Wem die Stunde schlägt
(For Whom the Bell Tolls)
USA 1943, 170 Minuten (134 Minuten)
Regie: Sam Wood

Drehbuch: Dudley Nichols, nach dem Roman von Ernest Hemingway
Musik: Victor Young
Director of Photography: Ray Rennahan
Montage: John F. Link Sr., Sherman Todd
Produktionsdesign: William Cameron Menzies

Darsteller: Gary Cooper (Robert Jordan), Ingrid Bergman (María), Akim Tamiroff (Pablo), Katina Paxinou (Pilar), Vladimir Sokoloff (Anselmo), Mikhail Rasumny (Rafael), Fortunio Bonanova (Fernando), Eric Feldary (Andrés), Victor Varconi (Primitivo), Joseph Calleia (El Sordo), Lilo Yarson (Joaquin), Leo Bulgakov (General Golz)

Liebe und Solidarität in Zeiten des Bürgerkriegs

Sam Woods „For Whom the Bell Tolls” nach dem weltberühmten Roman Hemingways ist – um es vorwegzunehmen – eines dieser klassischen Melodramas, vielleicht nicht im Stil eines Douglas Sirk und vielleicht auch ganz anders motiviert. Hemingway verarbeitete in dem Roman seine eigenen Erlebnisse im spanischen Bürgerkrieg der 30er Jahre zwischen den verschiedenen Kräften der Republik (Kommunisten, Sozialisten, bürgerliche Demokraten) und den sich um Franco scharenden Rechten, unterstützt von einem Großteil des Militärs, der äußerst reaktionären katholischen Kirche und großen Teilen des staatlichen Machtapparats. Der Film selbst entstand mitten im zweiten Weltkrieg, und es ist allein schon aus diesem Grund klar, dass bestimmte Dinge einfach „klar” sind. Natürlich spielt der Film ausschließlich in den Reihen der republikanischen Kräfte. Natürlich nimmt er eindeutig Stellung gegen die Frankisten, Francos Falange. Natürlich ist der männliche Hauptdarsteller Gary Cooper, ein Sprengstoffexperte, der gute Amerikaner, der auf der richtigen Seite steht.

Aber auch wenn dies vielleicht zynisch klingen sollte, ist es gar nicht so gemeint. Der Film ist in einer äußerst positiven Weise „rein”, klar, oder wie immer man das auch ausdrücken will. Und er bezieht eindeutig – auch im Sinne Hemingways, der selbstverständlich auch gegen die spanischen Faschisten kämpfte – Position.

Doch das ist eigentlich nicht der zentrale Aspekt des Films.

Wood / Hemingway erzählen die Geschichte einer Liebe, einer Liebe, die nur drei Tage währt, der Liebe zwischen der jungen Spanierin María (Ingrid Bergman) und dem Amerikaner Robert Jordan (Gary Cooper), der den Auftrag erhalten hat, eine Brücke in den Bergen zu sprengen, nachdem er gerade in einem Gefecht einen befreundeten Kameraden, der lebensgefährlich verletzt worden ist, auf dessen Wunsch hin getötet hat, um ihn nicht den Repressalien der frankistischen Soldaten auszusetzen.

Anselmo (Vladimir Sokoloff) führt Robert zu einer Gruppe von republikanischen Kämpfern in den Bergen, die in einer Höhle ganz in der Nähe der Brücke leben. Ihr Anführer heißt Pablo (Akim Tamiroff), ein hart wirkender, schon älterer Mann mit Vollbart, dem das Erscheinen Roberts überhaupt nicht passt. Zu der Gruppe gehört auch die resolute Pilar (Katina Paxinou), eine „Zigeunerin”, die aus der Hand liest, aber nichtsdestotrotz die gesamte Situation realistisch einschätzt, der lustige, scherzende „Zigeuner” Rafael (Mikhail Rasumny), der junge Andrés (Eric Feldary), Primitivo (Victor Varconi), der Späher, Fernando (Fortunio Bonanova) und eben die bildschöne María, deren Eltern von den Frankisten ermordet wurden.

Pablo will nicht, dass Roberto, wie ihn hier alle nennen (oder auch inglés - eigentlich Engländer), die Bücke sprengt. Er befürchtet angeblich, dass dann die Gruppe von den frankistischen Banden aufgerieben wird. Doch tatsächlich scheint er vor allem anderen Angst um seinen Besitz zu haben, um die Pferde, die ihm gehören und sein einziges Eigentum sind. Pilar und María konnten den Frankisten entkommen, sie wurden von Pablo und seinen Leuten befreit. Nach heftigen Auseinandersetzungen reißt Pilar das Kommando der Gruppe an sich. Die anderen halten Pablo für einen Säufer und Feigling, der nur an sich selber denke. Und so ganz Unrecht haben sie damit nicht. Außer Pablo sind alle dafür, die Brücke zu sprengen. Der Plan besteht darin, diese Sprengung kurz nach Beginn eines Angriffs aus der Luft durch die republikanischen Kräfte zu vollziehen.

Bei einem gewissen El Sordo (Joseph Calleia) will man sich weitere Pferde besorgen. Denn ohne sie würde keiner nach der Sprengung entkommen können. Die Frankisten massieren ihre Truppen in der Gegend.

María und Robert verlieben sich ineinander. Doch von Anfang ist Robert klar, dass diese Liebe unter anderen Vorzeichen steht als im Frieden. Er weiß, dass er und andere bei der bevorstehenden Aktion ihr Leben verlieren könnten.

