Outbreak – Lautlose Killer
(Outbreak)
USA 1995, 127 Minuten
Regie: Wolfgang Petersen

Drehbuch: Laurence Dworet, Robert Roy Pool
Musik: James Newton Howard
Director of Photography: Michael Ballhaus
Montage: William Hoy, Lynzee Klingman, Stephen E. Rivkin, Neil Travis
Produktionsdesign: William Sandell

Darsteller: Dustin Hoffman (Col. Sam Daniels), Rene Russo (Robby Keough), Morgan Freeman (Brigadegeneral Billy Ford), Kevin Spacey (Maj. Casey Schuler), Cuba Gooding Jr. (Maj. Salt), Donald Sutherland (Maj.-Gen. Donald McClintock), Patrick Dempsey (Jimbo Scott), Daniel Chodos (Rudy Alvarez), Dale Dye (Lt. Col. Briggs)

Wie sich Filmviren verbreiten

1998 produzierte Bill L. Norton für das Fernsehen „Thirst“, einen so genannten Katastrophen-Thriller, in dem eine amerikanische Kleinstadt von einem tödlichen Bakterium heimgesucht wird, das sich ausgerechnet im Wasser weiter verbreitet. Ein intelligenter und mutiger Ingenieur, seine Frau, die im örtlichen Krankenhaus arbeitet, und ein ebenso mutiger Arzt kämpfen, um die Zahl der Infizierten einzudämmen und eine Mittel gegen das Bakterium zu finden, gegen einen selbstsüchtigen, korrupten Bürgermeister, der den Bau einer dringend benötigten neuen Wasseraufbereitungsanlage zugunsten eines Technologieparks sabotiert, und einen Vorgesetzten des Ingenieurs, der zu keiner wirklichen Entscheidung fähig zu sein scheint. Der zwei Stunden dauernde Film ist ohne überdurchschnittlichen technischen Aufwand, ohne nennenswerte special effects und doch über weite Strecken spannend inszeniert – nichts Weltbewegendes, aber durchschnittliche Fernsehunterhaltung, wenn einem vielleicht mal nichts Besseres einfällt.

Wolfgang Petersens „Outbreak“ erzählt eine ganz ähnliche Geschichte, allerdings mit hohem technischem Aufwand und special effects, mit bekannten Schauspielern, eine Geschichte, die nicht auf lokaler, sondern auf Landesebene spielt und mit all dem aufgebauschtem Pathos und der entsprechend dimensionierten Theatralik gefüllt ist, die für einen richtigen Reißer, was der Film wohl sein wollte und sollte, anscheinend nötig sind – auch wegen der Kasse, die stimmen muss.

Major General McClintock (Donald Sutherland) und sein direkt untergebener Brigadegeneral Billy Ford (Morgen Freeman) hatten 1965 ein Dorf im zentralen Afrika ausradiert, in dem sich ein tödlicher Virus breit gemacht hatte. Jetzt stehen beide vor einem ähnlichen Problem. Jetzt, 1995, taucht in Motaba (Zaire) wiederum ein Virus auf, der innerhalb von wenigen Stunden zum Tod der infizierten Menschen führt. Jimbo Scott (Patrick Dempsey), der illegal mit Tieren handelt, beliefert einen Tierhändler namens Rudy Alvarez (Daniel Chodos) u.a. mit einem Affen, der infiziert ist. Alvarez will den Affen jedoch nicht, weil der Kunde, für den er bestimmt war, kein Weibchen wollte. Schnell verbreitet sich die Seuche, weil Scott daraufhin den Affen frei lässt.

Col. Sam Daniels (Dustin Hoffman), Arzt und Virenspezialist bei der Army, untersucht den Fall zusammen mit Maj. Schuler (Kevin Spacey) und Maj. Salt (Cuba Gooding Jr.). Sam lebt in Scheidung von seiner Frau Robby (Rene Russo), die gerade ihre Arbeit beim „Center of Disease Control and Prevention“ in Atlanta aufnimmt. Zunächst verbreitet sich das Virus über ein Kino, dann erfasst es sehr schnell eine ganze Stadt. Die Armee sperrt die gesamte Stadt hermetisch ab. Daniels und die anderen müssen feststellen, dass es mutiert und sich nun auch über die Luft verbreitet.

Während Daniels, Schuler und Salt intensiv nach dem Wirt suchen, um ein Serum herstellen zu können, hat McClintock ganz anderes im Sinn. Angesichts des Ausmaßes der Verseuchung rechnet er dem Nationalen Sicherheitsrat vor, dass es in wenigen Wochen das gesamte Land befallen würde. McClintock will, dass die Kleinstadt dem Erdboden gleichgemacht wird. Ford, der direkte Vorgesetzte Sams, unterstützt dies mit gemischten Gefühlen, versucht jedoch, Sam an seiner Weiterarbeit zu hindern. Sam Daniels und seine Mitarbeiter müssen nicht nur gegen das Virus kämpfen, sondern auch gegen McClintock und seine Männer, die ihn notfalls auch töten würden, um ihr Ziel zu erreichen ...

