Trommeln am Mohawk
(Drums Along the Mohawk)
USA 1939, 103 Minuten
Regie: John Ford

Drehbuch: William Faulkner, Sonya Levien, Lamar Trotti, nach dem Roman von Walter D. Edmonds
Musik: Alfred Newman
Director of Photography: Bert Glennon, Ray Rennahan
Montage: Robert L. Simpson
Produktionsdesign: Richard Day, Mark-Lee Kirk, Thomas Little

Darsteller: Claudette Colbert (Lana Martin), Henry Fonda (Gilbert Martin), Edna May Oliver (Mrs. McKlennar), Eddie Collins (Christian Reall), John Carradine (Caldwell), Dorris Bowdon (Mary Reall), Jessie Ralph (Mrs. Weaver), Arthur Shields (Reverend Rosenkrantz), Robert Lowery (John Weaver), Roger Imhof (General Nicholas Herkimer), Francis Ford (Joe Boleo), Ward Bond (Adam Hartman), Kay Linaker (Mrs. Demooth), Russell Simpson (Dr. Petry), Si Jenks (Jacob Small), Jack Pennick (Amos Hartman), Arthur Aylesworth (George Weaver), Chief John Big Tree (Blue Back)

Zwischen Realität und Mythos

„I love making pictures
but I don't like talking about them.”
(John Ford)

Amerikanische Geschichtsschreibung kennt selbstverständlich auch Mythen. Der Ursprungsmythos ist unabdingbarer Teil jeder Geschichtsschreibung in bezug auf die Entstehung der jeweiligen Nation. Und gerade Nationen, deren Gründung in besonderem Maße auf der Vertreibung und / oder Vernichtung anderer beruht, sind bemüht, in ihren Ursprungsmythen das Heldenhafte und Gerechte des Gründungsaktes zu reklamieren.

Im Fall der Vereinigten Staaten sind die Siedlungsgeschichte und die Geschichte des Siedlers als Prototyp des ehrbaren, fortschrittlichen, integren Mannes unverzichtbarer Teil des Gründungsmythos. 1939 drehte John Ford, der legendäre Regisseur des Westerns und der Aufbruchstimmung der gerechten Amerikaner, seinen ersten Farbfilm, der im Jahre 1776 spielt, noch vor dem Unabhängigkeitskrieg. Henry Fonda begründete in diesem Film mit seiner Rolle des Gilbert Martin seinen über Jahrzehnte weiter wirkenden Ruf als Darsteller des rechtschaffenden amerikanischen Mannes, der sich gegen Ungerechtigkeiten aller Art zu Wehr setzt (man vergleiche etwa auch seine Rolle als Geschworener in Sidney Lumets „Die zwölf Geschworenen”, 1957).

Und die Geschichte, die John Ford nach einem Roman von Walter D. Edmonds erzählt, kann als beispielhafte und genretypische filmische Rekonstruktion dieses Gründungsmythos eingestuft werden. Fonda und die französische Schauspielerin Claudette Colbert als Gil Martins Frau Lana machen sich von Albany, wo sie geheiratet haben, auf den Weg nach Westen in das Mohawk-Tal im späteren Staat New York, um dort ihre Existenz aufzubauen.

Im Mohawk Valley leben die Menschen in Forts und in der näheren Umgebung solcher Befestigungsanlagen. Er herrscht Bürgerkrieg. Während George Washington als Führer der Continental Army versucht, die nach Unabhängigkeit dürstenden Amerikaner gegen die Briten und mit ihnen verbündete Indianerstämme zu führen, befinden sich die Martins nun mit den anderen Siedlern im gefährlichen Grenzgebiet, in dem es immer wieder zu Überfällen durch Briten unter Führung Caldwells (John Carradine, Vater David Carradines) und Indianern kommt. Die Martins siedeln in der Nähe des Forts German Flats, das von General Nicholas Herkimer (Roger Imhof) befehligt wird.

Schon bald wird Lana bewusst, dass sie sich durch die Heirat mit Gil Martin auf ein Leben eingelassen hat, dass sich von ihrem bisherigen in der Sicherheit und Geborgenheit in ihrer Familie in Albany völlig unterscheidet. Als der alte Häuptling Blue Back (Chief John Big Tree) plötzlich in dem herunter gekommenen Holzhaus vor ihr steht, das Gil erworben hat, gerät sie in panische Angst und will wieder nach Albany zurück. Bei einem Überfall durch Caldwell stecken dessen Leute das Haus der Martins in Brand.

Gil gelingt es, Lana zum Bleiben zu bewegen. Trotz des Verlustes des Hauses können die Martins auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der Siedler vertrauen. Die Witwe McKlennar (Edna May Oliver in einer Glanzrolle), eine grantige Dame, die dennoch das Herz auf dem richtigen Fleck hat, nimmt die beiden auf, gibt ihnen Arbeit.

Das Leben in Fort German Flats wird dennoch von Tag zu Tag riskanter. Denn es naht die Entscheidungsschlacht zwischen den nach Unabhängigkeit strebenden Amerikanern und den britischen Tories. Lana bangt um ihren Mann, als dieser mit den Truppen General Herkimers gegen die Briten und Indianer ins Feld zieht ...

„Drums Along the Mohawk” ist im wahrsten Sinn ein Bilderbogen, ein sattes, in den Farben leuchtendes Drama über die unmittelbare Vorgeschichte der amerikanischen Unabhängigkeit, über den Zusammenhalt der nach Freiheit strebenden Siedler in den unsicheren Grenzgebieten, über ihren heldenhaften Mut, allen Gefahren zu trotzen, und auch über die Sympathie der Siedler für die Indianer, sofern sie nicht auf Seiten der Tories kämpfen – also das, was man getrost und gerechterweise eine Mischung aus Wahrheit und Lüge, aus Realität und Legende nennen muss, eben einen Mythos.

Claudette Colbert als zunächst ängstliche und über das unstete Leben verzweifelte Frau, die sich dann zu einer mutigen, entschlossenen Kämpferin an der Seite der anderen Männer und Frauen entwickelt, und Henry Fonda als unbestechlicher und integrer Mann, als Prototyp des grundehrlichen Amerikaners, sind neben der die grobschlächtige, aber herzensgute Witwe spielenden Edna May Oliver die mit Abstand glänzenden Stars dieses Films. Edna May Oliver ist neben dem einen etwas schusseligen Fortbewohner spielenden Eddie Collins diejenige, die die nötige Portion Humor in die Geschichte bringt.

Obwohl schon dieser Ford-Film – wie seine späteren, sehr bekannten Western (etwa „Rio Grande” (1950), „Der letzte Befehl” (1959) oder „Cheyenne” (1964) – den Mythos immer wieder reproduziert, bleibt die Rekapitulation auf ihn doch immer auch brüchig, immer auch Forderung und Hoffnung in Konfrontation mit einer Welt, in der es so ganz anders aussieht.

„Drums Along the Mohawk” gehört vielleicht nicht zu den besten Filmen des amerikanischen Regisseurs, der irgendwann selbst zum Mythos wurde. Doch der Film lässt verstehen, in welch widersprüchlichen Gefühlen sich ein patriotisch gesinnter Amerikaner finden muss, der stets von der Wirklichkeit (vergeblich) verlangte, sich dem Mythos anzunähern.

Dabei ist der Film weder in Dramaturgie, noch in den Dialogen, noch in der Zeichnung der Charaktere besonders patriotisch. Ford hatte die Fähigkeit, den Patriotismus sozusagen auf eine realistisch erzählte Geschichte ohne Schnörkel und Rührseligkeiten herunter zu deklinieren.