Als ein Späher der Frankisten in der Gegend auftaucht und kurz darauf eine ganze Abteilung Soldaten, ahnt Robert, dass die Frankisten von dem bevorstehenden Angriff der Republikaner Wind bekommen haben müssen. Er schickt Andrés zu General Golz, um diesen zu warnen. Erschwerend kommt hinzu, dass es – obwohl es schon Mai ist – anfängt zu schneien. Doch noch gefährlicher für die Gruppe ist, dass Pablo offenbar ein falsches Spiel treibt. Er verbrennt heimlich im Feuer den Zündmechanismus für das Dynamit und verschwindet spurlos ...

Sam Wood präsentiert eine Reihe von ausgezeichneten Darstellern, darunter etliche sowjetische Emigranten, die der Handlung den Charakter einer kammerspielartigen Aufführung geben. Man kann sich sogar vorstellen, dass dieses Stück auch auf einer Theaterbühne hätte gespielt werden können. Die Handlung selbst ist geprägt von drei Handlungssträngen, die miteinander verwoben sind: der Liebe zwischen María und Robert, der Vorbereitung der Sprengung und der Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe mit Pablo. Das Melodramatische der Liebe, das Tragische des Bürgerkriegs und das immer durch den Hauch des Verrats überzogene Lebendige innerhalb der Gruppe, in der es zwar Führung gibt (Robert und Pilar), aber eben auch Demokratie, verknüpfen sich zu einer Mischung, die die Probleme und Fragen einer solchen Situation auf tragische Weise deutlich machen.

Besonders Pablo – exzellent verkörpert von Akim Tamiroff – als die schillerndste Figur dieses Spiels bringt nicht nur Unruhe in die Gruppe, die schon überlegt, ihn als Verräter zu erschießen, sondern verkörpert auch einen Mann, der (früher einmal brutal, aber mutig, wie Pilar an einer Stelle sagt) hin- und hergerissen ist zwischen Freundschaft und Solidarität hier, Eigennutz dort. Gary Cooper spielt einen nüchtern wirkenden, überlegten und überlegenden Mann, der weiß, was er will, durch die Liebe Marías allerdings in Gefahr steht, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Cooper verkörpert eben nicht den Macho, der sich über alle und alles hinwegsetzt, sondern einen Mann, der zuhört und keine vorschnellen Entscheidungen fällt. Auch hier sind die Schwerpunkte in den Personen klar differenziert: Robert, der das Ziel des Bürgerkriegs allem anderem vorzieht, ohne anderes allerdings zu ignorieren, und María, die die Liebe zu Robert allem anderen vorzieht. Dies wird besonders in der Schlussszene deutlich. Dazwischen stehen spanische Bauern, einfache Leute, die jedoch in ihrem tiefen Sinn für Gerechtigkeit instinktiv spüren, was richtig und was falsch ist.

Und eben Pilar, diese raue, kantige, lebhafte Frau mit Herz, einem Herz nicht nur auf dem richtigen Fleck, sondern einem tiefen Empfinden dafür, was in ihrer Heimat schief läuft und welche Gefahren auf sie und Millionen andere zukommen, falls Franco diesen Bürgerkrieg gewinnen wird. Es scheint, dass Wood die Figur der Pilar ein gutes Stück einer realen Person des spanischen Bürgerkriegs nachempfunden hat: der Kommunistin Dolores Ibarruri, genannt La Pasionaria.

In dieser, man könnte fast sagen, kleinräumigen Variante einer ganzen – allerdings zivilen, von Diktatoren und ihren Handlangern freien, zumindest nicht beherrschten – Gesellschaft spielt sich eine Handlung ab, die in gewisser Weise wegweisend für die damalige Situation des Jahres 1943 interpretiert werden könnte. Hitler und seine Verbündeten befanden sich auf dem Höhepunkt ihrer Eroberungs- und Vernichtungsfeldzüge. Und genau hier stellt der Film – insgeheim – die Frage, wie seine Gegner nach einem Sieg über den Terror Gesellschaft wieder als demokratischen Zusammenhang organisieren können – unter Einbeziehung jener, die schwanken und Angst zeigen wie Pablo. Und der Film stellt Fragen nach der Abwägung – zwischen Verrat und Solidarität, Liebe hier, Notwendigkeiten dort.

Schwarz-Weiß-Malerei kann man in diesem Sinne dem Film nun wirklich nicht vorwerfen. So wird weder Pablo nur negativ dargestellt, noch wird Robert als Held auf allen Linien gefeiert. Die Konfrontationslinien zwischen den Personen enthüllen ihre Stärken wie ihre Schwächen. Das Melodramatische in der Beziehung zwischen Robert und María wird immer wieder durch den Realismus der Situation vom Thron gestürzt. Und doch bleibt auch in diesem Melodramatischen selbst, das Ingrid Bergman so „gnadenlos” versinnbildlicht, etwas bestehen, etwas Dauerndes, das durch den Tod Robert Jordans nicht vernichtet werden kann: ihre tief empfundene Zuneigung.

Andererseits bleibt am Schluss – wie im Roman – auch das Gefühl von Niederlage, nicht weil letztendlich die Frankisten in Spanien siegten und Franco eine ganze Gesellschaft für Jahrzehnte mit Terror überziehen konnte. Das Gefühl des Scheiterns resultiert vor allem aus der Verzweiflung Marías über den verletzt zurückgelassenen Robert, der nicht mehr reiten kann. Sie wird sich seiner Liebe immer erinnern, ihr Leben lang, aber sie kann sie nicht mit ihm leben. In dieser Schlusssequenz verdeutlicht sich die ganze Tragik des Romans, aber auch Hemingways selbst.

© Bilder: Paramount Pictures