Save The Green Planet!
(Jigureul jikyeora!)
Südkorea 2003, 118 Minuten
Regie: Jeong Jun-hwan

Drehbuch: Jeong Jun-hwan
Musik: Lee Dong-jun
Director of Photography: Hong Kyung-Pyo
Montage: Park Gok-ji
Produktionsdesign: Jang Geun-yeong, Kim Kyeong-hie

Darsteller: Shin Ha-kyun (Lee Byeong-gu), Baek Yun-Shik (Kang Man-shik), Hwang Jeong-min (Su-ni), Lee Jae-yong (Inspektor Choo), Lee Ju-hyeon (Inspektor Kim), Gi Ju-bong (Hauptkommissar Lee)

Abgefahren !

Fast wie ein knallbuntes Comic-Spektakel mit etlichen Horroreffekten beginnt Jeong Jun-Hwans „Save the Green Planet” – wie ein durch einen Psychopathen ausgelöstes Trauma, bei dem man nicht weiß, ob man erschrecken oder lachen soll über die Umstände einer Entführung und deren Motive. Der vermeintliche Psychopath, ein gewisser Lee (Shin Ha-kyun), in eine fast schon lächerlich wirkende Kampfmontur gekleidet, ist von nichts anderem „beseelt” als der Vorstellung, Außerirdische befänden sich auf der Erde, um den Planeten zu übernehmen und die Menschheit zu vernichten. Ihm zur Seite steht die kleine, dickliche Su-ni (Hwang Jeong-min), die mit piepsiger Stimme Lee ständig mit Liebling anredet und ihm bei der Ausführung seines Plans unterstützt, nämlich: den Geschäftsführer einer Chemiefabrik namens Kang (Baek Yun-shik) zu entführen. Der habe eine arrogante Frau und verwöhnte Kinder, sei in der Gesellschaft hoch angesehen, aber ihn, Lee, könne er nicht täuschen. In Wirklichkeit sei Kang ein Alien von Andromeda, und es bliebe nur wenig Zeit, um die Machenschaften von Kang, seinem Prinzen und den anderen Außerirdischen zu enthüllen und zu verhindern.

Gesagt, getan, entführen Lee und Su-ni Kang, nachdem dieser sich besoffen nach Hause hat fahren lassen, dem Taxifahrer den zugesagten Preis nicht bezahlt hat, in einer Tiefgarage, bringen ihn irgendwo in die Berge in die verlassene Behausung Lees, fesseln ihn, den Kopf kahl geschoren, auf einen Stuhl und quälen ihn an den Füßen mit einer brennenden Flüssigkeit, nachdem sie ihm ein bisschen die Haut aufgekratzt haben. Die Haare hat ihm Lee deshalb abgeschnitten, weil diese Aliens über sie telepathisch Signale aussenden könnten.

Verrückt, oder?

Lees Behausung samt unterirdischem Folterkeller ist ein Sammelsurium aus Computern, anderen elektronischen Geräten, Sciencefiction-Literatur und Folterinstrumenten. Während Lee Kang bloßzustellen versucht, einen Mann, der uns ab dem ersten Moment auch noch unsympathisch ist, tanzt Su-ni auf einem Drahtseil und piepst ab und an „Liebling”. Und man merkt ihr an, dass sie hin und her gerissen ist zwischen der Liebe (oder was es auch immer ist) zu Lee und ihren nicht geäußerten Bedenken gegen die Art und Weise, wie Lee Kang behandelt.

Kang weiß nicht, was dieser total Verrückte eigentlich von ihm will. Und die Polizei weiß nicht, warum Kang und wohin er entführt worden ist. Die Polizei – das sind der entlassene Polizist Choo (Lee Jae-yong), der in der Küche des Präsidiums Fische köpft und putzt, der Polizeichef Lee (in Korea heißt offenbar jeder zweite Lee) (Gi Ju-bong) und der frühere junge Musterpolizeischüler und jetzige Inspektor Kim (Lee Ju-hyeon). Cop Lee mag Choo nicht – und umgekehrt – und beide scheinen neidisch auf den jungen Kim, der die Polizeischule mit Auszeichnung bestanden hat.

Abgefahren, oder?

„Save the Green Planet” besitzt keine Jugendfreigabe (FSK 18), wohl wegen der verschiedenen Folterszenen. So ganz nachvollziehen kann ich dies nicht, da Jeong Jun-hwan sich in diesen Szenen nicht in extenso ausgetobt hat. Im Vergleich mit so mancher Fernsehproduktion oder anderen Kinofilmen empfand ich diese Szenen, in denen wie gesagt nie „alle Register gezogen” werden, sondern in denen es eher maßvoll zugeht, so dass auch Leute, die Horrorfilme nicht mögen, kaum Probleme haben dürften, diese Einstufung des Films eher merkwürdig.

Aber darum geht es in „Save the Green Planet” sowieso nicht. Das Entscheidende des Films ist, dass er – sozusagen auch über Genre-Wechsel – an zwei entscheidenden Punkten die Richtung der Geschichte fast völlig wechselt.

