mrs. Paradine, von be(d)rückender Schönheit, erweist sich als nymphomanisch und durchtrieben. Aber bevor Keane hinter ihr Geheimnis kommt, verliebt er sich in die Angeklagte, was seine Verteidigung zunehmend erschwert. Als er entdeckt, dass seine Mandantin ein Verhältnis mit dem Stallknecht ihres Mannes Andre Latour (Louis Jourdan) hatte, und Keane Latour zur Rede stellt, kommt es im Prozess zu einem Eklat. Als Keane Latour in die Ecke treibt und ihn des Mordes beschuldigt, bezichtigt der Maddalena und nimmt sich selbst das Leben. Keane muss erkennen, dass ihn die Liebe zu seiner Mandantin nicht nur blind gemacht hat, sondern dass er dadurch einen Unschuldigen in den Tod getrieben hat ...

Die Ausgangskonstellation des Falls Paradine allerdings ist etwas verwickelter. Denn nicht nur Keane treibt sich selbst in eine „blinde Ecke“. Der Richter Thomas Horfield, wieder einmal grandios gespielt von Charles Laughton, verachtet Keane, nicht zuletzt, weil er bei dessen Frau Gay nicht landen konnte. Während eines Empfangs hatte sich Horfield vor den Augen der anwesenden Gäste an die blonde Schönheit herangemacht – und war abgeblitzt. Horfield hat zudem – im Gegensatz zu seiner Frau Lady Sophie (Ethel Barrymore) – nicht den Funken Mitleid mit der später zum Tode verurteilten Mrs. Paradine. Schlechte Ausgangsvoraussetzungen für eine Verteidigung.

Schlechte Ausgangsbedingungen hat aber auch der Film selbst. Während Barrymore und Laughton hervorragende Leistungen zeigen, wirkt Gregory Peck zu offensichtlich wie ein Amerikaner, der in einen englischen Frack gesteckt wurde. Ann Todd als seine Frau bleibt blass, wirkt oft kalt. Hitchcock erkannte dies durchaus treffend. Louis Jourdan strapaziert die Rolle des psychisch angeschlagenen, unglücklich verliebten Diener seines ermordeten Herrn in allzu theatralischer Tendenz. Alida Valli als aus armen Verhältnissen stammende Schönheit allerdings empfand ich nicht als Fehlbesetzung. Eher wurde die Schauspielerin in dieser Rolle unterbeschäftigt. Sie vermag es durchaus, das Geheimnisvolle dieser zurückhaltenden, mehr schweigenden, denn redenden Frau auf den Punkt zu bringen. Da jedoch die Leidenschaft Keanes der Paradine gegenüber mehr äußerlich, an ihrer Schönheit verhaftet bleibt, als sich auf das Geheimnisvolle wirklich fühlbar zu erstrecken, bleibt auch dieses Mysteriöse in seiner möglichen Wirkung sozusagen auf der Hälfte stecken.

Die Gerichtsszene, die ungefähr die Hälfte des Films einnimmt, ist im großen und ganzen stimmig inszeniert und entbehrt sicherlich nicht einem hohen Maß an Tragik und Spannung. Trotzdem spielt Gregory Peck Keane allzu sehr als einen verliebten Trottel, der der Realität nicht ins Auge schauen will. Im Vergleich etwa zu Billy Wilders „Zeugin der Anklage“ (1957, mit Marlene Dietrich, Tyrone Power, Charles Laughton) sieht „The Paradine Case“ eindeutig schlechter aus.



Cocktail für eine Leiche
(Rope)
USA 1948, 80 Minuten
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Patrick Hamilton, nach dem Roman „Rope’s End“
Musik: David Buttolph, Francis Poulenc
Kamera: William V. Skall, Joseph A. Valentine
Schnitt: William H. Ziegler
Spezialeffekte: –
Darsteller: James Stewart (Prof. Rupert Cadell), John Dall (Brandon Shaw, Mörder), Farley Granger (Philip Morgan, Mörder), Cedric Hardwicke (Mr. Kentley), Constance Collier (Mrs. Atwater, Kentleys Schwägerin), Joan Chandler (Janet Walker, Davids Verlobte), Douglas Dick (Kenneth Lawrence), Edith Evanson (Mrs. Wilson, Haushälterin), Dick Hogan (David Kentley, Mordopfer)