Katastrophenfilme funktionieren fast alle nach dem gleichen Muster. Nach der Katastrophe folgt die Rettung. Es gibt Mutige, Feige, Unentschlossene, und meistens auch noch ein zunächst verstecktes Komplott. Eingebunden in die Geschichten um Viren, Flugzeugsentführungen, Naturkatastrophen oder was auch immer ist eine zu Herz gehende Familien- oder / und Ehe- Geschichte oder gleich mehrere wie bei den Katastrophenfilmen der 70er Jahre sowie meistens eine oder mehrere Personen, die aus Erfahrung (mit der Katastrophe) „lernen“.

So auch in „Outbreak“. Dustin Hoffman spielt den integren, in allen Situationen mutigen, zielstrebigen Arzt, an dem keinerlei ethischen Zweifel angebracht sind – in gewisser Weise der Haltepunkt für das Publikum, der Held, an den man sich klammern kann, um den Gefahren zu trotzen – im Schlepptau auf dem Kinositz oder Fernsehsessel. Donald Sutherland steht für den skrupellosen, zynischen Machtbesessenen, der nicht nur über Leichen geht, sondern sie auch massenhaft produzieren will – eine Klischeefigur und ebenso Haltepunkt für den Zuschauer, für „das Böse“, eine reine Kino-Figur, eine Art Dummie für das Böse. Und last but not least Morgan Freeman, der das Gute will und das Böse tut – das wird verkauft unter dem Motto „Soll ich meinen Vorgesetzten gehorchen oder ‘das Richtige’ tun?“ –, einer, der sich – ganz oberflächlich und schematisch entlang des Drehbuchs – vom Saulus zum Paulus entwickelt.

„Outbreak“ ist rasant inszeniert. Daniels rauscht durch die Welt – von Afrika zurück in die USA, mit dem Hubschrauber samt Pilot Salt auf der Suche nach dem armen infizierten Äffchen, wieder zurück nach Atlanta, dann in den infizierten Ort. Genauso rasant sind seine Auseinandersetzungen mit Vorgesetztem und Freund Billy Ford à la „Hippokratischer Eid vs. biologische Waffenentwicklung“. Eine Helikopterverfolgungsjagd gegen Ende des Films ist spannend gemacht. Die Inszenierung hat Verve – aber alles in allem muss ich gestehen, dass mir die von manchen vielleicht als „bieder“ empfundene TV-Geschichte in „Thirst“, in der Ingenieur Bob Miller (Adam Arkin) gegen verseuchtes Wasser und einen zwielichtigen Bürgermeister kämpft, dann doch besser gefallen hat. Das mag auch daran liegen, dass das elitäre Gehabe, das „Outbreak“ bis zum Erbrechen überzieht, in „Thirst“ sozusagen auf eine kommunale Ebene herunter geschraubt wurde. Während in „Thirst“ noch nach-fühlbare Charaktere die Handlung bevölkern, begegnet man in „Outbreak“ einem abstrakten „Team“, bei dem die Vermittlung zwischen visualisiertem „normalen“ Leben (Ehekrise Sam / Robby) und „öffentlicher Funktion“ (Bekämpfung des Virus) bei näherer Betrachtung kaum noch gelingen kann.

Die oftmals beobachtbare Grundentscheidung in Katastrophenfilmen, eine fähige Elite gegenüber einem unfähigen, weil panischen, angsterfüllten, unvernünftig reagierenden „Volk“ handeln zu lassen, ist auch in „Outbreak“ deutlich zu spüren. Nicht, dass es Panik, Angst und Unvernunft in existentiellen Situationen nicht geben würde. Aber in solchen Filmen wird – wider alle Erfahrung – das alte Märchen reproduziert, an der Spitze einer Nation finde man immer die Fähigsten, sonst wären sie schließlich dort nicht zu finden. Klischeefiguren wie Sutherlands McClintock können das nur unzureichend verdecken, zumal sie als rare Ausnahmen von der Regel dargestellt werden und weil am Ende immer die Fähigsten die Oberhand gewinnen. Ich kenne im betreffenden Genre keinen Film, an dessen Ende aus einer Katastrophe eine noch größere wird.

Das Spiel mit der Angst – in einer Szene, in der das Virus in einem Kinosaal verbildlicht wird, besonders drastisch – kann trotzdem auch in „Outbreak“ sein Ziel erreichen. Es korreliert mit der von vornherein sicher geglaubten (und handsome verkauften) Suche nach Erlösung: Daniels und Salt finden per Hubschrauber über allerlei Umwege den Affen – eine erfolgreiche Suche, die für sich genommen so unwahrscheinlich und unglaubhaft ist, dass sie jeder Logik zu widersprechen scheint. Aber sie passt ins Bild des Genres.

Trotz allem ist „Outbreak“ ein netter, über weite Strecken schon spannender Action-Thriller, der einigermaßen unterhalten kann, auch wenn Hoffman, der mir manchmal etwas zu viel Hektik verbreitet, Rene Russo, Morgan Freeman und vor allem Donald Sutherland nicht mehr leisten müssen als Durchschnittsarbeit. Kevin Spacey spielt unterhalb seiner Möglichkeiten einen der Wissenschaftler und Cuba Gooding Jr. ist hier zumindest besser aufgehoben als in seinen schlimmsten Komödien.

© Bilder: Warner Bros.


 

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