Der erste Wechsel führt dazu, dass man von Lee, dem vermeintlichen Psychopathen, ein etwas anderes Bild bekommt. Denn Inspektor Choo, der seine Küche längst verlassen hat, ermittelt, dass Lees Mutter seit einiger Zeit im Krankenhaus im Koma liegt und möglicherweise ihr Sohn Kang für diesen Zustand verantwortlich macht. Daher vermutet Choo, der herausfindet, wo sich Lee aufhält, einen Racheakt, zumal Lee Kang früher bereits einmal mit faulen Eiern beschmissen hatte.

Der zweite Wechsel: Am Schluss gesteht Kang, dass er tatsächlich ein Alien ist. Seine Vorfahren hätten die Menschheit erschaffen, die anfangs auch in Harmonie mit der Natur gelebt habe. Dann aber hätten die Menschen von sich aus versucht, sich über genetische Experimente stärker zu machen. Die Folgen seien nicht ausgeblieben: Hass, Krieg, die Sintflut, Vernichtung bis hin zu Hitler. Obwohl anderer Aliens seiner Gattung der Meinung seien, man solle die Menschheit endlich vernichten, weil sie es nicht wert sei, weiter zu existieren, sei er, Kang, auf die Erde gekommen, um durch Experimente zu versuchen, dass aggressive Gen im Menschen zu eliminieren. Dazu habe man verschiedene Menschen, u.a. Lees Mutter, als Versuchspersonen benutzt.

Diese Geschichte erweist sich sodann als Wahrheit. Und Jun-hwan zeigt uns das Raumschiff der Aliens und diese selbst.

Man kann also den Film als „Dreiteiler” sehen – von der abstrusen, abgefahrenen Psychopathen-Geschichte zum (allerdings ebenso abgefahrenen) Thriller mit Racheallüren hin zum Sciencefiction mit Zivilisationskritik. Und an diesem letzten Punkt muss sich Jun-hwans Film letztlich auch messen lassen, abgesehen davon, dass diese Art der Inszenierung sicherlich nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.

Diese Zivilisationskritik geht sicherlich von völlig abstrusen Annahmen aus. Aber das ist kein Einwand, der wirklich zählt. Die Quintessenz dieser Kritik besteht darin, dass die Menschheit nicht in der Lage sei – und zwar über Jahrtausende immer weniger –, ihre Probleme ohne Aggression zu lösen und sich als Einheit zu verstehen und es aus diesem Grund (eigentlich) nicht verdient hätte fort zu existieren. Lee und sein Verhalten sind letztlich der schlagende Beweis für diese These, denn er entführt, foltert, ist bereit zu töten und hat auch schon früher einige von ihm für Aliens gehaltene Leute ermordet. Kang und seine Aliens hingegen erscheinen am Schluss schon fast als gottesähnliche Wesen, aber eben nur fast, denn der enorm hoch gesetzte Anspruch der Aliens steht paradoxerweise im Widerspruch zu ihrem potentiellen Vorhaben, die Menschheit auszulöschen.

Damit verkehrt sich das Bild der beiden Exponenten – Lee und Kang – über die gesamte Länge des Films immer wieder. Man kann Lee und seine Wut darüber verstehen, dass seine Mutter Opfer irgendwelcher Experimente geworden ist, seinen Weg, darauf mit Folter und möglicherweise Mord zu reagieren, nicht mehr. Man kann Kang und seine Aliens verstehen, die etwas Gutes auf der von ihnen als grüner Planet gesehenen Erde in Gang setzen wollten, doch ihr Entschluss, die Vernichtung des Planeten ins Auge zu fassen, machte diese gute Absicht wieder zunichte, weil sie das Gute absolut setzen.

So erweist sich, trotz (oder gerade wegen?) der „abgefahrenen” Inszenierung und der tolldreisten Geschichte Jun-hwans Film in der Schlussphase und nach näherer Beleuchtung als gar nicht so trivial, wie es vielleicht anfangs erscheinen mag. Die Aliens stehen sozusagen mehr oder weniger für eine Art Gott, einen Gott, der zum Schluss kommt, ein rächender, wütender Gott werden zu müssen – der des Alten Testaments. Lee steht für jene, die strukturell letztlich ähnlich handeln, weil sie meinen, das Böse nur mit Bösem bekämpfen zu können. Damit aber fallen auf beiden Seiten das, was man Schattierungen nennen könnte, oder Differenzierungen. „Gut” und „Böse” erscheinen als etwas absolut Gesetztes, als zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, und eben nicht als zwei Seiten einer Medaille. Wenn sich „das Gute” nur in Abgrenzung zum „Bösen” definieren kann, ist es auf das Böse angewiesen – vice versa. Diese Aussage soll nichts rechtfertigen oder entschuldigen. Sie soll – und darin kann man letztlich die zentrale Aussage des Films sehen – die Dinge im Kontext sehen, statt sich in eine Position zu manövrieren, in der das alte „Auge-um-Auge, Zahn-um-Zahn”-Prinzip zum Lebensprinzip einer Gesellschaft oder der ganzen Menschheit wird.

© Bilder: I-On New Media
Screenshots von der DVD