Die Schlinge

Mit seinem ersten Farbfilm wollte der Meister des Suspense Neuland erschließen. „Rope“ war die filmische Umsetzung eines 1929 uraufgeführten Theaterstücks von Patrick Hamilton, die den Eindruck entstehen lässt, als wäre der Film in einer einzigen Einstellung gedreht worden. Tatsächlich drehte Hitchcock etwa acht einzelne zehn Minuten lange Szenen und kaschierte die Übergänge u.a. durch Wechsel der Kamera auf dunkle Gegenstände (die Anzüge der Schauspieler), so dass der Effekt eines Films ohne Schnitte entstand.

Inhalt
Die beiden Harvard-Studenten Brandon (John Dall) und Philip (Farley Granger) ermorden ihren Kommilitonen David Kentley (Dick Hogan) und verfrachten ihr Opfer in eine alte Truhe in ihrem New Yorker Appartement. Sie wollen beweisen, dass es den perfekten Mord geben kann. Darauf haben sie sich gut vorbereitet. Ihre Haushälterin Mrs. Wilson (Edith Evanson) durfte sich den ganzen Nachmittag damit beschäftigen, die Einkäufe für die Party zu erledigen, die nach dem Mord am Abend in dem Appartement stattfinden soll. Sie gehen sogar so weit, das kleine Buffet nicht auf dem normalerweise dafür vorgesehenen Tisch im Esszimmer zu servieren, sondern just auf der Truhe mit der Leiche, auf die sie zudem noch zwei Kerzenleuchter stellen. Die beiden jungen Mörder planen, die Leiche Davids nach der Party verschwinden zu lassen.

Nach und nach treffen die Gäste ein: Kenneth Lawrence (Douglas Dick), ein Kommilitone, Janet Walker (Joan Chandler), die Verlobte des Mordopfers, die früher einmal mit Kenneth liiert war, Davids Vater (Cedric Hardwicke) mit seiner geschwätzigen, vergesslichen Schwägerin Mrs. Atwater (Constance Collier) und als letzter Professor Rupert Cadell (James Stewart), bei dem Brandon, Philip und David Philosophie studiert haben.

Alle warten auf David. Doch niemand schöpft Verdacht. Doch die beiden Mörder reagieren unterschiedlich auf die skurrile Situation. Während Brandon jede potentiell brenzlige Situation und jede Frage nach David kaltblütig überspielt, wird Philip zunehmend nervöser und ängstlicher. Langsam schöpft Prof. Cadell Verdacht, doch noch ahnt er nicht, was hinter dem merkwürdigen Verhalten vor allem Philips und dem Verschwinden Davids steckt ...

Inszenierung
„Rope“ war ein Experiment Hitchcocks, das in der Art der Inszenierung und der speziellen Schnitttechnik einmalig blieb. „Die Kamerabewegungen und die Bewegungen der Schauspieler“, erörterte Hitchcock, „entsprechen genau meiner üblichen Schnittmethode. Das heißt, ich hielt mich weiter an das Prinzip, die Proportionen der Bilder zu verändern im Verhältnis zur emotionalen Wichtigkeit der einzelnen Momente“ – allerdings in einer neuartigen Weise, wie anfangs beschrieben.

Die Kritik reagierte teilweise ablehnend, teils zurückhaltend. Doch „Rope“ ist aus heutiger Sicht sicherlich ein Meisterwerk. Neben der Schnitttechnik, die den Film als Theaterstück auf der Leinwand erscheinen lässt, überzeugt vor allem die bis ins Extreme gesteigerte Ausformulierung der Idee, ob sich ein perfekter Mord inszenieren lässt, dessen Motiv sich einzig und allein aus dieser Fragestellung ergibt. Es geht dabei nicht einfach um das Verschwindenlassen einer Leiche und die Erzeugung eines Alibis. Viel mehr: Brandon will die Tat mit einem banalen, ganz normalen Geschehen – einer Party – kaschieren und provoziert zusätzlich noch Situationen, auf die sich ein „normaler“ Mörder sicherlich nicht einlassen würde.

Die Gäste beschäftigt Brandon mit seiner ihm eigenen Gefühllosigkeit. Er verwickelt Prof. Cadell in ein Gespräch über die Frage, ob Mord an minderwertigen Personen nicht für die gerechtfertigt sei, die über Gut und Böse, Moral und Ethik ständen. Während Cadell den Faden eher humorvoll aufnimmt und nicht ernst nimmt, regt sich Davids Vater über diese Art der Diskussion auf. Cadell betrachtete diese Frage des Übermenschen in seinen Vorlesungen als philosophischen Diskurs über die Frage des Übermenschen, der über alle moralischen Grenzen hinweg für sich beansprucht, sich als gottähnliches Wesen über die Gesellschaft stellen zu können, um Menschen, die so handeln, zu verstehen, nicht um Mord zu rechtfertigen. Brandon nimmt diese Fragestellung jedoch als praktische Konsequenz ernst.

Doch nicht nur das. Brandon lädt den Vater des Mordopfers ein, seine Verlobte und obendrein auch noch Kenneth, mit dem Janet befreundet war und der sie verlassen hatte. Janet und Kenneth verstehen dies auch als Provokation, zumal Brandon gegenüber Kenneth anklingen lässt, er habe jetzt wieder bessere Chancen gegenüber Janet.

Aber Hitchcock wäre nicht Hitchcock, wenn er nicht in der Figur des Philip einen Gegenpart zu Brandon entwickeln würde. Denn Philip ist neben David das zweite Opfer des Abends. Er lässt sich auf den Mord ein, wird von Brandon mit rhetorischem Geschick und präsenter Überlegenheit instrumentalisiert – und gerät zunehmend in Verzweiflung. Das schlechte Gewissen über die Tat macht ihn nicht nur unsicher. Je später der Abend, desto mehr gerät er in Gegensatz zu Brandons Sadismus und Zynismus. Die Reue über das Verbrechen, das eben auch sein Verbrechen ist, macht ihn nervös, lässt ihn zuletzt zusammenbrechen. Der perfekte Mord erweist sich als schäbiges, skrupelloses, völlig unperfektes Verbrechen, das für beide Mörder zur Katastrophe wird.

Brandon erweist sich als unreifer, törichter, unerwachsener Mensch und zerbricht am Ende selbst an seiner Tat. Er hat keine Ahnung von dem, was Professor Cadell in seinen Vorlesungen vermitteln wollte, agiert und reagiert als Erwachsener wie ein Kind, das für bare Münze nimmt, was nur verstehen will. Er begibt sich in die extreme egozentrische Position eines Menschen, der alle anderen für seine Zwecke funktionalisiert. Für Professor Cadell ein furchtbares Anschauungsbeispiel für das, was er lediglich erörtern wollte, um es zu begreifen – und das ihm jetzt selbst ein schlechtes Gewissen verschafft.

Fazit
„Cocktail für eine Leiche“ – mal wieder ein unmöglicher deutscher Titel – arbeitet mit ausgeklügelten Tricks, deren Unauffälligkeit, gepaart mit makabrem Humor eine enorme Wirkung entfaltet. Schon der Originaltitel „Rope“ deutet auf die Schlinge, die Mordinstrument ist, aber eben auch der Strick, den sich die Mörder selbst knüpfen, in einem moralischen wie strafrechlichen Sinne. Das Fatale an der Handlung ist, dass die Einsicht, die zunächst Philip und zum Schluss auch Brandon gewinnen, nicht nur zu spät kommt. Sie erscheint beinahe nutzlos angesichts des Geschehenen.

„Rope“ war die erste Zusammenarbeit Hitchcocks mit James Stewart; es folgten weitere Filme mit Stewart, „Das Fenster zum Hof“ (1954), „Der Mann, der zu viel wusste“ (1956) und „Vertigo“ (1958).


 

Rebecca04
Saboteur
Shadow of a Doubt
Spellbound03
Notorious
The Paradine Case
Rope